Road to Perdition

Comicverfilmung | USA 2002 | 117 Minuten

Regie: Sam Mendes

Ein Gangsterdrama als moralische Lektion: Die Schicksale dreier Generationen berühren sich im ländlichen Illinois, wo irische Einwanderer ihre kriminellen Geschäfte betreiben. Ein schicksalhafter, düsterer, von Reuegedanken durchzogener Film, dessen zwiespältige Figuren und Situationen durch die konsequente Regie und eine ungewöhnlich eindrucksvolle Fotografie starke Anteilnahme gewinnen. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
ROAD TO PERDITION
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
Zanuck Company/DreamWorks/Twentieth Century Fox
Regie
Sam Mendes
Buch
David Self
Kamera
Conrad L. Hall
Musik
Thomas Newman
Schnitt
Jill Bilcock
Darsteller
Tom Hanks (Michael Sullivan) · Paul Newman (John Rooney) · Jude Law (Maguire) · Jennifer Jason Leigh (Annie Sullivan) · Stanley Tucci (Frank Nitti)
Länge
117 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Comicverfilmung | Gangsterfilm
Externe Links
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Heimkino

Die DVD existiert in diversen Umverpackungen, u.a. als Doublefeature mit anderen Filmen. Die Extras der Einzelfilm-DVD umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs sowie ein Feature mit elf im Film nicht verwendeten Szenen (21 Min.). Neben weiteren Kurzdokumentationen zum Film enthält die BD zudem das Feature: "Das Leben eines Cineasten: Die Kunst und der Einfluss von Conrad Hall" (27 Min.). Die BD Edition ist mit dem Silberling 2010 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Diskussion
Perdition heißt der Ort, den zu erreichen für Vater und Sohn in diesem Film die Rettung bringen soll. In der englischen Sprache aber bedeutet Perdition „ewige Verdammnis“. Zu unterstellen, dass irische Einwanderer einst ihren neuen Wohnort mit so einem Namen versehen hätten, ist eine der wenigen ironischen Anspielungen, die sich Sam Mendes und sein Autor David Self leisten. Ihr Film „Road to Perdition“ wäre undenkbar ohne die Betonung irischer Wesensart und deren Begründung im Katholizismus. Aber es ist ein anderer Katholizismus als der, dem Kinogänger in Filmen wie „Der Pate“ (fd 17 966) zu begegnen pflegten. Er ist schicksalhafter, düsterer, von Reuegedanken beherrscht. „Niemand in diesem Raum wird in den Himmel kommen“, sagt der Gangster-Patriarch, und alle um ihn herum wissen, dass er es ernst meint. Sie zögern nicht, jeden umzubringen, der sich ihnen in den Weg stellt, aber sie treffen sich sonntags beim Gottesdienst und gehen zur Kommunion, als ob sie solide, ehrliche Geschäftsleute wären. Gangsterfilme hat es im Hollywood-Kino fürwahr genug gegeben, aber die Gangster irischer Herkunft sind darin bisher zu kurz gekommen. Meist waren es Italiener und Juden, die herhalten mussten, wenn es um die Schilderung der Prohibitionsjahre und der „Glanzzeit“ des amerikanischen Gangstertums ging. Sam Mendes und – wie man hört – demnächst auch Martin Scorsese widmen sich nun auch den Iren, die alles andere als stolz auf diese Seite ihrer Immigrationsgeschichte sind. Wie Pat Burke, Präsident der St. Patrick’s Society von West-Illinois, sagt, legen seine Landsleute keinen Wert darauf, solche Legenden zum Leben zu erwecken. Als eine finstere Legende inszeniert Mendes denn auch die Geschichte dreier Generationen, die sich innerhalb weniger Wochen schicksalhaft berühren. Es ist die dunkle Seite des viel zitierten „amerikanischen Traums“, die hier erzählt wird: Einwanderer, die das verheißene Glück nicht gefunden haben, sich aber weigern, die Suche aufzugeben und sich nehmen, was ihnen vorenthalten wird – notfalls mit Gewalt. John Rooney ist der Godfather dieser Geschichte. Im ländlichen Illinois, nicht weit von Chicago, wo die Mafia das Geschäft beherrscht, hat er ein respektiertes Gangsterimperium aufgebaut. Einer seiner engsten Vertrauten ist Michael Sullivan, eine Generation jünger als er und dem alten Mann in Loyalität verbunden. Ihm hat Sullivan zu verdanken, dass er und seine Familie ein Dach über dem Kopf und ein gutes Auskommen haben. Dafür erledigt er die Drecksarbeit: Er ist ein Hitman. Für Sullivans Sohn, Michael jr., erscheint Rooney wie ein gütiger Großvater. Die Gefühle zwischen den Dreien sind echt, wenngleich Rooney und Sullivan ahnen, dass die Realität eines Tages stärker sein wird als ihre persönliche Zuneigung. Die Situation spitzt sich zu, als Sullivans zwölfjähriger Sohn neugierig darauf wird, womit der Vater sein Geld verdient, und sich hinter dem Rücksitz des Autos verbirgt, als Sullivan „zur Arbeit“ fährt. Rooneys Sohn Connor, der mit Recht auf den vom Vater besser behandelten Sullivan eifersüchtig ist, lässt sich bei der Erledigung eines gemeinsamen Auftrags zu einem tödlichen Anschlag auf die „Geschäftspartner“ hinreißen, bei dem auch Sullivan von der Waffe Gebrauch macht. Der kleine Michael hat alles mit angesehen. Dass er dem Vater verspricht, den Vorgang für sich zu behalten, reicht Connor nicht. Er hält die Gelegenheit für günstig, mit dem Rivalen abzurechnen. Als Sullivan und sein Sohn nach Hause kommen, ist die Familie bereits tot. Während Coppolas „Der Pate“ mit einer Hochzeit beginnt, fängt Mendes‘ „Road to Perdition“ mit einer Totenwache an. Diese Eingangsszene definiert sogleich den Tonfall des Films. Die Flucht- und Rachegeschichte, die den Hauptteil der Handlung ausmacht, ist ebenso ein moralischer Diskurs wie die Dramatisierung eines fatalistischen Universums. Die Gangster-Mythologie anderer Filme wird auf den Konflikt zwischen Vater und Sohn reduziert – Rooney und Sullivan, Rooney und Connor, Sullivan und Michael. Andere Personen, die im Lauf der Handlung eingeführt werden – wie der Chicagoer Gangster Frank Nitti und ein gewissenlos alle Mordaufträge ausführender psychopathischer Fotograf – dienen mehr oder weniger nur als Kontrastfiguren in der moralischen Verstrickung, die Thema des Films ist. Weder Rooney noch Sullivan werden mit vielen Einzelheiten bezüglich ihrer Herkunft und ihres Charakters ausgestattet. Was der Zuschauer über sie erfährt, entwickelt sich vornehmlich in den wenigen Szenen, in denen man sie auf der Leinwand zusammen sieht. Ein spärlicher Moment, der Rooney und Sullivan spielerisch bei einem improvisierten Klavierduo zeigt, sagt mehr als eine lange Hintergrundgeschichte erklären könnte. Mendes hat schon bei seinem Erstlingsfilm „American Beauty“ (fd 34 066) bewiesen, dass er es versteht, mit dramatischen Höhepunkten hauszuhalten und die Pausen zwischen ihnen, die anderen Regisseuren oft so viele Schwierigkeiten bereiten, mit Leben zu erfüllen. In „Road to Perdition“ geht er sogar das Risiko ein, ungeduldige Zuschauer zu verlieren, wenn er den ruhigen Momenten mehr Aufmerksamkeit und Zeit schenkt als den lakonisch und nüchtern vorgeführten Gewalttaten. Es mag wie ein Paradox anmuten, dass der Film mit zunehmender Dramatik der Handlung immer intimer wird. Aber darin liegt gerade die Kunst, mit der Mendes diese Story angeht und die „Road to Perdition“ stilistisch von anderen Gangsterfilmen unterscheidet. Ganz erheblichen Anteil an der künstlerischen Geschlossenheit hat die Fotografie, die von den ersten Einstellungen an in Bann schlägt. Der inzwischen 76-jährige Conrad L. Hall, der einst für Filme wie „Kaltblütig“ (fd 15 344) und „Der Tag der Heuschrecke“ (fd 19 538) verantwortlich zeichnete, hat die Geschichte in streng kalkulierten Kadrierungen und sparsamen dunklen Farben fotografiert, wobei er mehr als einmal Gemälde von Edward Hopper ins Gedächtnis ruft. Seit Jahren gab es keinen Film mehr, von dem man sagen konnte, dass sich der Sinngehalt seiner Story so sehr aus der Fotografie konstituiert. Halls Bilder sind von unglaublicher Suggestivität. Sie machen die Verdammnis, auf die der Titel anspielt, zur erlebbaren Realität, und die Befreiung des Kindes aus dem Teufelskreis, in den es geboren wurde, zum Sinnbild einer möglichen Erlösung.
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