Drama | Irland/Großbritannien 2002 | 105 Minuten

Regie: Jim Sheridan

Eine irische Familie immigriert in die USA, um sich eine neue Existenz aufzubauen, doch der Neuanfang ist überschattet vom tragischen Tod des jüngsten Kindes. Nach anfänglichen Schwierigkeiten beginnt die Familie, langsam in New York Fuß zu fassen und den Weg in ein glückliches Leben zu finden. Eine sehr persönliche, von der Autobiografie des Regisseurs inspirierte Immigranten-Geschichte. Die ausgezeichneten darstellerischen Leistungen sowie die fesselnde visuelle Umsetzung verdichten das hervorragende Drehbuch zu einem Film, der lange nachwirkt und zur Reflexion über die Themen Tod, Familie und Heimat anregt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
IN AMERICA
Produktionsland
Irland/Großbritannien
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
East of Harlem/Harlem Film Productions/Hell’s Kitchen Films
Regie
Jim Sheridan
Buch
Jim Sheridan · Naomi Sheridan · Kirsten Sheridan
Kamera
Declan Quinn
Musik
Gavin Friday · Maurice Seezer
Schnitt
Naomi Geraghty
Darsteller
Samantha Morton (Sarah) · Paddy Considine (Johnny) · Djimon Hounsou (Mateo) · Sarah Bolger (Christy) · Emma Bolger (Ariel)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs sowie ein dt. untertitelbares kommentiertes Feature mit 10 im Film nicht enthaltenen Szenen.

Verleih DVD
Fox (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Eine irische Familie beim Passieren der Grenze zwischen Kanada und der USA. Die Habseligkeiten der Eltern Johnny und Sarah sowie der Töchter Christy und Ariel passen problemlos in den Kofferraum des Autos. Was sie aus ihrer alten Heimat mitbringen, sind vor allem große Hoffnungen für einen Neuanfang, ein neues Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Als illegale Einwanderer ohne finanziellen Rückhalt steht ihnen als erstes Heim nur ein herunter gekommenes Haus in Manhattans Hell’s Kitchen zur Verfügung, das von zwielichtigen Nachbarn bevölkert wird. Doch mit den Geldsorgen, der Arbeitslosigkeit, dem kriminellen Milieu in ihrem Stadtviertel und dem unerträglich heißen Sommer kommt die Familie nach anfänglichen Schwierigkeiten noch relativ gut zurecht. Schwerer wiegt der eigentliche Grund ihrer Flucht: der tragische Tod des kleinen Sohnes und Bruders Frankie, den sie alle überwinden möchten, der aber schicksalhaft über ihnen schwebt. Die Begegnung und spätere Freundschaft mit ihrem Nachbar Mateo, einem exzentrischen Maler mit rauer Fassade und goldenem Herz, bietet den Kindern und der Mutter die Chance, das Leben neu zu entdecken und zu genießen. Nur Johnny verschließt sich Mateo, wird auf ihn eifersüchtig und zieht sich immer weiter in sich selbst zurück. Er verliert mehr und mehr die Fähigkeit, seine Gefühle auszudrücken, und scheitert mit seinen Versuchen, ein Engagement als Theater- Schauspieler zu bekommen. Erst am Ende findet der Vater mit Hilfe seiner Familie einen Weg, mit der ihn lähmenden Trauer über den Verlust seines Sohns umzugehen.

Durch die Geschichte begleitet als Erzählerin die zehnjährige Christy, die versucht, mit ihrem Camcorder das Leben in Bildern festzuhalten; ihre Filmschnipsel sind Rückblenden in vergangene und glücklichere Tage, ihre stummen Dialoge mit Frankie sind wie Gebete um eine zweite Chance für ihre Familie. Durch die Erzählung aus der Perspektive eines Kindes umschifft Jim Sheridan geschickt die Gefahr, sich in die Welt der abgenutzten Klischees von typischen Familiengeschichten zu begeben. Der kindliche Blick zeigt trotz aller widrigen äußeren Umstände die Faszination und Schönheit des Alltäglichen, denn New York besitzt in seiner Vielfalt für die Kinder etwas Geheimnisvolles und Magisches. Sie nähern sich unbefangen den fremden Menschen, der ungewohnten Sprache und der anonymen Stadt, und Christys Gedanken und Wahrnehmungen zeigen deutlich, wie tiefgehend sich auch die Kinder mit dem Tod ihres Bruders auseinandersetzen, ohne hierbei – wie ihr Vater – den Blick fürs Glück zu verlieren. Die Kombination aus kindlicher Unbefangenheit und Sozialrealismus bewahrt den Film letztlich davor, kitschig zu sein.

Die Story geht teilweise auf Sheridans Autobiografie zurück: Er ist in den 1980er-Jahren selbst zusammen mit Frau und Kindern in die USA emigriert, um sein Glück im Filmgeschäft zu versuchen. Das Drehbuch entstand in Zusammenarbeit mit seinen Töchtern Kirsten, 27, und Naomi, 30, und verbindet die Erinnerungen der Familienmitglieder mit fiktionalen Elementen. Im wirklichen Leben war es nicht Sheridans Sohn, der an einem Gehirntumor starb, sondern sein kleiner Bruder Frankie, dem „In America“ gewidmet ist. Die bestimmende Atmosphäre – der Tod eines Kindes – ist also eine vom Filmemacher selbst durchlebte Erfahrung. Woraus eine Authentizität resultiert, die in jedem Moment der behutsam erzählten Geschichte mitschwingt und im brillanten Schauspiel von Samantha Morton, Paddy Considine und den Bolger- Schwestern eine kongeniale Entsprechung findet. Sheridan wird seinem Ruf als großer Geschichtenerzähler mehr als gerecht – mit „In America“ ist ihm ein zutiefst emotionaler Film ohne Spur von Rührseligkeit gelungen.

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