Couchgeflüster - Die erste therapeutische Liebeskomödie

Komödie | USA 2005 | 106 Minuten

Regie: Ben Younger

Eine 37-jährige Frau verliebt sich in einen 14 Jahre jüngeren Mann, dessen Charme, Witz und Unerfahrenheit sie gefangen nimmt. Die romantische Liebesaffäre wird von Skrupeln getrübt, die sie auch gegenüber ihrer Therapeutin äußert. Diese aber entpuppt sich als Mutter des Geliebten, wodurch die therapeutischen Ratschläge eine ambivalente Note erhalten. Im urbanen Milieu von intellektuellen, sprachgewandten und therapieerfahrenen "Stadtneurotikern" angesiedelte Komödie. Elegant werden die Handlungsfäden verknüpft, ohne sich auf einen Tonfall festzulegen, sodass die nuanciert inszenierte Therapie-Burleske unvermittelt in präzise beobachtete Ernsthaftigkeit umschlagen kann. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PRIME
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Universal Pic./Prime Film Prod./Stratus Film/Team Todd/Younger than You
Regie
Ben Younger
Buch
Ben Younger
Kamera
William Rexer
Musik
Ryan Shore
Schnitt
Kristina Boden
Darsteller
Uma Thurman (Rafi Gardet) · Meryl Streep (Lisa Metzger) · Bryan Greenberg (David Bloomberg) · Jon Abrahams (Morris) · Adriana Biasi (Blondine)
Länge
106 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs mit der Produzentin Jennifer Todd sowie ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (8 Min.).

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
All jenen, die den aktuellen Hype um Woody Allens „Match Point“ (fd 37 397) nicht nachvollziehen können, sei „Couchgeflüster“ empfohlen. Während sich die Qualität von „Match Point“ daran zu bemessen scheint, alle Erkennungszeichen eines „typischen“ Woody-Allen-Films ex negativo zu affirmieren, bewegt sich der junge Regisseur und Autor Younger im Gegensatz dazu ausgesprochen souverän im angestammten Allen-Country, sollte deshalb aber nicht vorschnell als epigonal abqualifiziert werden. Vielmehr hat man es hier eher mit einer ohnehin dringend gebotenen Verjüngungskur für die Rezeptur der New Yorker Stadtneurotiker-Komödie zu tun. Das Milieu ist vergleichbar: intellektuell, sprachgewandt, kunstinteressiert, jüdisch und therapieerfahren. Allerdings haben die Akteure in „Couchgeflüster“ noch nicht das Rentenalter erreicht; statt klassischem Jazz erklingt die Stimme von Rufus Wainwright, und in den Clubs trägt man keine Cordhosen, sondern hört Le Tigre. Dennoch ist der Geist des verehrten Altmeisters Allen stets mit Händen zu greifen, nur dass das Bild von Maskulinität demjenigen von Allens Klassikern geradezu diametral entgegensteht. Früher war es immer Allen, der seinen jüngeren oder unbedarfteren Geliebten den Weg zur Kultur ebnete und sie in Filme von Bergman oder Ophüls schleppte. Hier ist es umgekehrt: So vermag die 37-jährige Rafi ihren 14 Jahre jüngeren Geliebten David mit einer John-Coltrane-Schallplatte zu beeindrucken, weil der Junge zwar schon von Jazz, aber noch nie in seinem Leben Jazz gehört hat. Es handelt sich um die schöne Interpretation von „In A Sentimental Mood“, und man würde sich nicht wundern, wenn dieser Song kurz vor Schluss noch einmal erklänge, wenn die Liebesgeschichte zwischen Rafi und David in episodischen Bruchstücken rekapituliert würde – so, wie es Woody Allen am Schluss von „Der Stadtneurotiker“ (fd 20 385) mit dem Song von Diane Keaton tat. Die attraktive Rafi hat gerade eine Trennung hinter sich und bekommt von ihrer Therapeutin Lisa Metzger den gutgemeinten Rat, sich unter Menschen zu begeben und sich möglichst viel zu verabreden. Dabei begegnet sie David, dessen Charme, Witz und unbefangene Unerfahrenheit sie gefangen nehmen. Eine romantische Liebesgeschichte bahnt sich an, doch Rafi hat Skrupel. Ihr neuer Liebhaber scheint ihr erheblich zu jung, zumal sie ihre biologische Uhr ticken hört. Aus dieser Ungleichzeitigkeit – Verliebtheit hier, Kinderwunsch da – bezieht der Film seinen Drive; seine Reflexivität jedoch begründet sich in der Präsenz der Therapeutin Lisa Metzger, die die Funktion eines dramaturgischen Scharniers innehat. In ihrer Praxis herrscht nicht nur professionell legitimierter Redezwang, sondern David ist (wie sich etwas umständlich herausstellt) Lisas Sohn, was zu mal komischen, mal frivolen Rolleninterferenzen führt. Aus der Perspektive der Mutter scheinen therapeutische Ratschläge zumindest ambivalent, manche Erzählungen Rafis, insbesondere, wenn es um Sexualität geht, scheinen Lisa körperlich zu peinigen. Mit viel Sinn fürs Detail schildert Ben Younger die emotionalen Nöte seiner Protagonisten, wobei zum Glück die Beziehung zwischen der Mutter und der Geliebten des Sohns nie dominant wird, sondern durch die bittersüße Liebesgeschichte zwischen David und Rafi „geerdet“ bleibt. Am Ende wird David von der Beziehung profitieren – im Sinne seiner Reife und Persönlichkeitsbildung, während Rafi sich bestätigt sieht, dass diese Liebe nicht von Dauer ist. Unterhaltsam ist zu beobachten, wie charmant die verschiedenen Fäden der Erzählung mehr oder weniger elegant verknüpft werden, ohne sich auf einen Tonfall festzulegen. Immer wieder schlägt die Therapie-Burleske unvermittelt in präzise beobachtete Ernsthaftigkeit und Verbindlichkeit um, während andererseits Davids bester Freund Morris seine Beziehungsprobleme mittels eines infantilen Rituals auslebt. Die Qualität des Films liegt in der Charakterzeichnung und den Nuancen, die er seinen Figuren zugesteht. So wirft der Altersunterschied zwischen Rafi und David im Lauf des Films tatsächlich ernsthafte Probleme auf, weil die jeweiligen Erwartungen auseinander laufen. David, der sich dem Zugriff seiner kontrollierenden Mutter zu entziehen wusste, bemerkt vergleichbare Züge bei Rafi; diese wiederum kommt mit Davids jugendlicher Lässigkeit im Alltag nicht zurecht. Alle Figuren haben ihre kleinen Macken, und der Film genießt es sichtlich, wenn er sich ohne Umschweife auf einzelne Episoden einlassen kann: wenn Rafi mitbekommt, dass ihr Geliebter ein Kinderzimmer bei seinen Großeltern bewohnt, wenn es Ausflüge in die Mode- und Gallerie-Szene gibt, wenn Rafis schwule Freunde in den Hamptons besucht werden. Dass der Konflikt zwischen Mutter und Geliebter nicht weiter vertieft wird, sondern an der (etwas albernen) Oberfläche bleibt, lässt sich verschmerzen. „Couchgeflüster“ hat gewiss Schwächen, ist aber eine überzeugende Talentprobe, die auf Ben Youngers weitere Arbeiten neugierig macht.
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