Feuerland 2

Komödie | Schweiz 1992 | 103 Minuten

Regie: Clemens Klopfenstein

Ein frustrierter Rundfunkreporter in Bern sucht durch die Bekanntschaft mit einem 16jährigen Mädchen für wenige Stunden Abwechslung und Ablenkung von seiner Arbeit, bevor er wieder in den Alltag zurückkehrt. Die Fortsetzung von "Eine nachtlang Feuerland" (1981) zeichnet mit trockenem Humor das Porträt eines Mannes um die 40, der das Scheitern seiner politischen und beruflichen Ideale zwar erkennt, daraus aber keine Konsequenzen zieht. Ein auf Video gedrehter, improvisierter Film mit halbdokumentarischem Charakter, der geschickt die Ereignisse im Umfeld der Schweizer 700-Jahr-Feiern in die Handlung einbezieht. Weniger dicht und geschlossen als der Vorgänger, aber sympathisch in seiner unprätentiösen Machart. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
FüüRLAND 2 | E NACHT LANG FÜÜRLAND (2)
Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
BE-Pictures/Ombra/Sertao/DRS
Regie
Clemens Klopfenstein · Remo Legnazzi
Buch
Clemens Klopfenstein · Remo Legnazzi
Kamera
Clemens Klopfenstein
Musik
Polo Hofer und die Schmetterband · Housi Wittlin Band · U-Roy
Schnitt
Remo Legnazzi · Clemens Klopfenstein
Darsteller
Max Rüdlinger (Radioreporter) · Polo Hofer (Rocksänger) · Katharina Kilchenmann (Radiomoderatorin) · Cirene Cardoso (Frau des Reporters) · Rebekka Rozalski (Schülerin)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie | Drama

Diskussion
Es war 1981, als das Filmemacher-Team Clemens Klopfenstein/Remo Legnazzi einen jungen Mann auf eine nächtliche Odyssee schickte: "Eine nachtlang Feuerland" erzählte von dem Rundfunkreporter Max Rüdlinger, der durch die Begegnung mit der nippigen Christine für ein paar Stunden aus der Bahn geworfen wird, kurz mit dem Ausstieg aus dem angepaßten Alltag liebäugelt, um dann doch eben dorthin zurückzukehren. Der Film zog eine amüsante Bilanz des Lebensgefühls, von dem die Überlebenden der 68er Bewegung, erschöpft vom Kampf gegen den Konformismus, zu Beginn der 80er Jahre heimgesucht wurden: Während eine junge Generation mit neuem Elan und mit neuen Mitteln gegen die Autoritäten rebellierte, mußte man hilf- und fassungslos dem Dahinschwinden der eigenen Jugend beiwohnen.

1991, zehn Jahre später, haben sich Klopfenstein/Legnazzi zu einem "Sequel" entschlossen. Die Schweiz feiert ihren 700. Geburtstag, die Stadt Bern wird 800 Jahre alt und Max ist immerhin schon 42. Er lebt mit der brasilianischen Schönheit Cirene und zwei kleinen Kindern zusammen - wenn er nicht gerade als rasender Reporter des Lokalradios "Regenbogen" unterwegs ist, um den Gewinnern des Zuhörer-Quiz zwei Tonnen Schokolade und einen Alpen-Rundflug zu überreichen, was jeweils "live" im Sender übertragen wird. Dabei ergeben sich Szenen von allerhöchster Peinlichkeit. "Bin ich denn der Stiefelknecht von diesem Regenwurm-Radio", zetert Max, der traurige Clown mit akademischer Ausbildung, der sich selbst immer noch für einen seriösen Journalisten hält. Doch dann lernt Max die 16jährige Schülerin Rebekka kennen. Prompt passiert, was zehn Jahre zuvor schon mal passierte: Max ist fasziniert von dem viel jüngeren Mädchen und stürzt sich mit ihr in den Trubel der Jubiläumsfeierlichkeiten. Natürlich ahnt Max, daß zwischen ihm und Rebekka nicht nur Jahre liegen, sondern ganze Welten. So nimmt er die Begegnung zum Anlaß, wieder einmal gründlich über sich nachzudenken: über seine verlorenen Träume, seine verschütteten Talente, seine Wünsche und Hoffnungen. In langen Debatten mit seinem Freund, dem Musiker Polo Hofer, geht es um männerspezifische Themen wie die "postkoitale Melancholie", die sich bei Max wochenlang hinziehen kann. Mit der selbstbewußten Radio-Kollegin Kiki gerät Max heftig aneinander, weil sie seine Halbherzigkeiten und seinen ewigen Mißmut nicht länger ertragen kann. Daß Max weder mit Rebekka noch mit Kiki in ernsthafte erotische Zwangslagen gerät, verhindert freilich nur Cirenes Voodoo-Kunst. Um die ganzen Verwicklungen zu einem Ende zu bringen, erlaubt sich der Film also einen kleinen Schlenker ins Reich der Magie, wo auch schon Klopfensteins "Der Ruf der Sybilla" und "Macao" angesiedelt waren.

"Feuerland 2" hat nicht die Intensität und Geschlossenheit des Vorgängers; vieles wirkt allzu episodisch und zwischendrin rattert der Leerlauf. Was vielleicht auch darin liegt, daß alle Beteiligten - Klopfenstein, Legnazzi, Max und die Schweiz - ein wenig älter und ein wenig träger geworden sind. Trotzdem gibt es auch in "Feuerland 2" einiges zu entdecken. Die wackelige, ungemein mobile Video-Kamera erkundet nicht nur die hintersten Winkel des Berner Nacht - und Kneipenlebens, sie dringt auch zum hochoffiziellen Politikerempfang ins Bundeshaus vor, wo sie einen gelangweilten Hans-Dietrich Genscher auf dem Kanapee erwischt. Die improvisierten Dialoge sind manchmal total daneben, treffen dann aber überraschend ins Schwarze (Polo Hofer: "Ich habe die teureren Eier gekauft, weil ich dachte, damit nütze ich den freilaufenden Hühnern am meisten.") Max Rüdlinger in der Rolle des Max Rüdlinger stampft trotzig durch den Film wie eine Mischung aus Jean-Pierre Léaud und Donald Duck. Er wird, so darf man vennuten, auch bei der dritten Feuerland-Odyssee im Jahr 2001 wieder dabeisein.
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