Masked and Anonymous

Drama | USA/Großbritannien 2003 | 102 Minuten

Regie: Larry Charles

In einem von Katastrophen und Unruhen erschütterten Amerika will ein Promoter ein Benefiz-Konzert auf die Beine stellen, um die Massen bei Laune zu halten und sich zugleich die Taschen zu füllen. Nur eine abgehalfterte Pop-Legende sagt seine Teilnahme zu, hat aber zuviel mit sich und seiner Vergangenheit zu tun, um ein großes Konzert ernstlich in Erwägung zu ziehen. Rätselhafter Film, in dem der Sänger Bob Dylan ein resigniertes Resümee zieht und angesichts der allgemeinen Verlogenheit alle Werte und Überzeugungen in Frage stellt. Der unfertig wirkende, teilweise absurde Film bezieht einen Teil seiner Wirkung aus den neu arrangierten Liedern Dylans sowie Gastauftritten vieler mitunter bis zur Unkenntlichkeit verkleideten Stars. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MASKED AND ANONYMOUS
Produktionsland
USA/Großbritannien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Destiny/Grey Water Park/Intermedia/Marching Band/Spitfire/BBC
Regie
Larry Charles
Buch
Sergei Petrov · Rene Fontaine
Kamera
Rogier Stoffers
Musik
Bob Dylan
Schnitt
Luis Alvarez y Alvarez · Pietro Scalia · Nicholas C. Smith
Darsteller
Bob Dylan (Jack Fate) · Jeff Bridges (Tom Friend) · Penélope Cruz (Pagan Lee) · John Goodman (Uncle Sweetheart) · Jessica Lange (Nina Veronica)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
M.I.B. (1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Katastrophen, Unruhen und Bürgerkrieg haben die USA erschüttert. Südkalifornien sieht aus wie Nord-Mexiko, die Menschen kampieren auf der Straße, Rebellentruppen kontrollieren das Land, die Innenstätte sind überwachte Sicherheitszonen. Während der Präsident dem Tod entgegen siecht, bereitet der Konzertagent Sweetheart mit seiner Gehilfin Nina, die sich mehr und mehr als die treibende Kraft herausstellt, ein Benefizkonzert für das darbende Land vor: Brot und Spiele. Doch in Wirklichkeit geht es nicht um die Menschen, sondern darum, noch einmal die eigene Kasse zu füllen. Doch keine der angesprochenen Super-Gruppen ist bereit, für die Massen aufzuspielen. In der Not erinnert man sich an die Pop-Legende Jack Fate, der irgendwo, aus irgendwelchen Gründen auch immer, im Gefängnis schmort. Fate, Sohn des sterbenden Präsidenten, wird kurzerhand entlassen, registriert den desolaten Zustand der Gesellschaft, gegen den das Leben im Knast ein Honigschlecken war, fügt sich in sein Schicksal, trifft auf die Mitglieder seiner zukünftigen Band und arrangiert sich scheinbar. Doch der Ekel bleibt. Verlogenheit und Geschäftemacherei dominieren alle Lebensbereiche, die Aussöhnung mit dem Vater hat den Beigeschmack einer letzten unerbittlichen Konfrontation. Dann ist da noch der Reporter Tom Friend, der längst den Glauben an die Wahrheit verloren hat und sich in der Hoffnung auf eine Story durchs Leben säuft. Fate wird das Konzert nicht geben, und dass überhaupt am Leben bleibt, verdankt er dem ehemaligen Weggefährten Bobby Cupid, der Friend im Augenblick größter Gefahr mit der Gitarre einer anderen verehrten Pop-Legende niederstreckt. Der Rest ist Resignation und Schweigen, in diesem Fall eine sehr traurige Version von „Blowing in the Wind“, nun das Lied eines Menschen, der sich an seine Illusionen festklammert. Nach einem Buch von Bob Dylan entstand ein enigmatischer, höchst melancholischer Film, ein Abgesang auf fast alles: Staat, Recht, gesellschaftliche Konventionen, Freundschaften, Kultur, Hoffnung. Dabei hat Dylan sich sehr selbstbewusst die charismatische Hauptfigur auf den Leib geschrieben: ein Mensch, der schon immer gewusst hat, was die Entwicklung bringen wird, der sein Leben dafür aufgebraucht hat, diesen Prozessen entgegenzusteuern, und der nun des Kämpfens müde geworden ist. Da ist nichts mehr zu retten. Vielleicht hilft manchmal Cupido, doch auch Liebesakte haben in einer solchen Welt etwas Gewalttätiges. Die absurde tragische Komödie in Form eines Antifilms wird sich vielleicht nur Dylan-Fans erschließen. Der Score besteht aus einer Ansammlung von Dylan-Songs, meist aus der Zeit nach 1970, als er erneut aufbrach, sich und seinen Weg zu suchen. Doch auch sie bleiben häufig, so wie die Vielzahl der hochkarätigen Schauspieler „masked and anonymous“, unerkannt. Niemand wird Ed Harris in der Rolle des schwarz geschminkten Jazz-Sängers erkennen oder Mickey Rourke als karrieresüchtigen Präsidentschaftskandidaten entdecken; auch Val Kilmer als eine Art Tierschützer verfügt über eine nahezu perfekte Tarnung. „Masked and Anonymous“ auch die vielen, oft neu eingespielten und arrangierten Songs, deren Verfremdung auf die Spitze getrieben wird, wenn Dylan-Lieder auf Japanisch zum Besten gegeben werden oder „Like a Rolling Stone“ auf Italienisch erklingt. Hier wird klar, dass sich jemand hinter seinem Ruhm verstecken will und ihn gleichzeitig zur Selbstdarstellung nutzt. Wenn dieser jemand Bob Dylan heißt, dann verzeiht man ihm solche Eitelkeiten gern und ist auch mit einem halbfertigen Film zufrieden, der immer wieder überwältige Bildkompositionen bietet, die an sorgsam arrangierte Gemälde erinnern. Die eigentliche Geschichte indes bleibt schleierhaft und ergibt sich erst im Zusammenspiel von Film, Musik und persönlicher Erinnerung. Ein Baukasten als Grundlage für eine Vielzahl möglicher Filme.
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