Kurz - Der Film

- | Deutschland 2004 | 90 Minuten

Regie: Robert Kuczera

Eine Zusammenstellung der Filmakademie Baden-Württemberg mit neun hervorragenden Kurzfilmen, die sich alle explizit am Geschichtenerzählen orientieren und die Qualität des kurzen Genres eindrucksvoll vermitteln. Die auf internationalen Festivals mehrfach nominierten oder ausgezeichneten Produktionen überzeugen durch präzise Inszenierung, lakonische Gesten, Filmwitz und viel Sinn für erzählte Pointen. - Titel der einzelnen Filme: 1. "Dragon Slayer" (2004, 10 Min.); 2. "Dufte" (2001, 10 Min.); 3. "Echte Vögel kotzen nicht" (2003, 2 Min.); 4. "Herr Blumfisch explodiert" (2003, 11 Min.); 5. "Hochbetrieb" (2001/02, 6 Min.); 6. "Meine Eltern" (2003, 18 Min.); 7. "Der Pilot" (2000, 6 Min.); 8. "Schlüsselkinder" (2002, 29 Min.); 9. "Tarzanse" (2003, 1 Min.) - Sehenswert ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Filmakademie Baden-Württemberg
Regie
Robert Kuczera · Ingo Rasper · Bernhard Haux · Mathias Schreck · Andreas Krein
Buch
Philipp Koblmiller · Ingo Rasper · Bernhard Haux · Marc Hotz · Mathias Schreck
Kamera
Marc Achenbach · Bernhard Haux · Felix Cramer · Pascal Schmit · David Schultz
Musik
Julian Pesek · Ariane Jähner · Jens Grötzschel · Stefan Ziethen · Gino Pecora
Schnitt
Robert Kuczera · Gerd Schneider · Marc Achenbach · Gabriel Pielke · Marc Hotz
Darsteller
Christel Peters · Klaus Herm · Thomas Gohlke · Frank Witter · Michael Benthin
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
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IMDb

Diskussion
Wer sich für den Kurzfilm interessiert und auf Kurzfilmfestivals zu Hause ist, weiß, dass die Filmakademie Baden-Württemberg eine „Brutstätte“ für den guten Kurzfilm ist. Unter dem Titel „Goldfisch Filmverleih“ hat sich dort im Studienfach Produktion unter Leitung des künstlerischen Direktors Arthur Hofer eine bundesweit einzigartige Initiative gegründet: Die Studenten des Faches Produktion und Verleih wollen mit ihrem Projekt „eine größere Zuschauerbandbreite“ erreichen, der Filmverleih „soll ein Ansporn für alle Studierenden sein, Filme zu entwickeln und zu drehen, mit dem Ausblick, kommerziell ausgewertet zu werden“. Ein verdienstvolles Unterfangen, dem viel Erfolg zu wünschen ist. „Kurz – Der Film“ kommt am 9. Dezember 2004 in Baden-Württemberg und bundesweit im Frühjahr 2005 in die Kinos. „Wir lieben uns heiß und innig und kiffen den ganzen Tag“, sagt Frau Schönfeld zum neuen Freund ihrer Tochter. Ihr ironischer Kommentar macht deutlich, wie schwer es für manche Eltern ist, den Wünschen ihrer Kinder gerecht zu werden. In „Meine Eltern“ von Neele Leana Vollmar vollzieht sich eine kuriose Metamorphose der Generationen, wenn aus dem Umstand, dass der Mann fürs Leben unbedingt die Eltern kennen lernen möchte. Da werden Notlügen aufgetischt, wird die eheliche Tristesse der spießigen Eltern mit viel Fantasie auf „cool“ getrimmt. Das alles vollzieht sich unter den Augen eines charmanten Nachbarn (Roger Willemsen), der den Blättern der Gartenhecke seine ganze Aufmerksamkeit schenkt. „Meine Eltern“ präsentiert eine für einen Kurzspielfilm bemerkenswert dichte Geschichte, deren Wirkung von den exzellenten Schauspielern (Teresa Harder, Barnaby Metschurat, Gustav Peter Wöler) und der mit Bildwitz und Sinn für Atmosphäre gestalteten Inszenierung getragen wird. Es sind, dem Kurzfilmformat entsprechend, nicht immer große Geschichten, aber sie sind großartig und mit viele Liebe ausgedacht, inszeniert und realisiert. Beispielsweise der 3D-Animationsfilm „Dragon Slayer“ von Robert Kuczera: Da hegt, in einer Zeit, in der Menschen sich noch mit Schwert und Schild bewaffneten, ein erfolgreicher Drachentöter Zweifel an seinem Beruf und zeigt menschliche Regungen. Die technisch geprägte Ästhetik des Genres kontrastiert hier mit den menschlichen Gesten und Emotionen der Protagonisten. Der Kontrast zwischen Natur und Technik spielt gleich in mehreren Filmen eine Rolle, so auch in Torben Meiers lakonischem Zeichentrickfilm „Tarzanse“, der in nur einer Minute den ganzen Filmmythos „Tarzan“ reflektiert und spielerisch-minimalistisch mit einem kinetischen Bewegungsspiel gleichsetzt. Ähnlich inspiriert vom Thema Bewegung ist Oliver Seiters „Der Pilot“, der sich mit der Rache und plötzlichen Freiheit eines virtuellen Squashball-Piloten beschäftigt. Der Pilot ist ein erfahrener Profi, der in seinem Cockpit sicher angeschnallt den schlagenden „Befehlen“ der Squash-Spieler Folge leistet – bis zu dem Punkt, an dem es zu einer Art Härtetest kommt. „Der Pilot“ wurde nicht zuletzt wegen seiner professionellen Machart, der visuellen Effekte und dem originellen Schluss immer wieder auf Festivals gezeigt, wo er das Publikum begeisterte. Geschichten erzählen, das ist die Leidenschaft aller Filmstudenten, um im Kurzfilm das Genre Spielfilm zu erproben. Wie man aus einem Zugabteil, vier Pfund Kaffee und vier zufällig zusammengewürfelten Menschen eine – zudem wahre – Geschichte erzählt, zeigt Ingo Rasper: „Dufte“ komprimiert die einstige Kaffee-Leidenschaft im real existierenden Sozialismus auf zehn Filmminuten. Auf einer Fahrt von Berlin nach Leipzig liegen die Nerven einer alten Dame blank, die auf Wunsch ihres Ehemanns ein Päckchen Westkaffee im Handgepäck hat. „Es riecht nach Kaffee“, stellt einer der Mitreisenden fest, „das ganze Abteil riecht nach Kaffee.“ Ähnlich wie „Meine Eltern“ überzeugt „Dufte“ durch knappe und präzise schauspielerische Gesten und lebt von den real existieren Spannungen, die Ostbürger für ihre Kaffeeleidenschaft in Kauf nahmen. Die Auswahl zeugt, ähnlich wie das Kurzfilmprogramm des Hamburger Kurzfilmverleihs „All in All“ (fd 36 773), von der Qualität des kurzen Genres. Allerdings orientiert sich „Kurz – Der Film“ explizit am Geschichtenerzählen und verzichtet konsequent aufs Experimentelle. Der Anspruch, den Kurzfilm abendfüllend ins Kino zu bringen, muss indes auch hier entschieden begrüßt werden. „Kurz – Der Film“ vereint erstklassige Filme, die unbedingt das Kinopublikum erreichten sollten.
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