Die Hollywood-Verschwörung

Biopic | USA 2006 | 126 Minuten

Regie: Allen Coulter

Die letzten Lebensjahre des Schauspielers George Reeves, der in Hollywood eher glücklos agierte, doch als "Superman"-Darsteller zum Fernseh-Star wurde und in die Geschichte des "Showbiz" einging. Der als Rückblende angelegte Film erzählt von einem unglücklichen Menschen, dessen Todesumstände nie ganz geklärt wurden, und weitet sich zum Rückblick auf eine Epoche, ihre Mythen, Träume und Hoffnungen. In den Hauptrollen eindringlich gespielt, elegant und mit Gespür für Atmosphäre und Nostalgie inszeniert. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
HOLLYWOODLAND
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Back Lot Pic./Miramax Films/Focus Features
Regie
Allen Coulter
Buch
Paul Bernbaum
Kamera
Jonathan Freeman
Musik
Marcelo Zarvos
Schnitt
Michael Berenbaum
Darsteller
Adrien Brody (Louis Simo) · Ben Affleck (George Reeves) · Diane Lane (Toni Mannix) · Bob Hoskins (Eddie Mannix) · Lois Smith (Helen Bessolo)
Länge
126 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Biopic
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (5 Min.).

Verleih DVD
Buena Vista (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Auch Supermänner sind sterblich. Diese vom Kino nicht immer respektierte Tatsache bildet den Ausgangspunkt von „Die Hollywood-Verschwörung“, dem Leinwanddebüt des Fernsehroutiniers Allen Coulter. Vor knapp 50 Jahren, am 16. Juni 1959, wurde der Schauspieler George Reeves in seinem Haus in den Bergen von Los Angeles mit einer Kugel im Kopf tot aufgefunden. Reeves, geboren 1914, debütierte zwar an der Seite von Vivien Leigh in der allerersten Szene von David O. Selznicks „Vom Winde verweht“, doch der Durchbruch in der Traumfabrik misslang, und so musste er sich mit kleinen Auftritten über Wasser halten. Erst Anfang der 1950er-Jahre wurde er ein früher Star des beginnenden Fernsehzeitalters: Unter anderem wohl durch die Beziehungen seiner Geliebten Toni Mannix, der Frau des MGM-Tycoons Eddie Mannix, wurde er der erste „Superman“ im gleichnamigen, landesweit bekannten TV-Straßenfeger. Durch die Serie wurde Reeves populär und wohlhabend, doch litt er darunter, mit diesem TV-Erfolg endgültig fürs Kino „verbrannt“ zu sein. Es folgte die Kombination aus Altern, Depression und Alkohol, die man aus den Biografien vieler Stars kennt, die ihren Karrieregipfel überschritten haben. Reeves’ offizielle Todesursache Selbstmord hat daher einige gute Gründe für sich, doch manche Indizien, die auf Mord hindeuten, bleiben bis heute unwiderlegt und machen diesen Tod zu einem der mysteriösesten unter den vielen spektakulären Todesfällen Hollywoods. Soweit die Fakten, die die Basis dieses Films bilden. Die Fiktion beginnt mit der Todesnachricht und dem ehrgeizigen, aber eher erfolglosen Privatdetektiv Louis Simo, der aus Polizeikreisen den Tipp erhält, etwas sei faul an der Selbstmordtheorie. Schnell wirbelt er mit seinen Nachforschungen eine Menge Staub auf und dringt im Zuge seiner Recherchen immer tiefer ein in ein Netzwerk voller Geheimnisse: die dunkle Wahrheit des Showbiz. Im Wechselspiel aus Simos Ermittlungen und längeren Rückblicken auf Reeves’ letztes Lebensjahrzehnt zeichnen Coulter und sein Drehbuchautor Paul Bernbaum ein dichtes Porträt der Spätphase von Hollywoods goldener Ära. Im Sujet wie in seiner Erzählweise, den aufgefächerten, in „Rashomon“-Struktur sich gegenseitig widerlegenden und das Ganze weiterführenden Rückblicken, und in seinem düster-mysteriösen Grundton erinnert „Hollywoodland“ – so analog zum berühmten meterhohen Schild auf den Hügeln von L.A. der Originaltitel des Films – an einige Klassiker der Hollywoodselbstreflexion, etwa an „Sunset Boulevard“, der offen in Dialogzeilen und einer kurzen Szene von Reeves mit „Billy Wilder“ anzitiert wird; auch an Vincente Minnellis „The Bad and the Beautiful“. Dass Hollywood ein gnadenloser Ort ist, der nur die Gegenwart kennt und seine eigenen Geschöpfe am Ende wieder auffrisst, gilt dabei als ausgemacht. Am gelungensten ist „Die Hollywood-Verschwörung“ in der Entfaltung dieser Ambiguität: Denn die Menschen, die hier zu sehen sind, sind keine Opfer – es sei denn die ihrer eigenen Träume und Illusionen. Sie haben sich auf die Härte des Filmgeschäfts, auf den Preis, den es fast zwangsläufig kostet, eingelassen – in der Gier nach einer überdurchschnittlichen Existenz, nach Reichtum und Teilhabe am Leben der Schönen, Mächtigen, „oberen Zehntausend“; in der vagen, aber immerhin nicht völlig unrealistischen Hoffnung auf Startum, Anerkennung und auf eine Berühmtheit, die jene sprichwörtlichen „15 Minuten“ im Rampenlicht, die nach Warhol einem jeden zukommen, überdauert. Womöglich sogar den eigenen Tod – das immerhin ist auch George Reeves gelungen. Eindringlich verkörpert Ben Affleck diesen Reeves. Der Auftritt ist gerade deshalb so gelungen, weil Affleck selbst ein zwar charmanter, aber auch hölzerner und immer etwas eitel wirkender Darsteller ist, der diese Attribute hier subtil in den Dienst der Rolle stellt. Zudem ist in diesem Part auch das eigene Schicksal Afflecks präsent, als gescheiterter „Daredevil“-Darsteller, der als zeitweiliger Jennifer-Lopez-Lover mehr Schlagzeilen machte, als mit all seinen Kino-Auftritten zusammen. In den Schatten gestellt wird er aber durch Diane Lane, den heimlichen Star des Films. Als Reeves ältere Geliebte und reiche Gönnerin Toni Mannix verwandelt sie diesen Thriller überaus würdevoll in einen Film über Glamour und Verzweiflung, über das Altern und die Sehnsucht nach Jugend. Zugleich fügt sich „Die Hollywood-Verschwörung“ auch in die derzeitige breite Renaissance von Film-Noir-Motiven. Ähnlich wie in Brian De Palmas „Black Dahlia“ (fd 37 816) und in „Lonely Hearts Killers“ (fd 38 030; S. 24) von Todd Robinson wird ein realer spektakulärer Kriminalfall zum Ausgangspunkt für das Portrait einer ganzen Epoche. Virtuos mischt Coulter dabei Tatsachen und Erfindung. Elegant und voller Nostalgie inszeniert, getragen von wunderbaren Darstellern fehlt zwar die letzte Vielschichtigkeit und Abgründigkeit der „Black Dahlia“, doch ist das Ergebnis gleichwohl überzeugend: Ein Panorama des Hollywood der 50er-Jahre voller Charme und Verstand, des Augenblicks, in dem das Fernsehen seine Macht über und gegen das Kino zu entfalten beginnt, aktuell auch durch die untergründige Depression inmitten des schönen Scheins. Und eine Reflexion der ebenfalls allzu sterblichen Kombination von „Truth, Justice and the american way“, mit der einst für „Superman“ geworben wurde.
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