Crimen Ferpecto

Komödie | Spanien 2004 | 103 Minuten

Regie: Alex de la Iglesia

Der Leiter der Damenmoden-Abteilung eines Kaufhauses in Madrid gefällt sich in der Rolle des zynischen Gewinnertypen und Frauenhelden. Als er einen Rivalen erschlägt, wird er für eine unscheinbare Verkäuferin, die Zeugin und Helferin wurde, erpressbar. Eine comicartig entwickelte Komödie, die mit lustvoll zelebrierten Klischees die bunte Scheinwelt des Konsums und ihre Jünger karikiert und Mittelstand- und Männerfantasien attackiert. Dabei bleibt dem Zuschauer mitunter das Lachen im Halse stecken. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
CRIMEN FERPECTO
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Sogecine/Planet Pic./Panico Films
Regie
Alex de la Iglesia
Buch
Jorge Guerricaechevarría · Alex de la Iglesia
Kamera
José L. Moreno
Musik
Roque Baños
Schnitt
Alejandro Lázaro
Darsteller
Guillermo Toledo (Rafael) · Mónica Cervera (Lourdes) · Luis Varela (Don Antonio) · Fernando Tejero (Alonso) · Kira Miró (Roxanne)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
e-m-s (1:2.35/16:9/Dolby Digital 5.1/dts)
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Diskussion
Ein gehetzt wirkender Mann steht an der Kasse der Video- und DVD-Abteilung eines großen spanischen Kaufhauses. Die junge Frau an der Kasse tippt den Namen des Titels in die Kasse: „Crimen ferpecto“ – ferpektes Verbrechen. „Crimen perfecto, muss das heißen“, zischt der Mann. „Aber der Preis stimmt doch?“, entgegnet die junge Frau kühl. Ihm wird endgültig bewusst, das sein Leben einen völlig falschen Weg genommen hat. Noch vor Monaten wähnte sich Rafael Gonzales auf der Sonnenseite des Lebens; ein Siegertyp, der sich von der Masse abhebt und nach dem Motto lebt: „Lieber tot als mittelmäßig.“ Er liebte die schönen Dinge des Lebens: Frauen, schicke Kleidung und schnelle Autos. „Man muss die Dinge nicht denken, man muss sie tun“, war seine Devise, und was er haben wollte, nahm er sich: ein zynischer Gewinnertyp, Sexist und Aufsteiger ohne Skrupel. Rafael führt in seine „perfekte Welt“ ein: das Kaufhaus Yeyos in Madrid, einen der großen spanischen Konsumtempel. Seine „Religion“ ist der Verkauf, und als Leiter der Damenmode-Abteilung ist er der Warenwelt so verbunden, dass er nach Ladenschluss wilde Liebesnächte mit stets anderen Verkäuferinnen feiert. Sein Feind Don Antonio ist der konservative und prinzipienstrenge Leiter der Herrenmoden-Abteilung. Beide kämpfen um den vakanten Posten des Etagenchefs. Den Ausschlag gibt dabei der Verkaufserfolg, und als Rafael verliert, stürzt er ins Bodenlose, wird degradiert, muss ausrangierte Schaufensterpuppen zum Verbrennungsofen in den Keller fahren und soll entlassen werden. In einer Umkleidekabine kommt es zur heftigen Auseinandersetzung mit Don Antonio, die für diesen tödlich endet. Doch die unattraktive und schüchterne Verkäuferin Lourdes hat den Totschlag beobachtet und macht unter dem Namen „Schutzengel“ ein Treffen mit ihm aus. Zwischen beiden entsteht eine seltsame Abhängigkeit; Lourdes hat immer von Rafael geträumt, jetzt wird sie zu seinem Schrecken seine Komplizin. Die gelernte Metzgerin hilft ihm, die Leiche im Keller zu zerlegen und zu verbrennen, als Gegenleistung und um ihr Schweigen zu erkaufen, muss er ihr Liebhaber werden. Rafael wird zwar Etagenchef, Lourdes aber zieht die Fäden – die attraktiven Verkäuferinnen werden durch unscheinbare ersetzt, und ohnmächtig muss der Verkaufsleiter erkennen, dass er sich zum vulgären Kleinbürger entwickelt – bis er in einem primitiven „Reality TV Programm“ Lourdes vor laufenden Kameras das Ja-Wort gibt. Der verwirrte Rafael spürt, dass ihn nur das perfekte Verbrechen retten kann. Aber der Showdown im brennenden Kaufhaus endet anders als erträumt – das perfekte Verbrechen gibt es nicht, und auch nicht das perfekte Leben, das sich Rafael erträumte. Alex de la Iglesia verbindet in seinen Filmen Elemente des Genrekinos, Versatzstücke von Thrill, Suspense und Action, mit der grotesken Überzeichnung des Alltäglichen, dem „esperpento“, und jenem typisch spanischen Humor, über sich selbst am herzlichsten zu lachen. Dieses Mal nimmt der Baske die Konsumgläubigkeit und die Auswüchse des schlechten Geschmacks einer Massenkultur aufs Korn, in der die großen Warenhäuser ein fast religiöses Zentrum für die Konsumbedürfnisse des Mittelstandes darstellen; eine heile Welt der fürsorglichen Verkaufsberatung und Sonderangebote. Dabei entstand eine Farce über die Träume und Albträume des spanischen Kleinbürgertums, Männerfantasien, den Glauben an ein Schönheitsideal und den Traum vom Aufstieg aus dem Mittelmaß. Der Humor speist sich aus der Vielfalt des schlechten Geschmacks, den de la Iglesia genüsslich vorführt. So funktioniert „Crimen ferpecto“ als bestechend eindimensionales, comicartiges Feuerwerk der Klischees, als Komödie über die bunte Scheinwelt des Konsums, die Künstlichkeit der Freizeitparks, die schlechten Fernsehprogramme, den Traum von billiger Eleganz. Dabei geht der Film über die spezifische Situation spanischer Kleinbürger hinaus und wird zur allgemein verständlichen Parodie der Warenästhetik, grotesk komisch, versehen mit Reminiszenzen ans klassische Genrekino. Erinnerungen an Hitchcock (besonders bei der Musik) werden wach, aber auch an billige Horrorfilme, etwa wenn Don Antonio als grünlicher Kadaver Rafael Ratschläge zum perfekten Verbrechen geben will, oder an Katastrophenfilme, wenn die Massen aus dem brennenden Kaufhaus stürmen. Eine Komödie, über die man nur mit einem Beigeschmack herzhaft lacht.
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