Goodbye Bafana

Biopic | Deutschland/Belgien/Frankreich/Südafrika/Italien/Großbritannien 2007 | 117 Minuten

Regie: Bille August

Verfilmung der Biografie von James Gregory, der auf der Gefängnisinsel Robben Island den späteren südafrikanischen Staatspräsidenten Nelson Mandela bewachte. Der Film erzählt, wie in dem vom Apartheid-Regime geprägten Mann allmählich über die Rassengrenzen hinweg Respekt für den Gefangenen erwächst und eine innige Freundschaft entsteht. Die Inszenierung bedient sich vieler aufwühlender Momente, deren historische Glaubwürdigkeit jedoch zweifelhaft ist. Ein schwelgerischer und durchaus nobler Traum, jedoch ohne Rückbindung an die wirklichen Begebenheiten. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
GOODBYE BAFANA
Produktionsland
Deutschland/Belgien/Frankreich/Südafrika/Italien/Großbritannien
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
X Filme Creative Pool/Asam International/Banana Films/Film Afrika Worldwide/Future Films/Thema Prod.
Regie
Bille August
Buch
Greg Latter · Bille August
Kamera
Robert Fraisse
Musik
Dario Marianelli
Schnitt
Hervé Schneid
Darsteller
Joseph Fiennes (James Gregory) · Dennis Haysbert (Nelson Mandela) · Diane Kruger (Gloria Gregory) · Shiloh Henderson (Brett Gregory) · Megan Smith (Natasha Gregory)
Länge
117 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Biopic
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein ausführliches Interview mit dem Regisseur (30 Min.).

Verleih DVD
X Verleih/Warner (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Der Weg vom berührenden zum rührseligen Kino ist kurz; je größer die Emotionen desto kürzer. Und das Apartheid-Drama „Goodbye Bafana“ erzählt von den ganz großen Gefühlen. Von der heilenden Kraft der Nächstenliebe in Zeiten des Hasses, von Freundschaft und Versöhnung. Der dänische Regisseur Bille August (u.a. „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“, fd 32 400) inszeniert mit „Goodbye Bafana“ einen durchweg hoffnungsvollen, optimistischen Spielfilm. Damit begibt er sich auf einen schmalen Grad zwischen tiefem Mitempfinden und triefendem Pathos. Die Frage nach der jeweils richtigen Gefühlsdosis und Mischung stellt sich hier als eine Frage des guten Geschmacks, über den letztinstanzlich der Zuschauer entscheidet. August liefert mit seinem Werk jedoch triftige Argumente für ein positives Urteil. Da ist zum einen der faszinierende Plot. 1968 treffen auf der südafrikanischen Gefängnisinsel Robben Island zwei ungleiche Männer aufeinander: der inhaftierte Widerstandskämpfer Nelson Mandela und der Gefängniswärter James Gregory – auf den ersten Blick ein „ganz normaler“ Apartheids-Rassist. Den Job auf Robben Island erleben Gregory und seine Frau vor allem als Karrierechance. Doch in die Freude über die Auszeichnung, den Staatsfeind Nummer 1 bewachen zu dürfen, mischt sich ein unterschwelliger Respekt, der angesichts der charismatischen Persönlichkeit Mandelas wächst. Der schweigsame, stolze Mandela begegnet seinem neuen Wärter von Anfang an freundlich, von Mensch zu Mensch. Zwischen ihm und Gregory – der auf dem Lande aufwuchs, dessen bester Kindheitsfreund ein schwarzer Junge namens Bafana war und der Mandelas Muttersprache Xhosa fließend spricht – entwickelt sich über Jahre hinweg eine erst zögerliche und dann immer tiefere Freundschaft. Mandela bleibt sich darin weitgehend treu, doch Gregory beginnt immer mehr am Apartheidsystem zu zweifeln. Am Ende werden beide Männer befreit: Mandela von seinen äußeren und Gregory von seinen inneren Fesseln. Der Film beschreibt Gregorys Wandel nicht als ein plötzliches Erweckungserlebnis, zeichnet ihn vielmehr als einen langwierigen Prozess nach. Und das durchaus glaubhaft: Einerseits wird Gregory als ein einfühlsamer Mensch geschildert, der durch den Widerspruch zwischen eigener Erfahrung und indoktrinierter Ideologie in einen inneren Konflikt gerät, andererseits legt er seine Uniform bis zum Ende nicht ab. Er wechselt nicht einfach die Fronten, vollzieht keinen radikalen äußeren Bruch. Bis zum Schluss, dem gemeinsam gefeierten Ende der Apartheid, und darüber hinaus, bleibt die Beziehung zwischen ihm und Mandela eine Freundschaft über Grenzen hinweg. Grenzen, die sich nicht einfach auflösen, sondern mühselig überwunden werden müssen. Aus diesem Spannungsfeld von Nähe und Distanz gewinnt „Goodbye Bafana“ seinen Reiz jenseits trivialer Einmütigkeit. Ein weiterer Pluspunkt des Films sind die schauspielerischen Darbietungen der beiden Hauptdarsteller. Joseph Fiennes meistert den vielschichtigen Part des Gefängniswärters auf eine sachliche, unauffällige Weise. Sein Spiel bleibt zurückhaltend, kühl, vielleicht ein wenig limitiert, aber im Großen und Ganzen dem nüchternen Charakter seiner Figur angemessen. Dennis Haysbert hingegen strahlt mit wenigen, dafür gewichtigen Worten eine ungeheure Würde aus. Mit seiner eindrucksvollen Performance setzt er Nelson Mandela ein Denkmal, über das sich dieser möglicherweise aber am wenigsten freut. „Goodbye Bafana“ ist ein intensiver, zu Tränen bewegender Film; voller Glücksmomente und Gänsehautszenen. Wunderschön, leider wohl aber auch zu schön, um wahr zu sein. Der Hauptgrund, weshalb der Film bei der Kritik bislang überwiegend auf Ablehnung stieß, dürfte weniger Bille Augusts Gespür für Emotionen als vielmehr sein leichtfertiger Umgang mit historischen Realitäten sein. Bereits im Vorfeld war der Film, der auf James Gregorys Erinnerungsbuch „Goodbye Bafana – Nelson Mandela, My Prisoner, My Friend“ basiert, kritisiert worden. Dem 2003 verstorbenen Gregory wurde vorgeworfen, Mandela während seiner Gefangenschaft bespitzelt zu haben. Mandela selbst soll nach seiner Freilassung erwogen haben, Gregory vor Gericht zu bringen. Und auch der britische Journalist Anthony Sampson beschreibt in seiner autorisierten Biografie „Nelson Mandela“ ein anderes Verhältnis zwischen den beiden Männern, als es der Film darstellt. Mandela selbst bemerkt in seinen Memoiren „Der lange Weg zur Freiheit“, dass er Gregory eigentlich nicht gut gekannt habe. Nach der im Film mit empathischem Nachdruck entworfenen innigen Freundschaft seelenverwandter Männer unterschiedlicher Hautfarben klingt das nicht gerade. Hier hinterlässt Augusts wohlgemeintes Drama einen bitteren Nachgeschmack. Zugunsten eines glücksverheißenden Kinomärchens drängt es die geschichtliche südafrikanische Realität in den Hintergrund. Rassendiskriminierung und Gewaltherrschaft verschwimmen jenseits der Gefängnismauern zu Kulissen eines zwischenmenschlichen Kammerspiels. Nicht von der Apartheid erzählt der Film, sondern von der Menschheit im Allgemeinen. August träumt in „Goodbye Bafana“ den schönen Traum von einer besseren Zukunft; ohne Rücksicht auf die historische Wirklichkeit.
Kommentar verfassen

Kommentieren