Les Petites Couleurs

- | Frankreich/Schweiz 2002 | 97 Minuten

Regie: Patricia Plattner

Eine junge Friseuse verlässt ihren Mann, der sie schlägt, und findet in einem Motel eine neue Stelle, eine Freundin und allmählich auch wieder Freude am Leben und eine neue Liebe. Eine sympathische humorvolle Emanzipationsgeschichte wie aus dem Bilderbuch mit zwei starken Frauenfiguren, konsequent märchenhaft inszeniert - einschließlich einer parodistischen Fernseh-Soap-Opera, die das Geschehen verdoppelt. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LES PETITES COULEURS
Produktionsland
Frankreich/Schweiz
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
Canal +/Gémini Films/Light Night/Télévision Suisse-Romande
Regie
Patricia Plattner
Buch
Jean Bobby · Sarah Gabay · Patricia Plattner
Kamera
Matthias Kaelin
Musik
Jacques Robellaz
Schnitt
Jeanetta Ionesco · Maya Schmid
Darsteller
Anouk Grinberg (Christelle) · Bernadette Lafont (Mona) · Philippe Bas (Lucien) · Gilles Tschudi (Vladimir) · Jean-Pierre Gos (Robert)
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Neue Visionen (16:9, 1.85:1, DD2.0 frz./dt.)
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Diskussion
Vielleicht kommt man Frauen, die so naiv sind wie Christelle, tatsächlich nur mit einem märchenhaften Frauenfilm nahe. Mit „Les Petites Couleurs“ hat die Schweizer Regisseurin Patricia Plattner (Jahrg. 1953) jedenfalls ein richtiges Feel-Good- und Mutmacher- Movie für misshandelte Frauen gedreht, aber eines, das so konsequent überdreht ist, dass man immer wieder schmunzeln muss. Dafür sorgen die Figuren und jene Farbnuancen, auf die schon der Titel anspielt. Rosa und himmelblau ist auch die kindlich anmutende Wunderfrisiermaschine, eine Mischung aus Trockenhaube und Farbtopf, mit der alles beginnt. Francis, der einen Friseurladen in der französischen Schweiz betreibt, will das drollige Gerät nicht seiner Frau Christelle schenken, die seit Jahren für ein Taschengeld in seinem Salon arbeitet, sondern seiner Geliebten, die auch Friseuse ist. Es kommt zum Streit, bei dem er Christelle schlägt. Diesmal schlägt sie zurück, mit einem Pokal. Während Francis bewusstlos liegen bleibt, flieht sie ziellos durch die Nacht. In einem Motel findet sie ein Zimmer – und ist anfangs geschockt, weil es offenbar eine Absteige für Fernfahrer ist. Die sehen die hübsche Frau Mitte 30 so bewundernd an wie einst die sieben Zwerge Schneewittchen. Doch Christelle rennt angesichts so massierter Männlichkeit weinend auf ihr Zimmer, bleibt aber notgedrungen im Motel wohnen. Am nächsten Tag lässt sie sich sogar überreden, ihren Mann anzuzeigen. Fortan besitzt sie zwar kein Geld, keinen Job und kein Zuhause, aber in der Motel-Besitzerin Mona unversehens eine neue Freundin.

Gemeinsam schauen sie ihre Lieblings-Soap-Opera im Fernsehen: „Die Liebesranch“, ein Drama, in dem alle Dialoge gesungen werden, was weniger als Hommage an Jacques Demy denn als Seitenhieb auf ähnlich märchenhaft-konfuse Frauenserien zu verstehen ist. In gewisser Weise verdoppeln die eingestreuten acht (ebenfalls von Plattner inszenierten) Folgen die reale Filmhandlung: Eine naive Prinzessin mit vielen Löckchen, die Christelle ähnlich sieht, lernt, auf eigenen Füßen zu stehen, schneidet sich irgendwann die Haare ab und setzt sich zu dem Mann, den sie liebt, einem Cowboy, ans Lagerfeuer. Das passt hinten und vorne nicht zusammen, doch Irrläufer aller Art gehören zu einem Emanzipationsprozess dazu, will die Regisseurin wohl sagen. Auch Christelle schneidet sich ihre hüftlangen Haare ab, wird allmählich selbstsicherer und sorgt dafür, dass die Rezeption des Motels farblich aufgefrischt und Mona neue rötliche Locken bekommt. Als Christelles Mann auftaucht und um Verzeihung bittet, lässt sie ihn abblitzen. Sie gibt ihm zwar das Auto zurück, nicht aber die kuriose Wunder- Frisiermaschine, die den Grundstock ihres Neuanfangs als fahrende Friseuse bildet, die die Landfrauen zu Hause bedient. Auch verliebt sie sich in einen Gast, einen adrett gekleideten Polen, der als Vertreter von Damenunterwäsche seinen Unterhalt verdient. Bis sie merkt, dass sie in Wahrheit einen jungen Trucker liebt, der für Mona alles Mögliche repariert, auch einen alten VW-Bus.

Zum Happy End gibt es ein wunderschönes Schlussbild: Man sieht aus der Ferne, wie ein großer LKW einem kleinen bunten VW-Bus in einer weiten Wiesenlandschaft in eine neue Zukunft folgt. Viele dieser überladenen Bilder, die in anderen Filmen gnadenlos kitschig wirken würden, funktionieren, was vor allem an der behutsamen Zeichnung der beiden Hauptfiguren liegt. Anouk Grinberg als naive Kindfrau und Bernadette Lafont als etwas ordinäre, handfeste, aber herzensgute Motel- Besitzerin sind ein schönes Gegensatzpaar, das sich allmählich annähert. Die etwas putzigen Männer (einzig Christelles Macho-Mann fällt aus der Rolle) sorgen ebenso oft für ein Schmunzeln, denn sie sind einfach zu nett, um wahr zu sein. Allzu großer Tiefgang lässt sich „Les Petites Couleurs“ nicht attestieren, doch allein schon die stringente Art, wie wahre Realität, Fernseh-Realität und geträumte Realität miteinander verbunden sind, sorgt für Spannung und Unterhaltung. Dazu passt die leicht süßliche Musik, die alle auf ihrem Weg zum Glück selig einlullt.

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