Good Bye, Lenin!

Komödie | Deutschland 2002 | 121 Minuten

Regie: Wolfgang Becker

In den letzten Tagen der DDR fällt die Mutter eines 21-jährigen Ostberliners ins Koma und wacht erst nach der Wiedervereinigung wieder auf. Um fortan ihr schwaches Herz zu schonen, gaukeln ihr der Sohn und seine Schwester vor, dass die DDR noch existiere, was beiden aber zunehmend schwerer fällt. Diese schöne Grundidee führt zu einer tragikomischen Abfolge von Ereignissen, die die DDR trotz aller Makel als verlorene Heimat zeigt. Eine warmherzige melancholische Komödie mit ansprechenden Ideen und hervorragenden darstellerischen Leistungen, der mitunter etwas die Konsequenz fehlt, was durch plakative Einfälle wettgemacht werden soll. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
X-Filme Creative Pool
Regie
Wolfgang Becker
Buch
Bernd Lichtenberg
Kamera
Martin Kukula
Musik
Yann Tiersen
Schnitt
Peter R. Adam
Darsteller
Daniel Brühl (Alex Kerner) · Katrin Saß (Mutter Kerner) · Florian Lukas (Denis) · Chulpan Khamatova (Lara) · Maria Simon (Ariane)
Länge
121 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und einen Audiokommentar mit den Hauptdarstellern Daniel Brühl, Katrin Sass und Florian Lukas. Neben den auf der Standard-Edition enthaltenen Extras, enthält die mustergültige Deluxe Edition (3 DVDs) zudem mehrere sehr informative abendfüllende Dokumentationen über den Film und über die deutsche Wiedervereinigung (so die 65-minütige Spiegel-Reportage "Herbstgeschichte '89"). Besonders bemerkenswert ist ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (23 Min.), das alternativ in ein erklärendes Gespräch zwischen dem Regisseur und dem für den Endschnitt mitverantwortlichen Regisseur Tom Tykwer eingebettet werden kann. Die Deluxe Edition ist mit dem "Silberling 2004" ausgezeichnet.

Verleih DVD
Einzel-DVD: X Verleih/Warner (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.), Deluxe: X Verleih/Warner (16:9, 1.85:1; DD5.1 dt.)
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Diskussion
Am Film zur Wende haben sich schon einige versucht, doch besser als Drehbuchautoren und Regisseure scheinen Schriftsteller das Thema erfassen zu können. Wolfgang Becker lässt, als Westdeutscher, seine Geschichte im Schicksalsjahr 1989 in Ostberlin 1989 spielen. Zusammen mit Autor Bernd Lichtenberg hat er eine Parabel entwickelt, eine überaus konstruierte Folie, hinter der die jüngere deutsche Geschichte zum Vorschein kommt wie in einer Camera Obscura. Er geht damit einen radikal anderen Weg als die Realisten oder Komödianten, die haarscharf an so etwas wie ost-, west- oder gesamtdeutschem Lebensgefühl vorbeigeschrieben und -inszeniert haben, etwa Leander Haussman („Sonnenallee“, fd 33 876) oder Winfried Bonengel („Führer Ex“, fd 35 723). Im Sommer jenes Jahres ist Alex, 21, nicht wirklich politisiert. Mit der Bierflasche in der Hand setzt er sich am liebsten auf einen Spielplatz vor der Plattenbausiedlung und rätselt, was er mit sich anfangen soll. Nur weil das eben so Sitte ist in diesen Tagen, läuft er auf einer der vielen Demos mit, die Pressefreiheit fordern, wenn schon nicht den Fall der Mauer. Als ihn seine Mutter dort erblickt, die gerade auf dem Weg zum Palast der Republik ist, wo sie als Heldin der Arbeit geehrt werden soll, bricht sie mit einem Herzschlag zusammen. Erst acht Monate später wacht sie wieder auf – und erhält strenge Schonung verordnet. Was nicht einfach ist, denn inzwischen sind die DDR und der osteuropäische Kommunismus untergegangen, die Mauer gefallen und Deutschland vereint. Alex, seine Schwester und deren Freund beschließen, all das vor der Mutter zu verheimlichen. Sie bringen die bereits westliche gestylte Wohnung wieder in den Urzustand und quartieren die Mutter in ein Zimmer nach DDR-Art ein. Es gib zahllose schöne und anrührende Details in dem Film: Wie gelangweilt Alex, mit bewundernswerter Unsicherheit gespielt von Daniel Brühl, bei jener Demo apfelkauend mitläuft, wie er verzweifelt HO-Produkte oder wenigstens deren Verpackungen zu besorgen versucht, wie er immer neue Ausreden findet, etwa für das Westfernsehen der Nachbarn und schließlich sogar für das Coca-Cola-Plakat vor dem Fenster. In schwierigen Fällen hilft ein Freund aus, der die absurdesten „Aktuelle Kamera“-Ausgaben für Alexs Mutter produziert und auf Video aufnimmt, damit sie „im Fernsehen“ laufen können. Doch Wolfgang Becker wollte, wie schon in „Das Leben ist eine Baustelle” (fd 32 448), nicht bloß eine Komödie drehen. Nach und nach bewegt sich sein Film auf allgemeinere Aussagen über die Wiedervereinigung zu, die etwas mit der Würde eines Ablebens zu tun haben und sich deshalb sowohl von Ostalgie als auch von jeder Siegermentalität abgrenzen. Gerade letztere ließ sich aus den Ossi-Wessi-Klamotten der 90er-Jahre immer wieder heraus lesen. Becker schuf ein warmherziges und hellsichtiges Werk, was ihm im Rahmen einer handelsüblichen Dramaturgie vielleicht nicht gelungen wäre und ihm bei der „Baustelle“ auch nur bedingt gelungen ist. Was das Potenzial des Films jedoch nicht ausschöpft, ist der Umstand, dass Becker immer einen Fuß auf der Bremse behält: bei den komödiantischen Anteilen, bei der Familiengeschichte, bei der historischen Dimension. Deswegen wird es bei ihm immer nur halbwegs witzig, anrührend oder bewegend. Stellenweise wird es geradezu ärgerlich: Musste es beispielsweise unbedingt der symbolträchtige Limonadenhersteller sein, der immer wieder auftaucht, wie bereits bei Billy Wilder vor 40 Jahren? Apropos Billy: weitaus treffender ist das Plakat mit dem gleichnamigen Bestseller-Regal von Ikea, das die verdutzte Mutter im Vorbeigehen sieht. Dennoch: Beckers Film ist eine ebenso unterhaltsame wie ernsthafte Annäherung aus an die DDR als Heimat und an das Phänomen Wiedervereinigung aus ostdeutscher Sicht.
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