Science-Fiction | Japan 2004 | 105 Minuten

Regie: Shinji Aramaki

Eine Superkämpferin willigt in eine gefährliche Mission ein, die es Klonen ermöglichen soll, sich wie Menschen fortzupflanzen - andernfalls würde die postapokalyptische Gesellschaft aus dem Gleichgewicht geraten und umstürzlerischen Kräften neue Macht verleihen. Mit modernster Computer-Animation eindrücklich umgesetzte Kinoversion eines gleichnamigen Zeichentrick-Videos, die zwar nicht mehr über die Ambivalenz des Originals verfügt, dennoch wichtige Fragen nach einer "erstrebenswerten" Zukunft stellt und dabei auf hohem Niveau unterhält. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
APPURUSHÎDO | APPLESEED
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Micott & Basara Inc./Geneon Entertainment/Yamato
Regie
Shinji Aramaki
Buch
Handa Haruka · Tsutomu Kamishiro
Musik
Paul Oakenfold · T. Raumschmiere · Ryûichi Sakamoto
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Science-Fiction | Animation
Externe Links
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Heimkino

Die Extras der Standard Edition umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs und des Produzenten Fumohiko Sori. Die Special Edition (2 DVDs) enthält zudem u.a. eine sehr aufschlussreiche Dokumentation zum Film (37 Min.).

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 jap./dt.)
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Diskussion
Weltkriegsszenarien sind ein beliebtes Motiv in japanischen Animes. Immer wieder geht es um die Frage, wie eine Gesellschaft aussehen wird, nachdem die Menschheit sich ein weiteres Mal mit atomaren Waffen bekämpft hat? In dem animierten Video „Appleseed – Kampf um die Welt“ (fd 34 356) bewegt sich das Leben in völlig neuen Bahnen. Aus den Kriegen ist nämlich kein Sieger hervorgegangen; die wenigen Überlebenden haben sich auf eine Zentralregierung geeinigt und leben in inselähnlichen Enklaven voller Harmonie, umgeben vom Chaos dessen, was einmal ihre alte Welt war. Diese Ausgangskonstellation nimmt nun auch das Kinopendant der Videoproduktion aus dem Jahr 1988 zum Anlass, um die alte Geschichte mit den technischen Mitteln des 21. Jahrhunderts noch einmal neu zu erzählen. Seit Monaten kämpft die Agentin Deunan ohne Kontakt zu ihrer Kommandozentrale in den Stadtruinen der Wastelands gegen einen inzwischen nur noch imaginären Gegner. Denn noch weiß die Superkämpferin nicht, dass der Friedensvertrag bereits unterzeichnet ist und die Menschheit nun von einem Universalrat geleitet wird, der aus dem mütterlichen Megacomputer Gaia und sieben greisen Weisen besteht. Eine Eliteeinheit findet Deunan schließlich und bringt sie nach Olympus, der Inselhauptstadt und dem Sitz der neuen Weltregierung. Ein elitärer Teil der Nachkriegsgesellschaft lebt dort in perfekter Harmonie. Diese besteht zur Hälfte aus Menschen und zur anderen aus Bioroiden, genetisch ihren Schöpfern angeglichenen Computerklone, die durch ihre friedliche, ganz auf Harmonie bedachte Art jeden Konflikt zwischen den Menschen schon im Keim ersticken und somit den ewigen Frieden fördern sollen. Die noch gänzlich verstörte Deunan wird von dem weiblichen Bioroid Hitomi und von Briareos Hecatonchires, ihrem besten Freund und Kampfgefährten, begrüßt, der seit seinem letzten Einsatz nur noch als Cyborg existieren kann. Beide fungieren als Gesandte der Regierung, die Deunan gerne als Expertin für eine Sondereinheit gewinnen will. Die ist für die Sicherheit der Stadt zuständig und braucht dringend erfahrene Kämpfer, um die Angriffe von Rebellen abzuwehren, die die Co-Existenz zwischen Bioroiden und Menschen bedrohen. Deunan ist zudem ein prominentes Mitglied der Gesellschaft, denn ihr verstorbener Vater hat maßgeblich zur Entwicklung der Bioroiden beigetragen, sie mit genetischem Material versehen, aber auch dafür gesorgt, dass sie sich nicht fortpflanzen können. Als bei einem Anschlag deren gesamtes Reproduktionsmaterial zerstört wird, steht die Existenz der noch jungen Gesellschaft plötzlich auf dem Spiel. Deshalb willigt Deunan in eine gefährliche Mission ein, bei der das bislang verloren geglaubte „Appleseed“-Gen gefunden werden soll, das den Bioroiden ermöglichen würde, eigene Kinder zu bekommen. Diese Mission führt zu einer Reihe von unangenehmen Erkenntnissen: Nicht nur, dass die wirklichen Feinde in der Regierung zu finden sind, sondern auch, dass Deunan selbst ein Geheimnis in sich birgt. Bestach die Videoproduktion noch durch die Ambivalenz ihrer Gesellschaft aus Kunstwesen und Menschen, so ist die Kinoversion nun von einer Utopie beseelt, in der nur eine „hybride“ Form des Zusammenlebens erfolgsversprechend ist, weil die Menschen zur Einsicht gelangt sind, unter Ihresgleichen niemals friedlich leben zu können. Das ist zwar mit Blick auf multikulturelle Gesellschaften eine durchaus bedenkenswerte Fantasie, untergräbt aber gerade die Problematik des Mensch-Maschine-Themas, das jetzt vollständig entdramatisiert ist, weil die Maschinen eindeutig als bessere Menschen definiert sind. Während das animierte Video noch ganz der 2D-Animation verhaftet war, präsentiert sich die Kinoversion im atemberaubenden, mitunter allerdings auch ein wenig aseptisch wirkenden Hochglanz eines vollständig computergenerierten Mixes aus 2D- und 3D-Animation. Die plastischen Raumbilder wirken dabei derart übermächtig, dass die zweidimensionalen Sequenzen dagegen fast lieblos animiert erscheinen und sich nicht so recht ins formale Konzept einfügen wollen. Der Vorgänger erscheint deshalb, trotz aller altersbedingten „Rückständigkeit“, doch als die interessantere Zukunftsprojektion. Bei aller Kritik im Detail lässt sich jedoch nicht übersehen, dass der ebenso actionreiche wie nachdenkliche Plot von „Appleseed“ das Niveau vieler realistischer Science-Fiction-Filme um ein Vielfaches übersteigt.
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