- | Großbritannien 1999 | 97 Minuten

Regie: Conor McPherson

Der Sohn eines Imbissbuden-Besitzers überfällt in einem irischen Dorf einen Buchmacher, um die Schulden seines spielsüchtigen Vaters zu tilgen. Eine in episodischer Form entwickelte melancholische Komödie mit liebenswert-hintergründigen Charakteren, getragen von herausragenden Darstellern. Dank der dramaturgisch geschickten Strukturierung gelingt es ihr, eine Vielzahl von Nebenhandlungen reizvoll zu integrieren. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SALTWATER
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
BBC/Bord Scannán na hÉireann/Radio Telefis Éireann/Alta Films
Regie
Conor McPherson
Buch
Conor McPherson
Kamera
Oliver Curtis
Musik
The Plague Monkeys
Schnitt
Emer Reynolds
Darsteller
Peter McDonald (Frank) · Brian Cox (George) · Conor Mullen (Ray) · Laurence Kinlan (Joe) · Brendan Gleeson (Simple Simon)
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
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Diskussion
Eigentlich könnte der kleine Fish’n’Chips-Imbiss den Beneventis ein bescheidenes Auskommen liefern, auch wenn die Geschäfte der aus Italien stammenden Familie, die es nach Irland verschlagen hat, außerhalb der Saison mehr schlecht als recht gehen. Doch Vater George ist der Spielleidenschaft verfallen und steht beim örtlichen Buchmacher Simon in der Kreide. Auch wenn sich sein älteste Sohn Frank, der den Imbiss führt, noch so sehr in Zeug legt: die Familie kommt auf keinen grünen Zweig. Als sich der Buchmacher auch noch weigert, Georges Schulden zu stunden, platzt dem gutmütigen Frank der Kragen. Er baut sich aus einem alten Fahrradrahmen eine Flintenattrappe, probt den Überfall und macht sich auf den Weg zu Simon. Mit der erhofften Beute will er nicht nur den Bankrott des Vaters abwenden, sondern auch die Zukunft des Bruders Joe sichern, der eine akademische Karriere anstrebt. Viel Bargeld ist bei Simon allerdings nicht zu holen, dafür aber umso mehr Schuldscheine, die belegen, dass George nicht mit 3.000 Pfund, wie er stets beteuerte, sondern mit 30.000 verschuldet ist. In Schwierigkeiten steckt auch der Philosophiedozent Ray, ein schlitzohriger Schwerenöter, der mit Franks Schwester ein Verhältnis hat, die Finger aber auch nicht von seinen Studentinnen lassen kann. Auch Joe gerät in Bedrängnis, als er seiner heimlichen Liebe zu Hilfe eilt. Er handelt sich dabei nicht nur Prügel ein, sondern muss zusehen, wie das wehrlose Mädchen von seinem Kumpel vergewaltigt wird. Er gerät sogar selbst in Verdacht, doch das Mädchen nimmt ihn in Schutz. Zumindest hier scheint eine glücklichere Zukunft möglich zu sein, während Frank, hinter dem Simon und ein weiblicher Polizei-Sergeant her sind, vorsichtshalber das Weite sucht. „Saltwater“, inszeniert als melancholische Komödie mit tragischen Akzenten, zeigt die Abgründe hinter der Idylle einer nur scheinbar gleichförmigen Monotonie, in der sich die Protagonisten eingerichtet haben. Wobei der Anschein kaum einem kritischen Blick stand hält. Conor McPhersons Debütfilm spielt während einer einzigen Woche, wobei die Wochentage quasi als Kapitelüberschriften fungieren. Die Zeit, die es braucht, um Situationen zu verändern und den Dingen auf den Grund zu gehen, wird durch die Struktur des Films zum dramaturgischen Konzept erhoben. Das ist gewiss nicht neu, doch das episodische Erzählen ermöglicht Freiräume, um schlaglichtartig Handlungen zu erhellen und die Hauptpersonen wechselweise ins Zentrum zu stellen. Wie im richtigen Leben eröffnet sich so die Möglichkeit, eine Vielzahl kleiner Geschichten anzureißen, ohne sie bis zum bitteren Ende ausfabulieren zu müssen und dabei den großen Handlungsfaden aus den Augen zu verlieren. Das Ergebnis ist eine kleine Schelmenkomödie um eine Familie, die ihren Mitgliedern Schutz und Zusammenhalt bietet, für deren Glück aber immer wieder auch gekämpft werden muss, und die manchmal mit Geheimnissen aufwartet, von deren Existenz man eigentlich gar nichts wissen möchte. Mit verhaltenem Humor inszeniert, spielt der Film über weite Teile im Halbdunkel, in schummrigen Räumen, in der Dämmerung, während der Nacht; die Erwartungshaltungen unterläuft er u.a. auch dadurch, dass ausgerechnet der Überfall im gleißenden Sonnenlicht statt findet. Getragen wird das Ganze von hervorragenden Darstellern, die die Charakterzüge ihrer Figuren vorzüglich heraus arbeiten und ihnen zugleich Vielschichtigkeit und Wandlungsfähigkeit erhalten. So kann der sanftmütige Frank auch zupacken, der zynische Ray ist ein verständnisvoller Freund und der wettsüchtige George auch ein liebevoller Vater. Ein liebenswerter Film über Menschen und Zustände, die nicht in allen Belangen liebenswert sind und die man gerade wegen ihrer Ab- und Umwege ins Herz schließt.
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