Dokumentarfilm | Deutschland 2005 | 92 Minuten

Regie: Volker Koepp

Bilder aus der ehemals deutschen Ostprovinz Pommern, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs fester Bestandteil des polnischen Staates ist. Der dokumentarische Film stellt Menschen vor, denen das Land längst zur Heimat geworden ist, die Traditionen und kulturelles Erbe zwar bewahren wollen, dabei aber keinen Zweifel an ihren eigenen Wurzeln aufkommen lassen. Ein stilles Plädoyer für die Ost-Erweiterung der EU, dessen Blick in eine gemeinsame Zukunft gerichtet ist. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Vineta Film/SWR
Regie
Volker Koepp
Buch
Volker Koepp
Kamera
Thomas Plenert
Musik
Rainer Böhm
Schnitt
Gudrun Steinbrück
Länge
92 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Bilder einer Landschaft. Zwei Drittel des Bildes füllt ein wolkenverhangener Frühsommerhimmel, darunter breitet sich eine scheinbar naturbelassene Landschaft aus. Die nächste Einstellung zeigt eine Allee, nach einem kurzen Schwenk über einen Friedhof verharrt die Kamera auf einem Gebäude. Bilder aus der deutschen Provinz? Der Schein trügt. Volker Koepps neuer Dokumentarfilm führt nach Pommern, die fröhlichen Kinder, die jetzt ins Bild kommen, sprechen ausnahmslos polnisch. Bereits in den ersten Minuten hat Koepp die Essenz seines Filmes klar umrissen: Die ehemals deutsche Provinz Pommern ist seit 1945 fester Bestandteil des polnischen Staates, dessen Hoheitsgebiet im Laufe einer leidvollen Geschichte immer wieder durch machthungrige Anrainer zerstückelt wurde, bis man nun nach dem EU-Beitritt selbstbewusst in die eigene Zukunft blicken kann. Daran ändern auch die Erinnerungen ehemaliger deutscher Landbesitzer nichts, die sich – sehr moderat – die Gutsbesitzer- und Junker-Vergangenheit ins Gedächtnis rufen, auch nicht das Abwägen des ehemaligen Wohlstandes gegen die augenscheinliche Verarmung eines Landstriches, der nach der Privatisierung der ehemals staatlichen Güter mit einem Erwerbslosenanteil von 75 Prozent zu kämpfen hat. Koepps Film beschönigt diese Fakten nicht, doch er zeigt Menschen, die sich dieser Herausforderung stellen und ihr Schicksal in die Hand nehmen. Die Mitglieder privater Genossenschaften etwa, die sich mehr schlecht als recht durchschlagen, oder die junge Familie Bastosiewicz, die einen alten Gutsbesitz wieder aufbaut. Die Bastosiewiczs sind es auch, die das Spannungsfeld des Films bilden. Ihre vorwärts gerichteten Gedanken werden mit denen des 90-jährigen Adolf-Heinrich von Armin aus der Uckermark konfrontiert, der nicht müde wird, in Jugenderinnerungen zu schwelgen, und die Stammbäume ehemaliger Gutsbesitzer Revue passieren lässt. Dabei treibt von Armin jedoch nicht Revisionismus um; der alte Mann scheint vielmehr einzig von nostalgischen Überlegungen beseelt. Wenn es Koepp mit dem Deutschtum zu viel zu werden scheint, greift er auf ein ebenso einfaches wie probates Mittel zurück. Er zeigt junge Mütter, Kinder, Menschen, die sich in Pommern eingerichtet haben, und die keinen Zweifel daran lassen, dass dies ihre Heimat ist. Ein kluger Film des 61-jährigen Dokumentaristen Volker Koepp, der es sich wie kaum ein Zweiter zur Aufgabe gemacht hat, den Heimatbegriff auszuloten. Wobei Heimat im Koeppschen Sinne den Lebensraum meint, mit dem man sich auseinander setzen muss. Das belegt seine fünfteilige „Wittstock“-Dokumentation ebenso wie die Beschreibung der „Wismut“ (fd 31088) oder seine Auseinandersetzung mit der brandenburgischen „Uckermark“ (fd 35715), die auch nach der Wende weiterhin im Dornröschenschlaf vor sich hin dämmert. Koepp hält auch in „Pommerland“ mit seiner eigenen Meinung scheinbar hinter dem Berg, stellt nur knappe Fragen und überlässt seinen Protagonisten das Feld, damit sie ihre Gedanken entfalten können. Worte und Bilder gehen dabei aber eine Symbiose ein, die weit beredter ist als alle wohlfeilen Absichtserklärungen. Dass er mit dieser subtilen Methode mitunter erhellender operiert als andere Filmemacher, die insistierend ihr Ziel im Auge behalten, ist eines seiner großen Verdienste. Koepp nimmt den Zuschauer zwar auch bei der Hand und lenkt dessen Aufmerksamkeit, untersagt sich jedoch jeden schulmeisterlichen Ton. Auch in „Pommerland“ stellt er dieses Gespür für Situationen unter Beweis: Wenn eine Szene ausgereizt ist, begibt sich die Kamera auf eine kurze Reise durch eine der malerischen Alleen. Aus denen werden nun Straßen, die Szenerien trennen, Menschen aber verbinden. „Pommerland“ ist ein stilles, aber doch beredtes Plädoyer für die Osterweiterung der EU, dessen Fokus in die Zukunft gerichtet ist, ohne dass dem andenkenden Rückblick die Berechtigung abgesprochen würde.
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