About a Boy oder Der Tag der toten Ente

Komödie | Großbritannien/USA/Frankreich 2002 | 101 Minuten

Regie: Chris Weitz

Durch die Beziehung zum 12-jährigen Sohn seiner depressiven Freundin lernt ein 38-jähriger Yuppie, der vom väterlichen Erbe lebt, Verantwortung zu übernehmen und menschliche Werte zu erkennen. Verfilmung eines Bestsellers, die als subtile Sommerkomödie und durch einen ausgesprochen komischen Hauptdarsteller unterhält. Eine weitgehend leise Satire, die Lebenskonzepte ad absurdum führt, deren sentimentaler Lernprozess jedoch mitunter aufgesetzt erscheint. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ABOUT A BOY
Produktionsland
Großbritannien/USA/Frankreich
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
Tribeca/Working Title/Kalima/Studio Canal
Regie
Chris Weitz · Paul Weitz
Buch
Peter Hedges · Chris Weitz · Paul Weitz
Kamera
Remi Adefarasin
Musik
Damon Gogh
Schnitt
Nick Moore
Darsteller
Hugh Grant (Will) · Nicholas Hoult (Marcus) · Toni Collette (Fiona) · Rachel Weisz (Rachel) · Sharon Small (Christine)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Universal
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Die kuriose Läuterung eines oberflächlichen Yuppies: Eine Nick-Hornby-Verfilmung mit Hugh Grant

Diskussion

Jetzt, wo der Karren an die Wand gefahren ist, besinnt sich das Kino auf seinen Erziehungsauftrag und propagiert das Ende der Spaßgesellschaft, damit all die „Helden“ und „Windtalkers“ wissen, wofür sie in die Gemetzel ziehen. Zielobjekt der gewissermaßen systemstabilisierenden Ranküne sind die materialistischen Yuppies und ihre verqueren, amoralischen und auch asozialen Verkehrsformen. Zynischer Karrierismus ist momentan „out“, das lernt Broker Charlie Sheen in „Good Advice“ (35 482), aber auch Architekt Sebastian Blomberg demnächst in Dani Levys „Väter“. Es muss wieder wichtig werden, Verantwortung zu übernehmen, wie es Hlynur in „101 Reykjavik“ (fd 35 445) oder auch Karoline Eichhorn in „Der Felsen“ (35 498) schmerzhaft zu lernen haben. Es ist deshalb absolut „trendy“, über den Londoner Yuppie Will zu sprechen, der – 38-jährig – als kinderloser Single in London von den Tantiemen des höchst populären Weihnachtsliedes „Santa’s Super Sleigh“ lebt, das sein Vater einst komponierte. Mit jeder Weihnacht kommt die ödipale Krise, aber das ist auch die einzige Krise in seinem minutiös geplanten und organisierten Leben, das von Wills Lebensmotto „Jeder Mann ist eine Insel“ geprägt ist. Will kennt all die diffizilen Konsumcodes des modernen stilbewussten Städtebewohners: die richtige Sneakers-Marke, die richtigen Clubs, die richtigen Fernsehgeräte, die richtigen Fernsehshows, die richtigen CDs. Will ist ein ausgesprochen liebenswerter, allerdings auch hochgradig oberflächlicher Kotzbrocken. Ein zynischer Nichtsnutz, der den lieben, langen Tag clevere Strategien entwickelt, um bequem an Nachschub für seine stets sehr kurzen und nicht wirklich leidenschaftlichen Affären heranzukommen. Gut geeignet hierfür sind alleinerziehende Mütter, weil die so viele Komplexe mit sich herum schleppen, dass sie sich auch noch gleich für das Scheitern der neuen Beziehung verantwortlich fühlen. Bequemer geht es nicht, wären da nicht die nervenden Kinder, aber die gehören, da ist Will sich sicher, bei Alleinerziehenden wohl zum „Style“. Ein Zufall, nämlich eine Notlüge im Rahmen einer Sitzung der Selbsthilfegruppe Alleinerziehender, konfrontiert Will dann mit dem ebenso problematischen Marcus, dem 12-jährigen Sprößling einer völlig durchgeknallten, depressiven, esoterischen Spät-Hippie-Mutter, der jeder Reflex aufs Soziale abgeht. Wie der Film mit wenigen, prägnanten Strichen den Egozentrismus von konsumgierigen Yuppies und konsumverweigernden Hippies parallelisiert, hat wirklich Format. Die Realitätsferne, Lebensunfähigkeit und offenbar angeborene Geschmacklosigkeit der Mutter – ihr Lieblingssong ist Roberta Flacks „Killing me softly (with his song)“ – macht Marcus in der Schule zum prädestinierten Opfer. Ein kompliziertes Geflecht wechselseitiger Abhängigkeiten lässt Will und Marcus einander fast widerwillig emotional näher kommen, bis sie schließlich – genau wie die Zuschauer – merken, dass der Haufen orientierungsloser Freaks, denen man im Verlauf der Handlung an wechselnden Orten begegnet, eigentlich eine ganz gute Kommune abgeben würden. Mit dem Roman „About a Boy“ hat Nick Hornby immerhin bewiesen, dass er auch etwas anderes als Checklisten für Spezialgebiete wie Fußball („Fever Pitch“, fd 719) oder Popmusik („High Fidelity“, fd 34 344) schreiben kann, nämlich kitschige, saccharingetränkte Weihnachtsgeschichten über Freundschaft und die Überwindung von Isolation. Sieht man jedoch von der aufdringlich ausgebreiteten Botschaft ab, ist About a Boy“, gerade wenn man sich erinnert, was die Brüder Weitz auf dem Kerbholz haben („American Pie“, fd 34 042), eine bemerkenswert subtile Sommerkomödie geworden. Allerdings – und daran erkennt man vielleicht die „Handschrift“ der Brüder –: viel Wert wurde auf die genüssliche Inszenierung peinlicher Situationen gelegt. Die Besetzung des in seiner offen eingestandenen Asozialität und Beschränktheit sehr komischen (und ausgesprochen attraktiven) Hugh Grant in der Hauptrolle ist ein großer Pluspunkt des Films. Wenn Will in einem Restaurant des Päderastentums beschuldigt wird, vergeht einige Zeit, bis er die Fassung verliert, weil er die Tragweite des (absurden) Vorwurfs gar nicht realisiert. So ist About a Boy“ in seinen besten Momenten eine treffsichere und überraschend leise Satire auf verschiedene Lebenskonzepte, die allesamt ad absurdum geführt werden, während Wills sentimentaler sozialer Lernprozess demgegenüber eher platt und aufgesetzt, jedenfalls nicht wirklich attraktiv erscheint.

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