Alt, neu, geliehen und blau

Komödie | Dänemark 2003 | 105 Minuten

Regie: Natasha Arthy

Eine junge Kopenhagenerin gerät in emotionale Nöte und Turbulenzen, als sie ihrer in die Psychiatrie eingelieferten Schwester ihre bevorstehende Hochzeit verschweigt und sie deren Ex-Geliebtem seinen positiven AIDS-Befund vorenthält. Als sie doch noch mit der Wahrheit herausrückt, bekommt das Happy End eine unvorhersehbare Wendung. Berührender Film nach "Dogma"-Regeln, die kreativ umgestaltet und für einige Überraschungen genutzt werden. Durch das wahrhaftige Spiel und die konzentrierte Regie hält der Film geschickt die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Komödie. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SER TIL VENSTRE, DER ER EN SVENSKER
Produktionsland
Dänemark
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Nimbus
Regie
Natasha Arthy
Buch
Kim Fupz Aakeson
Kamera
Rasmus Videbæk
Musik
Kaare Bjerkø
Schnitt
Kasper Leick
Darsteller
Sidse Babett Knudsen (Katrine) · Björn Kjellman (Thomsen) · Lotte Andersen (Mette) · Søren Byder (Jonas) · Lene Maria Christensen (Katja)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Komödie | Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (FF, DD5.1 dt.)
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Diskussion
„Alt, neu, geliehen und blau“ sollen einem viktorianischen Hochzeitsbrauch zufolge, der auch in Skandinavien Einzug gehalten hat, einige Utensilien sein, die die Braut zur Hochzeit trägt, damit der Ehe Glück beschieden ist. Die „Glücksbringer“ aber, die Katrine mit zur Trauung bringt, sind nicht nur völlig „schräg“, sondern auch kontraproduktiv. Auch wenn man sofort an die „Last Minute“- Entführung in „Die Reifeprüfung“ (fd 15 718) denkt, Natasha Arthys nach „Miracle – Ein Engel für Dennis P.“ (fd 35 670) zweiter Spielfilm geht die Sache von einer ganz anderen filmischen wie inhaltlichen Perspektive an. Gemäß den „Dogma“-Regeln hält er gleich zu Beginn der Gesellschaft im wahren Wortsinn den Spiegel vor und lässt die Protagonistin „ungeschminkt“ in denselben sprechen: Katrine übt noch einmal das Gespräch mit ihrer älteren Schwester Mette, die sie in der Psychiatrie besucht, um ihr mitzuteilen, dass sie am Wochenende ihren Verlobten Jonas heiraten wird. Dann aber verlässt sie der Mut, weil sie Angst hat, Mette weh zu tun, die mit Depressionen eingeliefert worden war, weil ihr Freund Thomsen sie sitzen gelassen hat und nach Afrika verschwunden ist. Unverrichteter Dinge verabschiedet sich Katrine, um zu Hause über die nächste Mutprobe zu stolpern: Thomsen steht vor der Tür, drängt sich den Verlobten mit einem selbst gekochten „Hochzeitsessen“ auf und gesteht Katrine nach durchzechter (Liebes-)Nacht, dass er gerade von einem Aids- Test kommt. Er überredet sie, das Ergebnis zu erfragen. Wieder beschwört sie sich vor dem Spiegel, eine ehrliche Antwort zu geben, doch sie verschweigt ihm das „positive“ Ergebnis. Dann machen sich die beiden auf die Suche nach den traditionellen Accessoires; sie finden einen „alten“ Hund, im Rausch „blauer“ Ectasy-Pillen eine „neue“ Rasta-Frisur für Katrine und kommen auf die Idee, Mette, die mittlerweile von Thomsen Rückkehr erfahren hat, zur Hochzeit „auszuleihen“. Doch die Entführung geht schief, und beide landen im Gefängnis, aus dem sie erst kurz vor dem Ja-Wort entlassen werden. Nun aber verlässt Katrine nicht der Mut – sie sagt die Wahrheit. Wie die meisten „Dogma“-Filme besticht „Alt, neu, geliehen und blau“ durch seinen naturalistischen Ansatz, das ungekünstelte Spiel der Darsteller und einen gelungenen Balance-Akt zwischen Humor und Tragik. Weil Natasha Arthy vorschwebte, den mentalen Zustand der Protagonisten durch Musik zu kommentieren, hat sie die „Dogma“- Regeln, die Filmkompositionen eigentlich verbieten, ein wenig ausgetrickst: Immer, wenn sich Mette in ihre innere Welt zurückzieht, setzt sie Kopfhörer auf – und ihr Lieblingssänger hält dann (für den Zuschauer sichtbar) Zwiesprache mit ihr, begleitet ihre Melancholie und Trauer und macht ihr schließlich Mut, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. So ist ihre Flucht mit Band und Thomsens Wagen zugleich Fantasie wie realistischer Neuanfang. Auch für Jonas deutet sich eine Wende zum Guten und hin zum gleichen Geschlecht an. Aber alles in dieser zugleich wahrhaftigen wie lebensfrohen Geschichte bleibt ambivalent, verliert sich selbst dann nicht im Anbiedern an einen Massengeschmack, wenn die „Puppen“ beim Junggesellen- Abschied tanzen oder die Brautjungfern ihre eigene alkoholträchtige Fete feiern. Natasha Arthys „Heldinnen“ und „Helden“ bleiben dem Boden und einem zutiefst menschlichen Verhalten verpflichtet, dem die präzis besetzten Darsteller einen berührende Glaubwürdigkeit verleihen.
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