De-Lovely - Die Cole Porter Story

Biopic | USA/Großbritannien 2004 | 126 Minuten

Regie: Irwin Winkler

Filmbiografie des Komponisten Cole Porter, die den Brennpunkt auf die komplexe Beziehung zu seiner Ehefrau Linda legt. Eindrucksvoll gespielt und mit wundervollen Bildern in Szene gesetzt, feiert der Film die Kultiviertheit seiner Protagonisten, die sich selbst im Angesicht der größten persönlichen Krisen weigern, sich von der Last des Lebens erdrücken zu lassen. - Sehenswert ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
DE-LOVELY
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Winkler Films/Potboiler Prod./United Artists
Regie
Irwin Winkler
Buch
Jay Cocks
Kamera
Tony Pierce-Roberts
Musik
Cole Porter
Schnitt
Julie Monroe
Darsteller
Kevin Kline (Cole Porter) · Ashley Judd (Linda Porter) · Jonathan Pryce (Gabe) · Kevin McNally (Gerald Murphy) · Sandra Nelson (Sara Murphy)
Länge
126 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Biopic | Musikfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs und des Hauptdarstellers Kevin Kline sowie ein Feature mit neun im Film nicht verwendeten Szenen (14 Min.), inklusive eines alternativen Filmendes.

Verleih DVD
Sony/MGM (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Zu Beginn sitzt der Komponist, dem die Welt Song-Klassiker wie „Every Time We Say Goodbye“ und „Night and Day“ verdankt, alt und verlassen am Piano in seinem Appartment, umgeben von Fotos, die das Glück vergangener Tage in die Gegenwart retten sollen. Cole Porter hat bereits mit dem Dasein abgeschlossen, als er Besuch von einem Fremden erhält, der ein Engel sein könnte, aber vorerst die Rolle des Regisseurs übernimmt: Er lädt Porter ein, einer Inszenierung seines Lebens beizuwohnen, die Höhen und Tiefen seiner Karriere als Revue passieren lässt, bevor es endgültig Zeit ist, Abschied zu nehmen. Der Film, den Cole Porter und der Zuschauer zugleich zu Gesicht bekommen, erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige Biografie zu sein. Stattdessen richtet „De- Lovely“ den Fokus konsequent auf die Liebesgeschichte zwischen Porter und seiner Ehefrau Linda. Die beiden lernen sich im Paris der 1920er-Jahre kennen und werden schnell zum Paar – obwohl Porter ihr seine Bisexualität nicht verheimlicht. Zunächst billigt Linda seine außerehelichen Affären mit anderen Männern ausdrücklich, doch je erfolgreicher Porter als Komponist wird, desto häufiger werden die Gelegenheiten, mit attraktiven Fremden ins Bett zu steigen. Bis Linda die Demütigung nicht mehr erträgt und auf einen Umzug nach Kalifornien drängt – in der Hoffnung, dass damit eine Änderung ihres Lebensstils einhergehen würde. Aber in der Filmmetropole Hollywood eskaliert Porters Hedonismus vollends, bis es in seinem Leben scheinbar keinen Platz mehr für Linda gibt.

Das Ehepaar Sarah und Gerald Murphy, deren Kinderglück den Porters verwehrt bleibt, sind Wegbegleiter von Cole und Linda. Es handelt sich um reale Figuren, die seinerzeit dem amerikanischen Schriftsteller F. Scott Fitzgerald als Inspirationsquelle für seinen Roman „Tender is the Night“ dienten. Auch ohne Kenntnis dieses Details spürt man die Nähe zu der Welt, die Fitzgerald in seinen Romanen beschworen hat, eine Welt, in der Glanz und Glamour trügerisch sind, ohne dadurch an Reiz zu verlieren. Ein anderer Roman Fitzgeralds heißt „The Beautiful and Damned“, ein Titel, der ebenso gut auf die Hauptfiguren des Films gepasst hätte. Cole, Linda und ihre Freunde sind frei von materiellen Nöten, Cole war bereits vermögend, bevor ihm seine Musik einen angenehmen Lebensstil sicherte. Sie sind auch – zumindest zu Beginn – nicht von Tod und Krankheit geplagt, und dennoch sind Linda und er nicht in der Lage, ihr Glück zu bewahren. Je weiter ihre Biografie fortschreitet, desto intensiver werden die Momente von Schmerz und Verzeiflung, was Cole mit Alkohol und Sex zu lindern versucht, damit aber stets nur die nächste Krise heraufbeschwört.

Cole und Linda beginnen ihr Dasein als Spiel, das allmählich zum Kampf ausartet, bei dem sie Wunden an Körper und Seele davontragen. Dennoch weigern sie sich bis zuletzt, unter der Last des Lebens in die Knie zu gehen. Sie sind sich zu schade für Tränen, sodass sie auch im Angesicht extremer körperlicher und seelischer Qual die Fassung wahren. Scheitel und Smoking sitzen stets perfekt, selbst wenn die Ehe in die Brüche geht und ein komplizierter Beinbruch ein Leben ohne Schmerzen unmöglich macht. Dies als Affektiertheit zu werten, wäre zu kurz gedacht. Die makellose Fassade ist vielmehr eine stolze Geste, Ausdruck des Bemühens, weder vor den eigenen Schwächen noch vor den Schlägen des Schicksals zu kapitulieren. Auch in dieser Hinsicht ähnelt der Cole Porter aus „De- Lovely“ Fitzgerald und seinen Helden, die stets bemüht sind, ihr Leben als eine Symbiose von Stil und Anstand zu führen – gerade in Momenten, in denen das Ziel in weite Ferne rückt. Nur vor diesem Hintergrund macht es Sinn, dass ein Film, der Alkoholismus, Untreue, schwere körperliche Gebrechen und die Unfähigkeit, Kinder zu zeugen, zum Thema macht, so wunderschön anzusehen ist. Irwin Winkler feiert Kultiviertheit als Lebenseinstellung – gerade im Angesicht der schlimmsten persönlichen Krisen –, indem er in Bildern von vollendeter Schönheit schwelgt. Die Akteure, die Kostüme, die Schauplätze sind dem Diktat der Ästhetik unterworfen, um eine Vision des Daseins zu entwerfen, in der Eleganz mehr als eine flüchtige Erscheinung ist. Dementsprechend wird Cole Porter am Ende in einen Himmel entlassen, in dem er endlich so sein kann, wie er sich selbst am liebsten gesehen hat: Er sitzt am gleichen Piano in der gleichen Wohnung wie zu Beginn. Nur ist er jetzt wieder ein junger Mann, der gemeinsam mit seiner großen Liebe Linda eines seiner schönsten Lieder singt. Ein schöneres Happy End kann man sich nicht wünschen.

Kommentar verfassen

Kommentieren