Mit Herz und Hand

- | Neuseeland/USA 2005 | 128 Minuten

Regie: Roger Donaldson

Die Lebensgeschichte des kauzigen neuseeländischen Motorrad-Freaks Burt Munro, der es sich in den Kopf setzte, an der legendären "Speed Week" in Utah teilzunehmen, und im Alter von über 60 Jahren einen Hochgeschwindigkeits-Weltrekord aufstellte. Liebevolle Hommage an einen Außenseiter, der trotz aller Ecken und Kanten durch seine humorige Lebensweisheit stets die Sympathien auf seiner Seite hat. Der überzeugende Sportfilm lebt in erster Linie von der Präsenz seines hervorragenden Hauptdarstellers.
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Filmdaten

Originaltitel
THE WORLD'S FASTEST INDIAN
Produktionsland
Neuseeland/USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
3 Dogs And a Pony/WFI Prod./New Zealand Film Commission/New Zealand Film Prod. Fund/OLC-Rights Ent.
Regie
Roger Donaldson
Buch
Roger Donaldson
Kamera
David Gribble
Musik
J. Peter Robinson
Schnitt
John Gilbert
Darsteller
Anthony Hopkins (Burt Munro) · Saginaw Grant (Jake) · Diane Ladd (Ada) · Walton Goggins (Marty Dickerson) · Christopher Lawford (Jim)
Länge
128 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
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Heimkino

Verleih DVD
Universum (1:2,35/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Das kann er also auch: Anthony Hopkins spielt Burt Munro, einen Menschenfreund, Optimisten und Lebenskünstler, wie er größer kaum sein könnte. Hopkins gibt diesen Munro sprühend vor Liebenswürdigkeit, so, als hätte er nie etwas anderes gespielt. An seine zahlreichen düsteren Rollen fühlt man sich nur einen Moment lang in der Anfangsszene erinnert, wenn Hopkins in einem dunklen Schuppen zum ersten Mal seine beunruhigend eisblauen Augen aufschlägt. Doch derartige Assoziationen macht das grandiose Spiel des Schauspielers schnell vergessen. Der Film basiert auf der realen Lebensgeschichte des neuseeländischen Motorrad-Freaks Burt Munro, den Roger Donaldson bereits 1972 in dem Dokumentarfilm „Offerings to the God of Speed“ porträtierte. Donaldsons Faszination für einen der ältesten Fahrer, der je in der legendären Salztonwüste von Bonneville in Utah einen Geschwindigkeitsrekord gebrochen hatte, ging jedoch über die Fertigstellung der Fernsehdokumentation hinaus. Schwierigkeiten mit der Finanzierung und den daran geknüpften Bedingungen sorgten allerdings dafür, dass der Regisseur erst über 30 Jahre später seine Vision eines Spielfilms über den unkonventionellen Lebensentwurf Munros verwirklichen konnte. Das Warten hat sich gelohnt: „Burt Munro“ ist das überzeugende Porträt eines sympathischen Originals, ein kurzweiliges Road Movie und ein fesselndes Sportdrama zugleich. Vor allem aber ist es ein „Feel-Good-Movie“ der gehobenen Kategorie, in dem sich das Herzblut eines lang gehegten Traumprojekts mit der Routine eines altgedienten Regisseurs („Die Bounty“, fd 25 060; „Cocktail“, fd 27 336) verbindet. Doch hat sich Donaldson nicht nur selbst einen Traum erfüllt, dessen Verwirklichung auch im Zentrum des Plots steht: Noch mit über 60 Jahren träumt Burt Munro davon, mit seinem gleichfalls betagten Motorrad – einer Indian Scout Baujahr 1920 – an der berühmten „Speed Week“ in Utah teilzunehmen und einen Geschwindigkeitsrekord zu brechen. Wie es die klassische Dramaturgie des Sportfilms sowie die Fakten der zugrunde liegenden Lebensgeschichte einfordern, wird Burt beides gelingen. Doch im Unterschied zum reinen Sportdrama liegt hier auf der komödiantischen Porträtierung des Helden mindestens ebenso viel Gewicht wie auf der Schilderung des sportlichen Triumphes. Burt ist ein etwas verschrobener Typ, der in der neuseeländischen Provinzstadt Invercargill ein Junggesellendasein führt und sich ganz und gar dem Tüfteln an seiner Indian verschrieben hat. Er lebt in einer Art Garage, die ihm zugleich als Werkstatt dient. Dass er sein Motorrad gern auch zu nachtschlafender Zeit aufjaulen lässt, bringt ihm den Unmut der Nachbarn ebenso ein wie das wild sprießende Gras auf seinem Grundstück oder seine unkonventionelle Haushaltsführung. Der Motorrad-Freak ist ein wahrer Kauz, das behauptet der Film nicht nur, sondern das zeigt er auch. Ohne dass der Protagonist damit jemals seinen Status als zentraler Sympathieträger aufs Spiel setzen würde, kann Burt eine richtige Nervensäge sein; da muss man den Spießernachbarn durchaus zustimmen. Letztlich können sie ihn trotzdem leiden: Als Burt im Jahr 1963 genug Geld beisammen hat und sich auf den Weg in die USA macht, stehen sie am Straßenrand und winken. So geht es jedem, dem Burt im Lauf des Films begegnet: Seinem offenherzigen Charme, seiner zupackenden Art und seinen albern-selbstironischen Lebensweisheiten kann sich niemand entziehen. Auf seiner Reise durch die USA, die ihn von Los Angeles bis in die Wüste von Utah führt, lassen sich u.a. ein schwarzer Transvestit, ein hispano-amerikanischer Gebrauchtwagenhändler, ein Indianer, ein Vietnam-Soldat auf Heimaturlaub und schließlich die Rennfahrer-Cowboys auf der „Speed Week“ von Burts „Kiwi-Mentalität“ bezaubern. Auf den US-Highways wird Burt durch seine Reisebekanntschaften mit den verschiedensten politisch-ethnischen Realitäten des Landes konfrontiert, ohne dass der Film diese problematisieren würde. Hinterfragung oder ernsthafte zwischenmenschliche Konflikte sind Donaldsons Sache nicht; es geht ihm schlicht darum, mit viel Humor von Menschen zu erzählen, die das Herz am rechten Fleck haben. Dass dieses Aufgebot an guten Menschen nicht ins Süßliche abdriftet, dafür sorgen ein auffallend gutes Casting, gerade auch in den Nebenrollen, der herbe Ton der Dialoge und die wunderbar kantige Hauptfigur. Unverhohlen setzt Donaldson dem Ende der 1970er-Jahre verstorbenen Neuseeländer mit seinem Film ein Denkmal. Doch er tut dies mit einer solchen Liebe, mit so viel Witz und Mut zu rauen Tönen, dass man gerne bereit ist, sich von seiner Faszination für den Kauz anstecken zu lassen.
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