Owning Mahowny

Tragikomödie | Kanada/Großbritannien 2003 | 105 Minuten

Regie: Richard Kwietniowski

Der auf einer wahren Geschichte beruhende Film schildert die dreisten Betrügereien eines unscheinbaren Bankangestellten, der seine Position ausnutzt, um sich mit falschen Krediten die Schulden aus seiner Spielleidenschaft zu finanzieren, wobei aus kleinen Summen am Ende Millionenbeträge werden. In lakonischen Einstellungen, aber auch in vielen grotesken und witzigen Details entwickelt sich ein facettenreiches Drama im Gewand einer subtilen Tragikomödie. Dank des konzentrierten und eindringlichen Spiels des Hauptdarstellers werden dabei eindrucksvoll die Abgründe der Sucht deutlich. Zugleich findet der Film Zeit für ironische Seitenhiebe auf die Welt der Banken und der Spielcasinos, die in mancher Hinsicht frappante Parallelen aufweisen. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
OWNING MAHOWNY
Produktionsland
Kanada/Großbritannien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Alliance Atlantis/Natural Nylon Ent.
Regie
Richard Kwietniowski
Buch
Maurice Chauvet
Kamera
Oliver Curtis
Musik
The Insects · Richard Grassby-Lewis
Schnitt
Mike Munn
Darsteller
Philip Seymour Hoffman (Dan Mahowny) · Minnie Driver (Belinda) · John Hurt (Victor Foss) · Maury Chaykin (Frank Perlin) · Sonja Smits (Dana Selkirk)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Tragikomödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Red Planet (16:9, 1.85:1, DD2.0 engl., DD5.1 dt.)
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Diskussion
Dan Mahowny ist kein Typ, dem die Herzen der Menschen zufliegen. Das dünne Haar liegt klebrig am Kopf, das Oberlippen-Bärtchen und die große Brille lassen einen verschlossenen Streber oder ein Mathe-Genie vermuten. Sein klapperiges Auto und die Anzüge, die er trägt, zeigen auf den ersten Blick: Hier hat man es mit einem besonders knauserigen Zeitgenossen zu tun. Trotz seiner wenig einnehmenden Art hat er es Anfang der 1980er-Jahre in einer Bank in Toronto recht weit nach oben gebracht. Sein Sinn für Zahlen und eine rasche Auffassungsgabe haben seine Vorgesetzten beeindruckt, und so vertrauen sie ihm vorbehaltlos und befördern ihn. Was seine Chefs nicht wissen: Mahowny ist ein Spieler, der seit seinem zwölften Geburtstag keine 72 Stunden erlebte, ohne nicht wenigstens eine Wette zu platzieren. Als er bei seinen Kumpels tief in der Kreide steht, sieht er nur noch einen Ausweg. Nach kurzer Überlegung schreibt er zu Lasten der Kreditlinie einer reichen Kundin einen Scheck aus, um seine Gläubiger zu beruhigen. Weil diese erste Geldbeschaffung so verführerisch einfach verläuft, brechen bei Mahowny alle Dämme. Schließlich geht er sogar so weit, einen Phantom-Kunden zu erfinden, über dessen Konto er sämtliche Transaktionen laufen lässt; einzig sein junger Assistent horcht hier und da auf, wenn er den ominösen „Mr. Oskaner“ schon wieder verpasst haben soll.

Wie in seinem ersten Spielfilm „Love & Death on Long Island“ (fd 33 406) beschreibt der Brite Richard Kwietniowski eindrucksvoll den Prozess einer Hingabe, die in Abhängigkeit und dem Verlust jeder Selbstachtung mündet. Diesmal greift er den realen Fall eines hohen Bankangestellten auf, der zur Befriedigung seiner Spielleidenschaft die eigene Existenz aufs Spiel setzt und auf imponierend unspektakuläre Weise seinen Arbeitgeber um mehr als zehn Mio. Dollar erleichtert. Dabei geht es Mahowny nicht um die Anhäufung von Reichtum. Das gesamte Geld fließt in seine Ausflüge in die Spielerparadiese Atlantic City und Las Vegas, wo man sich mit der Zeit um den wunderbaren Kunden, das Prachtexemplar eines Spielers, reißt. Obwohl seine Freundin und Kollegin Belinda von seiner Leidenschaft Wind bekommt, erkennt sie lange nicht den Ernst der Lage. Als er bereits eine Riesensumme veruntreut hat, schlüpft er noch einmal mit unerhörtem Glück durch eine Routineprüfung. Aber die Lage wird immer aussichtsloser. Plötzlich scheint sich wie durch ein Wunder Rettung aufzutun: Mahowny erlebt genau jenen Abend, von dem jeder Spieler träumt. Mit einer einmaligen Glückssträhne räumt er an sämtlichen Tischen ab und ist bereits bei einem zweistelligen Millionengewinn angekommen; doch Mahowny kann es nicht lassen. Nicht der Gewinn ist sein Anliegen, sondern der Nervenkitzel des Spielens und der selbstzerstörerische Akt der Bestätigung, dass am Ende doch die Bank gewinnt.

Kwietniowski inszeniert Mahownys Untergang in der Spielsucht als schleichenden Prozess, wobei er auf spektakuläre Zuspitzungen (abgesehen von Dans großer Serie) verzichtet. Mit lakonischen Einstellungen und dem Blick für groteske und witzige Details lässt er an einem wahren Drama teilhaben, das er geschickt in das Gewand einer subtilen Tragikomödie kleidet. In geistreichen Dialogen und visuellen Anspielungen setzt der Film die nur auf den ersten Blick gegensätzlichen Bereiche von Finanzwelt und Spielcasino ironisch in Beziehung: Bei beiden handelt es sich um streng bewachte, von der Außenwelt abgeschlossene Komplexe, die auf effiziente Risikominimierung und Gewinnmaximierung getrimmt sind; hier wie dort werden im Hintergrund die Fäden gesponnen, um im Machtpoker nicht die Kontrolle zu verlieren. Mahowny, so clever er als Bankangestellter auch ist, hat gegen das eiskalte Casino-Management keine Chance. Philip Seymour Hoffman („Twister“, „Magnolia“, „State and Main“, „Almost Famous“) bietet in der Rolle eines Underdogs einmal mehr eine Bravourleistung. Obwohl man es Mahowny gönnt, die Bank mit einfachsten Mitteln auszutricksen, erlaubt Hoffmans Understatement in der Darstellung kaum jene Sympathie- Gefühle, wie sie etwa DiCaprio in „Catch Me If You Can“ (fd 35 815) provozierte. Stattdessen leidet man auf schmerzhafte Weise mit Mahowny, denn selten hat ein Filmschauspieler das Wesen der Sucht in all ihrer Ausweglosigkeit eindringlicher dargestellt.

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