Playa del Futuro

Road Movie | Deutschland 2005 | 94 Minuten

Regie: Peter Lichtefeld

Der Wirt einer Kölner Vorstadtkneipe hat sich nach Spanien abgesetzt. Seine Geliebte und ein Jugendfreund, die er auf seinen Steuerschulden sitzen ließ, besinnen sich auf ihre einstigen Träume und wollen die Kneipe in ein edles Restaurant verwandeln, wozu der Wirt in Spanien gesucht wird, um an Geld zu kommen. Ein heiter-melancholisches Road Movie als Bildungs- und Entdeckungsreise, gemächlich inszeniert, voller spröder Poesie und skurriler Typen. Bisweilen zwar etwas zu kulissenhaft, nimmt der Film vor allem aber durch die stimmungsvollen Bilder und das hoffnungsfrohe Ende für sich ein. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Bosko Biati Film/Kinowelt
Regie
Peter Lichtefeld
Buch
Peter Lichtefeld · Dirk Drebelow
Kamera
Stefan Wachner
Musik
Christian Steyer
Schnitt
Bernd Euscher
Darsteller
Peter Lohmeyer (Jan) · Nina Petri (Angie) · Hilmi Sözer (Rudi) · Outi Mäenpää (Kati) · Miklos Königer (László)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f (DVD ab 12)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Road Movie
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Heimkino

Die Extras beinhalten vom Regisseur kommentiertes ein Feature mit acht im Film nicht verwendeten Szenen (13 Min.) sowie den Kurzfilm "Remember" (7 Min.), den die Produzenten des Hauptfilmes ebenfalls produziert haben. Die Freigabe der DVD bezieht sich auf das Bonusmaterial; der Film selbst ist o.A. freigegben.

Verleih DVD
Kinowelt/Arthaus (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Super-8-Aufnahmen zu Beginn zeigen ausgelassene junge Leute, herumalbernd, zügellos und, natürlich, unterwegs. Auf Reisen, irgendwohin, vor allem aber in eine glorreiche Zukunft. Daran jedenfalls zweifeln Jan, Rudi und Kati im Überschwang ihrer Jugend keine Sekunde. Sie sind zu etwas Großem bestimmt, Jan wird einmal Meisterkoch, und gemeinsam werden sie ein Gourmet-Restaurant führen. Das glaubten sie damals, als sie noch dachten, dass Jugendträume automatisch in Erfüllung gehen. Etwa 20 Jahre später sind sie klüger geworden, ernüchtert. Ihre Träume sind nicht zerplatzt, wurden aber von der Zeit abgetragen. Von den einstigen Plänen ist den drei Um-die-Vierzigern nur eine triste Eckkneipe in Köln-Mülheim geblieben, in der sie – erstaunlich genug – noch immer zusammen arbeiten. Längst jedoch hat ihnen das Alter Zügel angelegt. In wenigen und damit fast zwangsläufig leicht klischeehaften Bildern sowie mit Hilfe eines Off-Erzählers handelt Peter Lichtefeld die Exposition ab. Man erfährt noch, dass Rudi, dem die Kneipe gehört, mit Kati zusammen ist, für die auch Jan schon seit Jahren schwärmt – und dass Rudi sich Richtung Spanien aus dem Staub macht und Freundin samt Jugendfreund einfach sitzen lässt. Ein harter Bruch mit der Vergangenheit, doch zugleich auch eine Chance: Während Rudi einer neuen „Traumfrau“ hinterher jagt, besinnen sich Jan und Kati längst verloren geglaubter Träume. Aus der schmuddeligen Kneipe soll ein edles Restaurant werden. Als sie gemeinsam renovieren, verliebt sich Kati endlich in Jan. Der Film aber ist erst am Anfang und das Glück daher von kurzer Dauer. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die beiden ihr Restaurant eröffnen, erhalten sie Besuch vom Finanzamt. Rudi hat über Jahre keine Steuern bezahlt, ein gehöriger Schuldenberg hat sich angehäuft, und da nun die letzte Frist verstrichen ist, soll das Restaurant gepfändet werden. Verzweifelt handelt Jan einige Tage Aufschub aus und macht sich auf den Weg nach Spanien, um Rudi und das Geld aufzutreiben. Hier nun beginnt die eigentliche Geschichte. Ähnlich wie in Lichtefelds Debütfilm „Zugvögel... einmal nach Inari“ (fd 33 223) ist es die Geschichte einer Reise. Überhaupt sind die Parallelen zwischen beiden Filmen augenfällig: Hier wie da entwickelt sich der Aufbruch aus der Heimat zum Ausbruch aus einem gleichförmigen Alltag, wird der Auslandstrip zur Bildungs-, ja Erweckungsreise. Unterwegs finden die Reisenden zum Kern des Lebens zurück. Auch der Ausgangspunkt ist in beiden Filmen ähnlich. Es sind die bieder-deutschen, bierseligen, in trübes Braun getauchten Amts- und Wirtsstuben, die die Protagonisten hinter sich lassen. Ihre Fahrt in die Fremde gerät zur Horizonterweiterung, die Lichtefelds Aufnahmen fast wörtlich umsetzen. Breite, mächtige Panoramen eröffnen sich; weite, karge, dünnbesiedelte Ebenen tun sich auf, einst in Finnland, jetzt in Andalusien. Doch nicht nur der Raum dehnt sich, auch die Zeit wechselt ihren Rhythmus. Geduldige Einstellungen, ruhige, wortlose Sequenzen und ein gemächlicher, fast träger Schnitt ziehen sie bis zum Surrealen in die Länge. Zeit- und raumverlorene Parallelwelten, in die es einst Hannes und jetzt Jan verschlägt, Traumlandschaften bevölkert mit skurrilen Gestalten. Wie schon „Zugvögel“ folgt auch „Playa del Futuro“ den Spuren des finnischen Regisseurs Kaurismäki, dessen Fußstapfen sich aber noch als eine Nummer zu groß erweisen für Lichtefeld, dem sein zweiter Spielfilm wohl auch die Gelegenheit bot, der Produktionsroutine der RTL-Comedy-Serie „Die Camper“ zu entfliehen. Jan spürt nicht nur Rudi auf, der mitten in Andalusien millionenschwere Investoren für eine Hotelanlage sucht, wozu er eine Wasserquelle erfunden hat, die er von einem künstlich angelegten unterirdischen See aus speist, sondern er begegnet auch anderen von der Lebenssehnsucht Getriebenen, etwa der Deutschen Angie, die am abgelegenen Bahnhof ein Restaurant übernimmt, ohne zu wissen, dass der Zugverkehr dort eingestellt wurde. Immer wieder gelingt es dem Regisseur, die Glückssuche seiner Protagonisten in stimmungsvollen, schönen Bildern festzuhalten. Lakonisch reiht er treffende Szenen aneinander, die als Ganzes nur bedingt funktionieren. So entsteht kein Film, der einen zwingt und nicht loslässt. Auch gerät das, was surreal, absurd erscheinen soll, bisweilen eher kulissenhaft. Manches wirkt, als hätte es Lichtefeld nicht dem Leben, sondern anderen Filmen abgeschaut: Erfahrungen aus zweiter Hand, die sich als ursprünglich geben. Und doch lohnt es sich, Lichtefelds bewährtes Darstellerteam auf der heiter melancholischen Reise voll spröder Poesie zu begleiten, die am Ende versöhnlich und hoffnungsfroh stimmt.
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