Resist! Ein Traum vom Leben mit dem Living Theatre

Dokumentarfilm | Belgien/Deutschland 2003 | 90 Minuten

Regie: Dirk Szuszies

Der Dokumentarfilm porträtiert die anarcho-pazifistische Position der Living-Theatre-Gruppe und ihren friedlichen Widerstand gegen Aggression, Rassismus, Unterdrückung, Todesstrafe und brutale Globalisierung anhand dreier Aktionen: die Proteste gegen den G8-Wirtschaftsgipfel in Genua, eine Aktion auf den Straßen von New York nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sowie im Gefängnis von Khiam, dem ehemaligen Internierungslager der israelischen Armee im Südlibanon. Eindrucksvoll schlägt der ambitionierte, von Kraft und Dynamik geprägte Film eine Brücke von früheren Protestbewegungen zu den heute wieder politisch aktiven Jugendlichen, ohne Momente der Selbstzweifel und Konflikte zu unterschlagen. (Engl.m.d.O.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
RESIST!
Produktionsland
Belgien/Deutschland
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
YC Aligator/Triangle 7/RTBF
Regie
Dirk Szuszies · Karin Kaper
Buch
Dirk Szuszies · Karin Kaper
Kamera
Dieter Vervuurt
Musik
Carlo Altomare · Patrick Grant · Andrea Liberovici
Länge
90 Minuten
Kinostart
21.10.2004
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Nicht erst seit Michael Moores „Bowling for Columbine“ (fd 35 693) und „Fahrenheit 9/11“ (fd 36 596) wird eine neue Politisierung des Dokumentarfilms deutlich – auch wenn diese beiden Filme weltweit besonders erfolgreich in den Kinos waren. Beispielsweise kämpft der kanadische Film „The Corporation“ gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem, oder der schwedische Film „Surplus“ argumentiert in ganz modernem Stil gegen die heutige Konsumgesellschaft. Eine ähnliche Stoßrichtung hat der Film „Resist!“, wenn er ganz klar die anarcho-pazifistische Position der Living- Theatre-Gruppe porträtiert und ihren friedlichen Widerstand gegen Aggression, Rassismus, Unterdrückung, Todesstrafe und brutale Globalisierung ins Zentrum rückt. Der deutsche Regisseur Dirk Szuszies, der sich in den 1980er-Jahren einige Zeit selbst der Gruppe angeschlossen hatte, begleitete sie über drei Jahre und hat für seinen kraftvollen Film insbesondere drei Aktionen ausgewählt: die Proteste gegen den G8- Wirtschaftsgipfel in Genua, eine Aktion auf den Straßen von New York nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sowie im Gefängnis von Khiam, dem berüchtigten ehemaligen Internierungslager der isaelischen Armee im Südlibanon.

Doch es ist nicht nur eine Dokumentation der aktuellen Aktivitäten, sondern zugleich eine Hommage an die über 50-jährige Tradition der Living-Theatre-Truppe, die 1951 von Judith Malina und Julian Beck gegründet wurde. Beeinflusst wurden sie von Erwin Piscators Theaterarbeit im amerikanischen Exil, der insistierte, dass die Schauspieler auf der Bühne etwas zu sagen haben und ihre politische Meinung artikulieren sollen. Ihr neues Konzept sah vor, das Leben ins Theater zu bringen und das Theater ins Leben, sich also einzumischen. Die Gruppe galt in den 1960er- und 1970er- Jahren als Inbegriff der Einheit von Leben, Kunst und Revolution. Legendär sind ihre aktive Einmischung bei den Mai-Unruhen in Paris 1968 oder ihre Auftritte während der Studentenrevolte in Berlin, die in Archivaufnahmen inzwischen bekannter Regisseure wie Jonas Mekas oder Nam June Paik dokumentiert wurden. Dem Film gelingt es eindrucksvoll, eine Brücke von diesen früheren Protestbewegungen zu den heute wieder politisch aktiven Jugendlichen zu schlagen. Eine weitere Stärke von „Resist!“ ist, dass er Momente der Selbstzweifel und Konflikte nicht verschweigt. In den USA hat das Living Theatre nicht nur Freunde, und einige ihrer Straßenaktionen stoßen auf heftigsten Protest. In Genua fühlen sie sich aufgerieben zwischen der brutalen Polizei und den gewalttätigen Demonstranten. Im Südlibanon verzichtet eine Gruppe der Libanesen nach den Proben auf die weitere Mitarbeit, da sie sich dem Postulat der absoluten Gewaltlosigkeit nicht anschließen können. Trotz der jüdischen Herkunft einiger Mitglieder der Theatergruppe wurde sie noch nie nach Israel zu einem Gastspiel eingeladen. Die Gruppe lebt inzwischen zeitweise in Italien, wo sie politisch aneckt und vor Anfeindungen rechter Gruppen keineswegs geschützt ist. Politischer Widerstand und bürgerlicher Ungehorsam können aufreibend sein und sind nicht immer erfolgreich. Trotzdem, so der Film, sollte man alles versuchen, um brennende Probleme der Gesellschaft zu lösen. Der Idealismus und die Begeisterung des politischen Protests für die richtige Sache verleiht „Resist!“ eine unglaubliche Kraft und Dynamik. Im Mittelpunkt steht die inzwischen 78-jährige Gründerin Judith Malina, die nichts von ihrem Engagement und ihrer Energie verloren hat. Sie wurde in Kiel als Tochter eines Rabbis geboren, der bereits 1928 in die USA emigrierte. Diese persönlichen Erfahrungen mit Geschichte wurden zum Motor ihres Kampfs um Gerechtigkeit. Hartnäckig verteidigt sie ihren pazifistischen Ansatz: „Unsere Erziehung sagt uns, dass wir nichts ändern können. Aber die Kunst zeigt, dass es möglich ist, etwas zu tun. Jeder einzelne ist Antigone.“

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