Schickt mehr Süßes

Kinderfilm | Dänemark/Schweden 2001 | 76 Minuten

Regie: Cæcilia Holbek-Trier

Zwei Kopenhagener Großstadt-Mädchen müssen ihre Sommerferien auf dem baufälligen Hof eines alten Bauern-Ehepaars verbringen. Vom fremden, bisweilen recht derben Landleben zunächst mehr abgestoßen als fasziniert, wächst mit der Zeit ihr Verständnis für die beiden Alten, die schließlich als Ersatz-Großeltern "adoptiert" werden. Als den Mädchen klar wird, dass diese von ihrem Hof vertrieben und in ein Altersheim abgeschoben werden sollen, stehen sie ihnen entschlossen zur Seite. Das populäre Sujet "Ferien auf dem Bauernhof" wird ebenso humorvoll wie klug genutzt, um einen "Clash" zwischen unterschiedlichen Generationen und Lebensweisen zu inszenieren und für ein tolerantes Miteinander zu plädieren. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
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Produktionsland
Dänemark/Schweden
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Crone Film/Migma Film/Det Danske Filminstitut/Svenska Filminstitutet
Regie
Cæcilia Holbek-Trier
Buch
Cæcilia Holbek-Trier
Kamera
Morten Bruus
Musik
Joachim Holbek
Schnitt
Kasper Leick
Darsteller
Marie Katrine Rasch (Lone) · Ninna Assentoft Rasmussen (Anjelica) · Bodil Udsen (Hortensia) · Per Oscarsson (Rasmus) · Bodil Jørgensen (Lissi)
Länge
76 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein ausführliches Booklet zum Film (24 Seiten).

Verleih DVD
absolut (16:9, 1.78:1, DD2.0 dän./dt.)
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Diskussion
Von „Ferien auf Immenhof“-Romantik kann für die elfjährige Anjelica und ihre jüngere Schwester Lone nicht die Rede sein, als sie von der Mutter in den Sommerferien auf den Bauernhof des alten Ehepaars Hortensia und Rasmus geschickt werden. Mag die Mama auch wundervolle Kindheitserinnerungen an ihre eigenen Ferien auf dem Land haben: Für die Kopenhagener Großstadt-Mädchen ist schon die Vorstellung, den Sommer zwischen Schweinen, Hühnern und sonstigem Getier in der dänischen Pampa anstatt mit den Eltern in New York zu verbringen, nicht gerade attraktiv. Der erste Eindruck scheint ihre schlimmsten Erwartungen noch in den Schatten zu stellen. Der Hof ist mindestens so in die Jahre gekommen wie seine beiden Bewohner, und von den Klumpen und Fettaugen auf der frisch gemolkenen Milch über den Mief des Hofhundes bis zu Rasmus’ eigenbrötlerischem Habitus finden die Mädchen alles eher abstoßend als anheimelnd. Neugierig, wie sie sind, gehen sie aber schnell daran, alles Neue zu erkunden. Mit dem Kennenlernen wachsen Verständnis und allmählich Zuneigung, und als Lone und Anjelica erfahren, dass Rasmus und Hortensia von ihrem Hof vertrieben werden sollen, machen sie es zu ihrer Mission, den beiden zu helfen: Der Schweine-Knud, der auf dem benachbarten Hof eine „moderne“ Schweinezucht betreibt und dem das Land gehört, auf dem das baufällige Bauernhaus der beiden Alten steht, will das Paar ins örtliche Altersheim ausquartieren, um selbst expandieren zu können. Doch da hat er die Rechnung ohne die beiden Mädchen gemacht. Cæcilia Holbek Trier ist eine ebenso freche wie zeitgemäße und kluge Version des klassischen Kinderbuch- bzw. Kinderfilmthemas „Ferien auf dem Land“ gelungen. Statt aus dem „einfachen“ Landleben eine zeitlose Idylle zu zaubern, die als pittoreske Alternative zum hektischen Stadtgetriebe herhalten muss, nutzt sie das Sujet, um einen turbulenten Clash zwischen Generationen und Lebensstilen anzuzetteln. Bei Hortensia und Rasmus läuft eben alles ganz anders, als es die Kinder kennen, und es ist für Jung und Alt im wahren Wortsinn kein Zuckerschlecken, sich aneinander zu gewöhnen und sich gegenseitig zu akzeptieren – in ihren Briefen an die Mutter versäumt Anjelica denn auch nie, als Ergänzung zu der allzu frugalen Bauernkost um Care-Pakete mit den schmerzlich vermissten Süßigkeiten zu bitten. Auch zwischen Rasmus und Schweine-Knud, seinem jüngeren Verwandten, der sich mit seiner Massentierhaltung für weit fortschrittlicher hält als das alte Paar, brodelt ein Generationenkonflikt. Während sich Knud über die Borniertheit von Rasmus und den Zustand von dessen altertümlichem Hof beschwert, merkt er gar nicht, dass sein eigener Sohn Ole längst auch eigene Vorstellungen vom Leben hat, die sich von denen des Vaters beträchtlich unterscheiden. Die Reflexionen über das Miteinander verschiedener Altersstufen und den Einblick in konträre Arten der Tierzucht verpackt Cæcilia Holbek Trier in eine turbulente, gelegentlich deftige Geschichte, die nicht zuletzt durch ihren Witz und ihre Lakonie bestens unterhält, ihre Figuren jedoch stets auch mit großem Feingefühl behandelt. Vor allem in der Darstellung von Hortensia und Rasmus beweist die Filmemacherin bewundernswertes Geschick: Einerseits vermittelt sie genüsslich und humorvoll die Befremdung, die die gewöhnungsbedürftigen, bisweilen recht derben Sitten der alten Bauersleute bei den Stadtkindern wachrufen, jedoch werden sie nie als tüdelige Hinterwäldler und Witzfiguren missbraucht, sondern dürfen immer stärker eine ganz eigene Schönheit und Würde entfalten. Ob es nun um das Zusammenleben von Menschen mit Menschen oder Menschen und Tieren geht: Dass man jedem Zeitgenossen eine art- (und alters)gerechte „Haltung“ gönnen sollte, dass eigene Lebensentwürfe nicht blind und intolerant machen dürfen für diejenigen anderer, sondern die Basis sein können für die spannendsten Abenteuer, das zeigt „Schickt mehr Süßes“ auf äußerst herzhafte Weise.
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