Paradise Girls

Drama | Niederlande/Deutschland 2004 | 101 Minuten

Regie: Fow Pyng Hu

Drei junge asiatische Frauen müssen, ihrer gewohnten Lebensumwelt entfremdet, ihre Beziehungen zu geliebten Menschen - Freund, Vater, Sohn - neu definieren und sich mit Verlusten und Ängsten arrangieren. Am Ende verschlägt es sie auf eine paradiesische Urlaubsinsel, wo sie wieder zu sich kommen. Der wohltuend klar strukturierte Episodenfilm konfrontiert sich ganz auf die drei ausdrucksstarken Porträts der überzeugend gespielten Frauen. Dabei werden kulturelle Unterschiede und die vermeintliche Kluft zwischen Unabhängigkeit und Verantwortung thematisiert. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PARADISE GIRLS
Produktionsland
Niederlande/Deutschland
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Motel Films/Pandora Filmprod.
Regie
Fow Pyng Hu
Buch
Fow Pyng Hu
Kamera
Benito Strangio
Musik
Mick Witkamp
Schnitt
Menno Boerema
Darsteller
Kei Katayama (Miki) · Eveline Wu (Pei Pei) · Jo Kuk (Shirley) · Guido Pollemans (Benny)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama
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Diskussion
"Paradise Girls“ von Fow Pyng Hu ist ein stiller Film. Er nähert sich der Lebenswelt seiner Figuren vorsichtig an, begleitet sie eine Weile und löst sich dann wieder von ihnen. Ausgangs- und Endpunkt ist eine idyllische Tropeninsel, ein „Urlaubsparadies“ wie aus dem Katalog, mit hübschen kleinen Bungalows, weißem Strand und Palmen. Auf diese Insel verschlägt es die drei titelgebenden Mädchen. Alle drei sind jung, leben in Großstädten und sind asiatischer Abstammung, haben aber unterschiedliche kulturelle und familiäre Hintergründe und verschiedene Motive für ihren Aufenthalt im „Paradies“. In drei längeren Episoden entrollt der Filmemacher nacheinander diese Hintergründe und entfaltet dabei ein einfühlsames Porträt seiner Protagonistinnen. Miki, die Heldin der ersten Episode, ist Japanerin. Zu Beginn lernt man sie in Tokyo als „hippe“, selbstbewusste und doch verspielte Kindfrau kennen, die mit ihrem holländischen Freund eine Beziehung führt, in der sie zu dominieren und auf ihre Unabhängigkeit zu pochen scheint. Als der Holländer jedoch nach Amsterdam zurückkehrt, folgt ihm Miki kurzentschlossen. Doch das Wiedersehen verläuft weniger herzlich und liebevoll, als sie es sich erhofft hatte. Die zweite Episode des Films zeigt Pei Pei, die in einer holländischen Kleinstadt im Imbiss ihres Vaters arbeitet. Dieser hat trotz langer Jahre in Holland China nicht vergessen und bewegt sich auch in der Fremde vor allem im Kreis anderer chinesischer Emigranten; sein einziger Kontakt zu dem noch immer fremden Holland ist die Tochter, die dort aufgewachsen ist. Pei Pei scheint die Balance zwischen den Kulturen recht souverän zu halten, bis ihr Vater eines Tages ankündigt, er wolle noch einmal heiraten, in die Heimat zurückkehren und Pei Pei alleine in Holland lassen. Die dritte Protagonistin ist das Model Shirley. Sie lebt als „Single Mom“ mit ihrem kleinen Sohn in Hongkong; die Doppelbelastung durch ihren zeitraubenden Beruf und die Mutterrolle kann sie nur schwer bewältigen, ohne dass das Kind zu kurz kommt. Doch dann wird bei dem Jungen ein schwerer Herzfehler entdeckt, der eine baldige Operation erfordert. Um Geld für den teuren Eingriff aufzubringen, fährt Shirley aufs Land, um bei einem Bekannten Geld zu leihen. Die Geschichten sind alltägliche Dramen, die darauf gründen, dass sich die Figuren zwischen unterschiedlichen Welten zurechtfinden müssen: zwischen fremden Kulturen, zwischen Unabhängigkeit und Verbindlichkeit bzw. Verantwortung, zwischen Tradition und Moderne. Dabei scheinen die Kontraste von Episode zu Episode drastischer zu werden; ironischerweise kumulieren sie ausgerechnet in Shirleys Geschichte, wo zwar keine räumliche Distanz heraufbeschworen wird, aber Shirleys Alltag als Model in der schick-urbanen Medienwelt Hongkongs Lichtjahre entfernt ist von ihrem Dasein als Mutter eines verspielten Kindes in einer einfachen Mietwohnung oder gar von dem ländlichen Anwesen, wo sie das Geld für die Operation schließlich bekommt. Alle drei „Paradise Girls“ geraten durch ihre Beziehungen zu geliebten Menschen – zum Freund, zum Vater, zum Sohn – an einen Wendepunkt ihres Lebens, der die fragile Balance ihres Daseins aus dem Gleichgewicht zu bringen droht und sie zwingt, ihr Leben neu zu justieren. Wohltuend ist die Klarheit, Unaufgeregtheit und Zurückhaltung, mit der der Regisseur seine Frauenporträts entfaltet: Da gibt es keine kunstvollen Verschachtelungen in der Montage der drei Schicksale, keine Kamerakunststücke oder brillanten Dialoge, sondern nur zurückhaltend eingesetzte Symbole und vor allem die Nähe zu den Figuren, die von den drei Hauptdarstellerinnen eindringlich verkörpert werden. Fow Pyng Hus Vertrauen in seine Geschichte und seine Darstellerinnen zahlt sich aus: Die starken Momente des Films – von denen es zahlreiche gibt – sind jene, wenn die Kamera ganz ruhig auf die Frauen fokussiert und es ihren Gesichtern und Gesten überlässt, die inneren Konflikte nach außen zu transportieren: Wenn Miki in Amsterdam neben ihrem Freund auf der Couch sitzt und langsam realisiert, dass sie in Holland nicht willkommen ist; oder wenn Pei Peis unbeschwerte Fröhlichkeit plötzlich von ihr abfällt, als der Vater ihr mitteilt, dass er sie verlassen will. Oder wenn Shirley nervös versucht, einen zerbrochenen Teller zu kleben, während sie auf das OP-Ergebnis ihres Jungen wartet. Schließlich verschlägt es alle drei Mädchen – als Urlaub oder durch den Job – auf die idyllische Insel: Zeit, über die schmerzhaften Erlebnisse nachzudenken, und Ausdruck ihrer Suche nach dem „Paradies“, nach einem Leben weit weg von den Komplikationen moderner Großstadtexistenzen in einer globalisierten Welt, nach persönlichem Glück, an dem man im Alltag so leicht vorbei geht. Hier passiert nicht viel. Man spannt einfach aus und ist gleichzeitig vom eigenen Leben entfernt und näher bei sich. Fow Pyng Hu entlässt seine Zuschauer in friedlicher Stimmung, mit der Hoffnung, dass die „Paradise Girls“ einen Weg finden, trotz aller Unsicherheiten und Widrigkeiten etwas von der tropischen Heiterkeit in ihr Leben hinüber zu retten.
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