Es begab sich aber zu der Zeit...

Bibelfilm | USA 2006 | Minuten

Regie: Catherine Hardwicke

Die Geschichte von Christi Geburt, wie sie sich im Lukas- und Matthäus-Evangelium darstellt: von der Verlobung Josephs mit Maria über die Verkündigung, den Auszug nach Bethlehem, die Reise der Heiligen drei Könige bis zur Geburt im Stall. Trotz des Versuchs, die Lebensumstände realistisch darzustellen, lehnt sich der aufwändig gestaltete Film sowohl inhaltlich als auch bildlich allzu eng an die gängigen Darstellungen der Weihnachtsgeschichte an. Ein Gefühl für die spirituelle Dimension der Vorgänge vermittelt er nicht. Die angestrebte Balance der Hauptdarsteller, zwischen Ikonen und Charakteren zu vermitteln, gelingt nur bedingt. - Ab 12 möglich.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
THE NATIVITY STORY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
New Line Cinema
Regie
Catherine Hardwicke
Buch
Mike Rich
Kamera
Elliot Davis
Musik
Mychael Danna
Schnitt
Robert K. Lambert
Darsteller
Keisha Castle-Hughes (Maria) · Oscar Isaac (Joseph) · Shohreh Aghdashloo (Elisabeth) · Ciarán Hinds (König Herodes) · Alexander Siddig (Gabriel)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12 möglich.
Genre
Bibelfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Von bibeltreuen Auslegungen bis zu künstlerisch wie theologisch eigenwilligen Interpretationen reichen die zahlreichen Versuche, das Leben Jesu filmisch darzustellen. Die Umstände seiner Geburt waren dagegen kaum einmal ausführlich im Kino zu sehen. Jetzt hat sich eine amerikanische Produktion vorgenommen, die Weihnachtsgeschichte detailliert darzustellen und dabei sowohl der Bibel zu folgen als auch ihr mittels historisch verbürgter Lebensumstände einen realistischen Rahmen zu geben. Akribisch wurden die Schauplätze den antiken Orten Nazareth, Bethlehem und Jerusalem nachempfunden, Historiker und Theologen arbeiteten Hand in Hand, und um eine stimmige mediterrane Atmosphäre zu schaffen, wurden Darsteller vor allem aus dem Orient verpflichtet. „Es begab sich aber zu dieser Zeit“ – so beginnt das Evangelium nach Lukas, das die meisten Angaben zur Geburt Christi erhält und den einschlägigen Darstellungen der Kulturgeschichte zugrunde liegt. Vieles ist seither in die Worte des Evangelisten hineininterpretiert worden, auch deshalb, weil nicht alle Angaben mit der zweiten wichtigen Quelle, dem Matthäus-Evangelium, übereinstimmen. Der Film beschränkt sich auf den zur Tradition gewordenen Motivkanon, der sich aus beiden Quellen speist, von der Verkündigung über die Reise nach Bethlehem, den Stern, dem die Heiligen drei Könige folgen, bis zur Geburt im Stall; vereinzelt reichert er ihn mit Vorgriffen auf spätere Stellen im Neuen Testament an. Die meisten Freiheiten gönnt man sich bei der zentralen Geschichte um Josef und Maria. Dem Zimmermann wird das junge Mädchen zugesprochen, das dieser verordneten Ehe skeptisch gegenüber steht. Kaum vermählt, verkündigt ihr der Erzengel Gabriel, in ein weißes Gewand gekleidet, die Empfängnis von Gottes Sohn. Anders als Zacharias kurz zuvor, dem eine verhallte Stimme in einer riesigen Synagoge die Niederkunft eines Jungen, Johannes des Täufers, angekündigt hat, glaubt Maria der Erscheinung sofort, aber sie spricht mit niemandem darüber. Erst nach ihrem Besuch bei Zacharias und Elisabeth und der Geburt Johannes’ kehrt sie zurück, bereits hoch schwanger. Nur mit Mühe gelingt es ihr, die Eltern und auch Josef dazu zu bewegen, ihr zu glauben. Die übrigen Dorfbewohner äußern derweil ihr Misstrauen mit eindeutigen Blicken. Da kommt dem Paar die Volkszählung, die der römische Kaiser befohlen hat, gerade recht: Ein jeder muss dafür umgehend in sein Heimatdorf zurückkehren, was für die beiden eine lange Reise in Josefs Heimat nach Bethlehem bedeutet. Den einfachen Hütten aus unbehauenen Steinen, in denen die biblischen Heiligen wohnen, steht der prunkvolle Palast des finsteren Königs Herodes gegenüber. Während der mit allen Mitteln versucht, sein Reich vor dem angekündigten Messias zu retten, blicken im fernen Persien drei Gelehrte fasziniert der prophezeiten Geburt des Erlösers entgegen. In vollgestopften Studierzimmern forschen sie in Schriftrollen, beobachten Sternenkonstellationen und diskutieren eifrig. Im Spannungsfeld dieser drei Schauplätze bewegt sich der Film, mit unterschiedlicher Herangehensweise und Qualität. Die drei Könige sind als vergleichsweise konturierte Charaktere dargestellt und sogar mit Anflügen von Humor. Derweil darf der Darsteller des Herodes alle Register des Bösewichts ziehen. Nur die armen Juden in Nazareth wirken seltsam blutleer, so als hätten bei ihnen Regisseurin Catherine Hardwicke und Drehbuchautor Mike Rich die meisten Skrupel gehabt, sie als normale Menschen darzustellen. Dabei war Hardwicke wegen ihres Jugenddramas „Lords of Dogtown“ (fd 37 206) engagiert worden, um auch die jungen Leute Josef und Maria einfühlsam zu zeigen. Wie sie kann sich auch Mike Rich, dessen „Forrester – Gefunden!“ (fd 34 710) ihn für anspruchsvolles Gefühlskino ausgezeichnet hat, gerade hier nicht zu psychologischem Realismus durchringen und bleibt in Andeutungen stecken. Die offenbar angestrebte Balance zwischen Charakter und Ikone meistert Keisha Castle-Hughes als Maria noch am besten. Sie trägt auch als eine der wenigen nicht zur „mediterranen Atmosphäre“ bei, die dazu führt, dass fast alle Darsteller in der Originalfassung Englisch mit schwerem Akzent sprechen. Es ist ein allzu harmloser, rein illustrativer Film geworden, der das biblische Geschehen hübsch und familientauglich zeigt, ohne dem Stand der theologischen Forschung Achtung zu schenken, was das Destillat aus Motiven angeht, das zur Weihnachtsgeschichte wurde. Man fühlt sich zurückversetzt in jene Jahrhunderte, da Hof- und Lohnmalern keinerlei Abweichung von der offiziellen Ikonografie zugestanden wurde. Stattdessen wird man mit computergenerierten Hintergründen und ungleich simpleren Dialogen lächelnder Gutmenschen eingedeckt, die wie mit angezogener Handbremse agieren; oft erinnern nur die regelmäßigen Überfälle römischer Soldaten noch an den historischen Kontext. Die pralle Bilderfülle des an sich experimentierfreudigeren Kameramanns Elliot Davis lässt keinen Raum für eigene Gedanken, geschweige denn Besinnung über jene für das Christentum so wesentlichen Vorgänge, anders als etwa die stilprägenden Filme über Jesu Leben von Rossellini und Pasolini – deren Drehort in Süditalien hier wieder zum Tragen kommt. So wurde aus dem hehren Vorhaben ein naives Krippenspiel, bei dem jedes Gefühl für die menschliche wie göttliche Tiefe des Geschehens in Postkartenmotiven und einer pausenlosen Musikbeschallung ertrinkt.
Kommentar verfassen

Kommentieren