Porträt des amerikanischen Song-Poeten Townes Van Zandt, der 1997 nach einer Herzattacke im Alter von 52 Jahren starb. Von vielen als der beste Songwriter aller Zeiten verehrt, bemüht sich der dokumentarische Film, diese Legende zu untermauern, muss jedoch auch Widersprüche zulassen, wenn es ins Private geht und Familienmitglieder zu Wort kommen. Letztlich bleibt aber der Eindruck einer gängigen Star-Biografie, die immerhin 25 hervorragende Songs bietet. (O.m.d.U.)
- Ab 14.
Townes Van Zandt: Be Here to Love me
Biopic | USA 2005 | 99 (97 DVD) Minuten
Regie: Margaret Brown
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Filmdaten
- Originaltitel
- BE HERE TO LOVE ME: A FILM ABOUT TOWNES VAN ZANDT
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Rake Films
- Regie
- Margaret Brown
- Buch
- Margaret Brown
- Kamera
- Lee Daniel
- Musik
- Townes Van Zandt · Willie Nelson · Merle Haggard · Lyle Lovett · Emmylou Harris
- Schnitt
- Michael Taylor · Don Howard · Karen Skloss
- Länge
- 99 (97 DVD) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0 (DVD)
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Biopic | Musikfilm | Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Insgesamt 25 Songs des Folk/Blues-Sängers und Komponisten Townes Van Zandt werden in Margaret Browns Dokumentation angespielt – wunderschöne traurige, zärtliche Stücke, gesungen mit weicher, rauchiger Stimme, so unverstellt sehnsuchtsvoll und melancholisch, dass man sowohl versteht, warum Van Zandt als einer der bedeutendsten Song-Poeten seiner Zeit gilt, als auch, warum der 1997 im Alter von 52 Jahren an den Folgen einer Herzattacke und jahrelangen Alkohol- und Drogenmissbrauchs verstorbene Texaner nie den Durchbruch zum Superstar schaffte. Der Frage, warum Van Zandt der große kommerzielle Erfolg verwehrt blieb, spürt Brown in ihrem ersten Langfilm denn auch gar nicht weiter nach. Stattdessen entschließt sie sich, dem Künstler ein Denkmal zu setzen, eine Hommage in Form eines Porträts des Musikers und Menschen. Ruhig, bedächtig, im Rhythmus der Lieder geschnitten, verknüpft sie Konzertmitschnitte und Privatfilmaufnahmen mit Interviews und einigen von Kameramann Lee Daniel („Slacker“, „Dazed and Confused“) stimmungsvoll ins Licht gesetzten Impressionen. Regelmäßig werden Archivaufnahmen von Gesprächen mit Van Zandt als Voice-Over eingeblendet, was den Zusammenschnitt dynamischer macht, ohne dass er experimentell gerät.
„Townes Van Zandt“ ist ein einfacher, bescheidener Film mit sonnigen Bildern und warmen Klängen. Zu Wort kommen Musikerkollegen wie Willie Nelson (der mit Van Zandts Ballade „Pancho and Lefty“ einen Nummer-1-Hit landete) und Kris Kristofferson – und sie alle bewundern den Liedermacher und Poeten oder berichten halbwegs fasziniert aus seinem exzessiven Leben. Es fallen pathetische Sätze wie die von Steve Earlet: „Townes Van Zandt ist der beste Songwriter auf der ganzen Welt. Und ich würde in meinen Cowboy-Boots auf Bob Dylans Kaffeetisch steigen und es sagen!“ Eine kernige Aussage, als Antrieb für einen Dokumentarfilm freilich etwas dünn. Was also ist das Anliegen dieser Dokumentation? Ist sie nur ein abendfüllend bebilderter Toast? Als der Musiker Guy Clark vor seinen an der Wand drapierten Western-Gitarren das Tequila-Glas hebt, um auf Van Zandt anzustoßen, mag dieser Eindruck entstehen. Clark strickt, sichtlich betrunken oder anderweitig berauscht, an der Legende des Genies Van Zandt, und Brown ist ebenso offensichtlich bemüht, ihn dabei noch irgendwie charmant wirken zu lassen. So ähnlich mag man sich eine Grabrede auf einen Rock-Musiker vorstellen: viele coole Phrasen und wilde Anekdoten fürs Mythen-Album, aber nichts, was einem den Menschen hinter dem Image näher brächte.
Ausgerechnet die drei Ehefrauen Van Zandts und seine Kinder sind es, die jene Kontrapunkte setzen, die dem Film Spannung verleihen und ihm eine Richtung geben. Der Familienvater Van Zandt erhält ein deutlich schlechteres Zeugnis als der Musiker. Müssen Künstler unglücklich sein? Was ist dran am schmalen Grat, der Genie und Wahnsinn trennt? Fragen dieser Art wirft der Film auf, indem er die unterschiedlichen Welten und Perspektiven von Künstlerkollegen und Kindern miteinander konfrontiert. Van Zandt sagte über sich selbst und seine Entscheidung, Musiker zu werden: „Dafür muss man alles andere aufgeben. Man muss dafür die Familie aufgeben, Geld, Sicherheit, Glück, Freiheit – all das muss man in den Wind schreiben. Dann greif dir ‘ne Gitarre, klick, und zieh’ los!“ Sein Sohn weiß, dass viele seinen Vater für diese „Stärke“ bewundern. Wenn das Abhauen aber nur eine zwanghafte Strategie ist, ergänzt er, um sich der Nähe anderer Menschen zu entziehen, ist das vielleicht keine Stärke, sondern eine Schwäche, unter der diejenigen, die zurückbleiben, mehr leiden als jener, der verschwindet. So lesen sich keine Heldenbiografien; Widersprüche werden erkennbar. Beim Versuch, sie zu ergründen, stößt Brown auf einen dramatischen Wendepunkt in Van Zandts Leben. Er war knapp 20 Jahre alt, als er sich rückwärts aus dem vierten Stock eines Hauses fallen ließ, angeblich „nur, um zu sehen, wie sich das anfühlt“. Anschließend wurde er in eine psychiatrische Klinik eingeliefert und einer Elektroschock-Therapie unterzogen, die seine Kindheitserinnerungen komplett löschte. Eine riesige Leerstelle tut sich auf, ein menschliches Rätsel, vor dem Brown kapituliert. Ihr Film kratzt ein wenig an der Oberfläche, ohne tief genug zu graben. Es bleibt das Porträt einer Ikone, eine gängige Starbiografie, angerührt mit einigen wenigen persönlichen Versatzstücken und 25 traurig-schönen Songs, die man selbstverständlich auch kaufen kann, auf der Doppel-CD zum Film. Oder ist „Be Here to Love me“ vielleicht eher der Film zur CD?
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