Mord im Pfarrhaus

Komödie | Großbritannien 2005 | 106 Minuten

Regie: Niall Johnson

Die neue, ebenso resolute wie mörderische Haushälterin einer englischen Pastorenfamilie sorgt recht drastisch dafür, dass der Friede wieder ins Haus ihrer Arbeitgeber einzieht. Eine weitgehend unterhaltsame, zunächst gut entwickelte und brillant gespielte schwarzhumorige Komödie, die im letzten Drittel deutlich abfällt und sich in flauen Albernheiten erschöpft. - Ab 14 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
KEEPING MUM
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Tusk Prod./Azure Films/Isle of Man Film Commission
Regie
Niall Johnson
Buch
Niall Johnson · Richard Russo
Kamera
Gavin Finney
Musik
Dickon Hinchliffe
Schnitt
Jonathan Sales · Robin Sales
Darsteller
Rowan Atkinson (Reverend Walter Goodfellow) · Kristin Scott Thomas (Gloria Goodfellow) · Maggie Smith (Grace Hawkins) · Patrick Swayze (Lance) · Emilia Fox (Rosie Jones)
Länge
106 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14 möglich.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (10 Min.) und eines alternativen Filmanfangs (3 Min.).

Verleih DVD
Paramount (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt., dts dt.)
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Diskussion
So hat die Fernsehwerbung in den 1960er-Jahren die perfekte junge Hausfrau und Mutter gezeichnet: bieder gekleidet, wohl frisiert, mit einem unschuldig bezaubernden, weiß strahlenden Lächeln auf den Lippen. Und so sitzt die hübsche Grace im Prolog zu Niall Johnsons makaberer Komödie „Mord im Pfarrhaus“ in einem Zugabteil, streichelt ihren schwangeren Bauch und blättert in einer Illustrierten mit Annoncen, die „das perfekte Zuhause für die perfekte Familie“ versprechen. Das wahre Leben allerdings entpuppt sich rasch als nicht ganz so perfekt. Aus Graces wuchtigem Reisekoffer fließt Blut. Es ist, wie Grace beim Verhör auf der Polizeiwache unverblümt einräumt, das Blut ihres Ehemannes, genauer: ihres untreuen Ehemannes und seiner Geliebten. Grace setzt zum Geständnis ein mustergültiges, zuckersüßes Teekränzchenlächeln auf, das sie auch dann nicht ablegt, als sie wegen Mordes verurteilt und auf unbestimmte Zeit der Sicherheitsverwahrung überstellt wird. 43 Jahre später beginnt die eigentliche Geschichte in der idyllischen englischen Kleinstadt Little Wallop bei der Pastorenkleinfamilie Goodfellow. Auch hier liegt hinter der gutbürgerlichen Fassade einiges im Argen. Das frühreife Töchterchen Holly bringt jede Nacht einen anderen Kerl mit nach Hause. Der kleine Petey wird von seinen Mitschülern gepiesackt. Vater Walter von den Gemeindemitgliedern schikaniert. Im Ehebett herrscht Funkstille, und Mutter Gloria kann sich dem fragwürdigen Charme ihres schmierigen Golflehrers kaum länger entziehen. Der Familienkollaps scheint vorprogrammiert. Doch da tritt die neue Haushälterin, Grace Hawkins, auf den Plan. Der freundlichen alten Dame entgeht nichts. Und sie hat für alles, was das Wohl der „heilen Familie“ Goodfellow gefährdet, eine simple, mörderische Lösung parat. Der kläffende Nachbarhund, der permanent die Nachtruhe stört, verschwindet ebenso plötzlich wie sein uneinsichtiges Herrchen. Peteys Widersachern schneidet Grace kurzerhand die Bremszüge an den Fahrrädern durch, und auch der testosteronübersteuerte Golflehrer Lance steht ganz oben auf ihrer Abschuss- bzw. Bratpfanne-über-den-Kopf-Liste. Rowan Atkinson, vielen nach wie vor besser als „Mr. Bean“ bekannt, verleiht der männlichen Hauptrolle mit seinem unnachahmlich komischen Mienenspiel eine beachtliche Strahlkraft. Wer im liebenswürdig verstockten Gemeindepfarrer aber einen „Bean“ unter anderem Namen erwartet, dürfte enttäuscht sein. Atkinson überspielt, wie sich das für eine Komödie gehört, aber er überdreht nicht. Nur einzelne Szenen sind ihm von Niall Johnson und Co-Autor Richard Russo auf den Leib geschrieben worden, ansonsten ist der Film kein „Bean“-Vehikel. Mindestens gleichwertig trumpfen Maggie Smith als mörderisch-schrulliges Ömchen und Patrick Swayze in der Rolle des gealterten Dorfcasanovas auf. Diese drei darstellerischen Glücksfälle in einem durchweg guten Ensemble haben einen beträchtlichen Anteil daran, dass „Mord im Pfarrhaus“ über weite Strecken als gelungene schwarze Komödie durchgeht. Die ersten beiden Akte leben von der komödiantischen Suspense, die entsteht, weil der Zuschauer sofort Bescheid weiß, als er bei Graces Ankunft den gewaltigen Reisekoffer aus der Eingangssequenz wiedererkennt: die Haushälterin ist die ehemalige Mörderin und höchstwahrscheinlich Glorias Mutter. Die kleine Familie Goodfellow ahnt von alledem nichts. Ein spannungsbildender Widerspruch, der sich in etlichen makaberen Gags entlädt. Das erinnert zum Teil bis in die leicht verschrobene Fotografie hinein an so großartige Vorbilder wie Frank Capras „Arsen und Spitzenhäubchen“ (fd 11 691). Statt im Keller entsorgt Gloria ihre Leichen im Gartenteich des Pfarrhauses. Als aber Tochter und Enkeltochter zufällig von Graces krimineller Vergangenheit erfahren und diese ihnen auch ihre jüngsten Morde gesteht, bricht der Film in sich zusammen. Gloria und Holly kapitulieren vor dem Tötungstrieb ihrer Ahnin, ihr Entsetzen bleibt ebenso halbherzig wie alle Versuche, Grace das blutige Handwerk zu legen. Gloria freut sich so sehr darüber, endlich eine Mami zu haben, dass die paar Morde, die diese verübt hat, wohl nicht weiter ins Gewicht fallen. Leider wirkt das nicht sonderlich witzig, sondern vor allem abstrus, weil eine solche Reaktion zu den Figuren, wie sie bis dahin entwickelt wurden, einfach nicht passt. Wo „Arsen und Spitzenhäubchen“ sein schwarzhumoriges Potenzial aus der moralischen Diskrepanz zwischen Neffe und Tanten schöpft, verliert sich „Mord im Pfarrhaus“ zum Ende hin in flauen Albereien. Gemeinsam schleppen die Figuren den Film seiner Schlusspointe entgegen, die verpufft, weil unterwegs der nötige Zündstoff längst abhanden gekommen ist.
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