- | Niederlande/Deutschland/Großbritannien 2005 | 96 Minuten

Regie: Willem van de Sande Bakhuyzen

Ein elternlos aufwachsender Junge wird in einem Kaufhaus eingeschlossen und trifft dort auf eine Ausreißerin, die hier heimlich ihre Zelte aufgeschlagen hat. Gemeinsam mit ihr widersetzt er sich den Nachstellungen seiner raffgierigen Großmutter und seines selbstsüchtigen Lehrers. Wunderbar zwischen surrealem Märchen und existenziellen Problemen von Kindern balancierender Film, der auch schauspielerisch und gestalterisch überzeugt. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
SPOON
Produktionsland
Niederlande/Deutschland/Großbritannien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Egoli Tossell/Lemming Film/Zahpyr Films
Regie
Willem van de Sande Bakhuyzen
Buch
Mieke de Jong
Kamera
Guido van Gennep
Musik
Robert Lockhart
Schnitt
Wouter Jansen
Darsteller
Joep Truijen (Lepel) · Loes Luca (Oma Koppenol) · Carice van Houten (Chefin Broer) · Barry Atsma (Verkäufer Max) · Neeltje de Vree (Pleun)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Starmedia (1:2.35/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Kinderfilme entwickeln sich auch in Deutschland langsam zu einer ernstzunehmenden Größe im Kinoangebot. Das führt allerdings einmal mehr vor Augen, wie weit uns die meisten Nachbarländer hier voraus sind. Während beispielsweise Christian Züberts „Der Schatz des weißen Falken“ (Kritik in dieser Ausgabe) eher konventionell und sichtbar unterfinanziert daherkommt, macht der niederländische Film „Lepel“ aus seiner finanziellen Not eine Tugend, indem sich das überbordende Drehbuch und die Inszenierung mit viel Fantasie darauf einstellen. Das führte allerdings zur kuriosen Entscheidung, die in Holland spielende Geschichte in Ostdeutschland zu drehen, was „Lepel“ einen zeitlos-märchenhaften Charakter verleiht. Die auf den ersten Blick eher rührselige Familiengeschichte verwandelt sich so immer mehr zu einer surrealen Angelegenheit, in der neonfarbene Trabis durch menschenleere Straßen fahren. Der siebenjährige Lepel, aus dem durch eine dämliche Synchronisation „Löffel“ wird, wohnt bei seiner Großmutter Koppenol, da seine Eltern mit einem Ballon die Welt umrunden wollen. Die Großmutter hält ihn wie ein männliches Aschenputtel in ihrem Kurzwarengeschäft, wo Lepel tagaus, tagein jene Knöpfe sortieren muss, die sie im Kaufhaus von den Kleidern abtrennt. Bei einer dieser seltsamen „Einkaufstouren“ wird Lepel aus Versehen im Kaufhaus eingeschlossen und lernt ein Mädchen namens Pleun kennen, die von zu Hause ausgerissen ist. Der schüchterne Verkäufer Max, der unsterblich in seine charmante Chefin Broer verliebt ist, schützt die beiden Kinder vor den Nachstellungen von Koppenol und Lepels Lehrer Bijts, der das mathematische Genie des Jungen für seine eigene Profilierung nutzen will. Als Max herausfindet, dass Koppenol gar nicht Lepels Großmutter ist und seine Eltern schon vor langer Zeit tödlich verunglückt sind, verspricht er, für ihn eine neue Mutter zu finden. Auch Pleun hat eine Idee: zusammen mit Lepel versucht sie, Max und Broer zu verkuppeln. Doch die charmante Frau ist mehr an Auto-Ralleys als am Familienleben interessiert – weshalb Max die Mutterrolle übernehmen muss; mit Aussichten auf ein Happy End für alle Vier. Mike de Jong und Willem van de Sande Bakhuyzen balancieren geschickt zwischen makabren Märchenanklängen, Kinderträumen und jenem surrealem Humor, der das niederländische Kino immer schon ausgezeichnet hat. Zugleich spielen sie wunderbar mit Rollenklischees, lassen die stets adrett gekleidete Karrierefrau jeden Abend in einen völlig verdreckten Geländewagen steigen, mit dem sie dann zu ihrem Wohnwagen auf der grünen Wiese fährt. Alle Frauen, die Max zur „Adoption“ antanzen lässt, entpuppen sich im Vergleich zu ihm als deutlich weniger mütterlich. Vielleicht sind die raffgierige Großmutter und der eigennützige Lehrer ein wenig zu holzschnittartig gezeichnet, um wirklich Profil zu gewinnen – aber das nie gekünstelte Spiel der beiden kleinen Hauptdarsteller macht dies locker wett. Mit spielerischer Leichtigkeit bringen sie eine geradezu philosophische Tiefe ein, die am Rande über kindliche Bedürfnisse nachdenken lässt. Und wenn man den Blick einmal von den großartigen Darstellern, Joep Trujen und Lena Bril sowie der an die junge Sophie Marceau erinnernden Carice van Houten abwendet, gibt es im Hintergrund der wunderbar kadrierten CinemaScope-Bilder immer etwas zu entdecken, was die Fantasie beflügelt, die von Robert Lockharts einschmeichelnden Melodien auf eine wundersame Reise geschickt wird.
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