Pietje Bell und das Geheimnis der schwarzen Hand

Kinderfilm | Niederlande/Deutschland 2002 | 112 Minuten

Regie: Maria Peters

Der achtjährige Pietje Bell hält in den 1930er-Jahren Rotterdam mit seinen Streichen in Atem und avanciert zum Titelhelden einer Tageszeitung. Er gründet eine Jungenbande, die Diebesgut unter den Armen verteilt und Pietjes Schwester vor der Heirat mit einem Widerling bewahrt. Aufwändig und detailverliebt inszenierte Verfilmung eines niederländischen Kinderbuch-Klassikers, die Slapstick mit wertkonservativen Botschaften und Sozialromantik mischt und jenseits allen modischen Schnickschnacks sympathische Familienunterhaltung bietet. - Ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
PIETJE BELL
Produktionsland
Niederlande/Deutschland
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
Shooting Star Filmcompany/filmpool/KRO
Regie
Maria Peters
Buch
Maria Peters
Kamera
Hein Groot
Musik
Henny Vrienten
Schnitt
Ot Louw
Darsteller
Quinten Schram (Pietje Bell) · Frensch de Groot (Sproet) · Sjoerd Metz (Peentje) · Jordy Mul (Engeltje) · Felix Strategier (Vater Bell)
Länge
112 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 6.
Genre
Kinderfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Warner Vision (FF, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Mit „Krümelchen“ (2000) hat Maria Peters schon einmal ein Kinderbuch des niederländischen Autors Chris van Abkoude verfilmt. Durch diese Adaption ermutigt, griff sie zwei Jahr später auch van Abkoudes in Holland mittlerweile zum Volksmythos gewordene Buchfigur Pietje Bell auf und brachte sie auf die Leinwand. Mit durchschlagendem Erfolg: „Pietje Bell“ hängte in Holland sogar „Harry Potter“ ab und avancierte zum erfolgreichsten holländischen Kinderfilm aller Zeiten. Die Handlung spielt in Rotterdam in den 1930er-Jahren: Auf der Flucht vor einem Opfer seiner Streiche gerät der achtjährige Pietje Bell in die Parade zu Ehren eines Zeitungszars – und am nächsten Tag auf die Titelseite des Konkurrenzblattes. Da die Auflage dadurch scheinbar schlagartig steigt, beschließt der Herausgeber Velinga, täglich eine neue Geschichte über Pietjes Abenteuer zu veröffentlichen. Pietje wird zum Stadtgespräch und findet in dem aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Sproet einen neuen Freund, was dessen arbeitslosen Vater nicht gerade freut. Aber auch Pietjes Vater, einen stets gutgelaunten Schumacher, plagen finanzielle Probleme. Also nimmt Pietje einen Job als Zeitungsjunge an und gründet mit Sproet einen Straßenzirkus. Doch bei seinem ersten Auftritt als Zauberer fängt die Dekoration Feuer. Im Durcheinander geraten Pietje und Sproet zwei Dieben in die Quere, die sie gefangen nehmen und in ihr Versteck verschleppen. Als die Jungs fliehen können, steckt Sproet heimlich Schmuckstücke ein, die er dann aber Pietje unterschiebt, als sie von der Polizei aufgegriffen werden. Nachdem er aber auch noch vom Verleger fallen gelassen wird, fühlt sich Pietje doppelt verraten und sinnt auf Rache. Er gründet die „Schwarze Hand“, die das Versteck der Diebe plündert und die Beute an die Armen der Stadt verteilt. Auf einem anderen „Kriegsschauplatz“ tritt die Bande ebenfalls in Aktion: Mit aller Macht versuchen die Kinder den Heiratsantrag ihres fiesen Klassenlehrer zu verhindern, der ausgerechnet Pietjes Schwester Martha ehelichen will. Anders als bei „Krümelchen“ stand Maria Peters beim Drehbuch diesmal vor der Schwierigkeit, in den aus vielen Abenteuern bestehenden acht Bänden über Pietje Bell keine klare Erzählstruktur vorzufinden. Also band sie Elemente aus mehreren Erzählungen zu einer Geschichte zusammen, was dem Film gelegentlich etwas Sprunghaftes verleiht, andererseits dem Rezeptionsvermögen der jüngsten Kinobesucher entgegen kommt, können sich diese doch einzelne Episoden herauspicken. In der in Slapstick-Manier inszenierten und mit entsprechender Musik unterlegten Eingangssequenz wird Pietje Bell als vorwitziger Lausbub mit dem Herzen auf dem rechten Fleck eingeführt, mit dessen Familie man ebenso bekannt wird wie mit seinen Lebensumständen. Der aufwändig und detailverliebt ausgestattete Film vermittelt viel von der Atmosphäre und dem Zeitgeist der 1930er-Jahre, bleibt in der holzschnittartigen Figurenzeichnung aber traditionellen Gut-Böse-Klischees verhaftet. Pietje Bell ist eine sympathische Mischung aus Erich Kästners Emil und einem modernen Oliver Twist; seine Tante wirkt mit ihrer Warze auf der Nase wie eine Hexe, der man den Besen weggenommen hat, und der sabbernde Lehrer ist ein wahrer Kotzbrocken. Der Vater verkörpert den redlichen Handwerker, die Mutter die aufopferungsvoll mit Nähwerk für die Familie sorgende Hausfrau. Der junge Verleger Velinga schließlich wirkt durch die Besetzung mit dem allzu smarten Stijn Westenend allerdings wie ein Fremdkörper in diesem Dickens-Universum. Und auch Quinten Schram verleiht seinem Pietje Bell einen Hauch zu viel Prätenziösität, was durch die deutsche Synchronisation noch verstärkt wird. Eigentlich ist Sproet in seiner inneren Zerrissenheit die spannendere Figur und mit Frensch de Groot auch am treffendsten besetzte. Sympathisch, dass Maria Peters die „altmodischen“ Helden und ihre Streiche nicht mit modisch-derben Zutaten würzt: selbst die Pferdeäpfel-Schlacht der „Schwarzen Hand“ gegen den Lehrer ist meilenweit vom Fäkal-Humor amerikanischer Pendants entfernt. Ähnlich „wertkonservativ“ sind die „Botschaften“ des Films, in denen viel vom Teilen und dem Vertrauen unter Freunden die Rede ist. Mit der Kritik an den Medien, die um des Erfolgs willen schon mal die Wahrheit aus den Augen verlieren, schleichen sich aber auch aktuelle Töne in die flott, aber nie hektisch inszenierte Abenteuergeschichte.
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