Thank You For Smoking

- | USA 2006 | 92 Minuten

Regie: Jason Reitman

Ein Lobbyist im Dienst der amerikanischen Tabakindustrie unternimmt alles, um etwaigen Schaden von seinen Arbeitgebern abzuwenden. In einem Senator, der Zigarettenschachteln mit Totenköpfen versehen will, findet er einen energischen Widersacher. Elegant und leicht entwickelte Satire auf Lobbyismus, Politik, Hollywood und die Boulevardpresse, die die unterschiedlichen Zynismen genüsslich vorführt und hintergründig unterhält. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THANK YOU FOR SMOKING
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Room 9 Ent./TYFS Prod./ContentFilm
Regie
Jason Reitman
Buch
Jason Reitman
Kamera
James Whitaker
Musik
Rolfe Kent
Schnitt
Dana E. Glauberman
Darsteller
Aaron Eckhart (Nick Naylor) · Maria Bello (Polly Bailey) · Cameron Bright (Joey Naylor) · Adam Brody (Jack) · Sam Elliott (Lorne Lutch)
Länge
92 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Fox (1:2,40/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Moralische Flexibilität sei eine Voraussetzung für seinen Beruf, sagt Nick Naylor, der als Lobbyist der amerikanischen Tabakkonzerne in Washington arbeitet. Gleich zu Beginn sitzt er in einer Talkshow, umgeben von Tabakgegnern und einem krebskranken Jungen. Die Zigarettenindustrie habe kein Interesse an dem Tod des Jungen, im Gegenteil: ginge es nach Nick, würde der Junge lange weiterleben und rauchen. Es sei der Wunsch der Tabakgegner, dass der Junge stirbt, um dessen Tod mit Zigaretten in einen widernatürlichen Zusammenhang zu bringen, argumentiert er und gewinnt so die Gunst des Publikums. Nick ist gut aussehend, klug, geschieden, und wenn er redet, ganz in seinem Element: es brauche nur gute Argumente und man sei immer im Recht, lehrt er seinen Sohn Joey. Ihn nimmt er auf eine Geschäftsreise nach Hollywood mit. Dem Zeitgeist folgend, sind Zigaretten in Filmen seltener geworden. Nur „Bösewichte, Verlierer und Europäer“ rauchen noch, doch erweist sich das Brainstorming mit dem flamboyanten Filmagenten als durchaus erfolgreich. Ein Science-Fiction-Film, genauer, eine Raumstation sei das ideale Szenario, um rauchende Hollywoodstars glaubhaft zu präsentieren; in einer Zukunft, in der die Gefahrlosigkeit von Tabak bereits erwiesen ist. Nicks Freunde sind ebenfalls Lobbyisten, für Schusswaffen und Alkohol – zusammen bilden sie den Club „Tödlich, aber gut“. Zu seinen Gegnern gehört Senator Finistirre, dessen agitatorischer Plan, Zigarettenpackungen mit einem Totenkopfsymbol zu versehen, im Kongress zur Beratung ansteht. Ein Vorhaben, das Nick abwenden soll. „Thank You For Smoking“ funktioniert gerade wegen seines sympathischen Anti-Helden. Die zynische Souveränität Nicks, mit der er den Herausforderungen seines Berufs begegnet, sein berechnender Charme und sein gleichgültiger Umgang mit Menschen, die ihm gleichermaßen Werkzeug sind, verblüffen. Dabei nimmt der Film keine anklagende Haltung ein. Es sind weniger die Tabakkonzerne als der Lobbyismus als solcher, der Ziel seines Spotts ist. Präzise schildert er die Aufgaben Nicks, wie er wissenschaftliche Studien, die die Gefährlichkeit des Rauchens untermauern, relativiert und kritischen Schulkameraden seines Sohnes entgegenhält, dass die Eltern, die behaupten, Zigaretten wären ungesund, weder Ärzte noch Wissenschaftler sind und wohl kaum als Experten gelten können. Die Dialoge sind klug und böse. So antwortet Nick einer Reporterin auf die Frage, warum er tue, was er tue: „Populationskontrolle“, schließlich müsse „jeder seine Hypothek bezahlen“. Er beginnt eine Affäre mit ihr, stellt aber bald fest, dass die Dinge, die er im Bett erzählt, nicht mit der Vertraulichkeit behandelt werden, die er voraussetzt. Doch auch anderweitig muss sich der Händler des Todes seiner Gegner erwehren: eine Aktivistengruppe entführt ihn, und lässt ihn nackt und bewusstlos, über und über mit Nikotinpflastern bedeckt, im Schoß der Lincoln-Statue zurück. Es sind solch groteske Szenen eines Mannes, der Partei für die falsche Sache ergreift, die dem Film einen ganz eigenen Stempel aufdrücken. Jason Reitmans mit einem umfangreichen Staraufgebot angereichertes Spielfilmdebüt lebt von einer Eleganz und Leichtigkeit, die nicht zu erwarten war angesichts der breiten Angriffsflächen, die Lobbyismus, selbstsüchtige Politiker, Hollywood und die Boulevardpresse bieten. Der Film ist zu klug, um mit der Keule auf die Missstände einzudreschen. Seine Kritik offenbart sich im Dialog und im Spiel. Etwa wenn der Marlboro-Mann, dessen eigene Zigarettenmarke niemals Marlboro war, davon abgebracht werden soll, sein Krebsleiden der Öffentlichkeit preiszugeben. Zigaretten oder rauchende Menschen sucht man in „Thank You For Smoking“ übrigens vergebens. Die Unverwüstlichkeit seines diabolischen Typus dokumentiert Nick in seinem Schlusssatz: „Michael Jordan kann Bälle werfen, Charles Manson tötete Menschen. Ich rede. Jeder hat ein Talent.“
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