Komödie | Burkina Faso/Frankreich 2004 | 85 Minuten

Regie: Dani Kouyaté

Afrikanisches Feel-Good-Movie über das Treiben einer jugendlichen Straßengang in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, die mit ihren Versuchen, an Geld zu kommen, letztlich das Wohl ihres ganzen Wohnviertels im Blick hat. Ein weitgehend realitätsferner Film, der die Probleme seines Herkunftslandes nur am Rande thematisiert und ihnen einen folkloristisch goutierbaren Anstrich verleiht. Dies signalisiert zwar postkoloniales Selbstbewusstsein und den Traum einer afrikanischen Identität, hat mit der Wirklichkeit im Lande jedoch wenig zu tun. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
OUAGA SAGA
Produktionsland
Burkina Faso/Frankreich
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
PM Audiovisuel/Sahélis Prod.
Regie
Dani Kouyaté
Buch
Michel Mifsud · Jean-Denis Berenbaum
Kamera
Jean-Claude Schifrine
Musik
Moctar Samba
Schnitt
Jean-Daniel Fernandez-Qundez
Darsteller
Amidou Bonsa (Bourémah) · Sébastien Bélem (Bouba) · Aguibou Sanou (Moussa) · Thomas Ouédraogo (Kadou) · José Sorgho (Cyrille)
Länge
85 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Diskussion
Die Straße ist Treffpunkt und Wohnzimmer, die Clique bietet familiäre Nähe, das Kino ist der wichtigste Fluchtpunkt. Sie leben von kleinen Diebstählen und Gaunereien, sie sind in der Regel „gut drauf“, scheinen ihre Zeit zu genießen und haben die Musik im Blut: Die Rede ist von Kindern und Jugendlichen in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, eines des ärmsten Länder der Erde, gezeichnet durch hohe Kindersterblichkeit und geringe Lebenserwartung. All dies findet keine Erwähnung in Dani Kouyatés Gaunerkomödie „Ouaga Saga“, fließt bestenfalls spielerisch mit ein – en passent sozusagen, um den beschwingten Ton der Schelmengeschichte nicht zu belasten. Erzählt wird von Shériff, von dem besonnen Bourémah und dem fußballbegeisterten Pelé und ihrer Jugendclique, die sich scheinbar schwerelos mit gelegentlichen Munddiebstählen durchs Leben tragen und treiben lassen und denen es gelingt, unter den Augen der Polizei ein Moped zu stehlen, das der Grundstein zum großen Glück werden wird. Zwar versucht ein erwachsener Neider die Kinder zu denunzieren, doch dem kann ebenso das Handwerk gelegt werden wie der Polizei, die zwischenzeitlich festgenommene „Bandenmitglieder“ wieder auf freien Fuß setzt, als eine geballte Ladung Mütter ihren Zorn und eine von ihnen ihren Charme spielen lassen. Zu beweisen gäbe es sowieso nichts, denn das Geld, das beim Verkauf des Mopeds erzielt wurde, ist spurlos verschwunden. Nicht etwa von Bourémah geklaut, wie kurzzeitig angenommen wird, sondern von ihm gut und gewinnbringend angelegt – auf Pferdewetten im fernen Paris. Zwar bringt erst das letzte Los den entscheidenden Gewinn, da kann auch die schwarze Magie eines Zauberers wenig helfen, doch dann fließen 50 Millionen Francs ins Viertel, eine Summe, die allen zu Gute kommt. Es wird renoviert, verschönert und herausgeputzt, die Cheerleaders bekommen ihre Kostüme, ein Fußballstadion entsteht und Pelé kommt zu seinem entscheidenden Fußballturnier – Ende gut, alles gut. Es geht Kouyaté gar nicht um eine realistische Schilderung der Um- und Zustände in seiner Heimat, sondern um ein idealtypisches Afrikabild; er zeigt, wie es sein könnte, wenn es nicht ganz anders wäre: Wenn Bildung und Jobs vorhanden wären, wenn die Väter sich nicht andauernd aus dem Staub machen würden, wenn die Mütter wirklich das Sagen hätten, wenn die Kinder und Jugendlichen wirklich unbeschwert spielen und tanzen könnten. Sein buntes, sehr musikalisches und sympathisch-naives Kino ohne wirkliche Elendsquartiere bietet Zuflucht zu einem afrikanischen Traum und feiert das „Système D“ (D wie débrouille = schlag dich durch), appelliert an die Lebenslust und lässt die Hauptstadt Ouagadougou im Glanz eines Basars erstrahlen. Das mag für westliche Augen gewöhnungsbedürftig bis eskapistisch erscheinen, macht im Entstehungsland der „Ouaga Saga“ und auf dem afrikanischen Kontinent jedoch durchaus Sinn: Kino als Traum vom besseren, anderen Leben, wer nutzt diese Fluchtmöglichkeit nicht gerne? Außerdem spiegelt und vermittelt eine solche Haltung Selbstbewusstsein, will Mut machen. Ähnlich angelegt war auch Kouyatés vorletzter Film „Sia – le rêve du Python“ (2001), der in Form einer opulent ausgestatteten Legende an Mythen und Traditionen aus Burkina Faso erinnerte, zugleich aber durch die Metapher der Jungfrauen verschlingenden Schlange Unterdrückung, Ausbeutung und Willkür anprangerte. So ähnlich funktioniert auch „Ouaga Saga“, die den Zusammenhalt des Volkes beschwört und als Kapital für die Zukunft feiert. Das klingt ein wenig wie das Pfeifen im dunklen Keller, doch nur lebendige Menschen machen Geräusche.
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