Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM

Sportfilm | Deutschland 2007 | 113 Minuten

Regie: Winfried Oelsner

Dokumentarfilm über die Handball-Weltmeisterschaft 2007, bei der die deutsche Nationalmannschaft im Januar den Titel gewann. Zwar stellt er interessante Spielerpersönlichkeiten und Einsichten vor und vermittelt in seinen stärksten Momenten Einblicke in Spielzüge und Taktiken; über weite Strecken aber wird er der Dynamik dieses Mannschaftssports nicht gerecht und beschränkt sich eher auf konventionelle Spielzusammenfassungen. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Frank Stephan Limbach prod.
Regie
Winfried Oelsner
Kamera
Winfried Oelsner · Frederik Walker · Mark Liedtke
Musik
Rainer Michel
Schnitt
Henk Drees
Länge
113 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Sportfilm | Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Handball Bundestrainer Heiner Brand sowie ein Feature mit 13 im Film nicht verwendeten Szenen (68 Min.).

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Ob im Sommer oder im Winter, die Deutschen feiern wieder gerne gemeinsam in der Öffentlichkeit und zeigen dabei Flagge. Die dafür vorgesehenen Räume werden neumodisch „Public Viewing“ oder auch „Fanmeile“ genannt. Nach dem „Sommermärchen“ von Sönke Wortmann (fd 37 834) folgt jetzt das „Wintermärchen“, der Dokumentarfilm zur Handball-Weltmeisterschaft vom Januar 2007, gedreht von Winfried Oelsner. Sein „Projekt Gold“ verfügt über spezifische Stärken und einige Schwächen, die sich deutlich von Wortmanns „Sommermärchen“ unterscheiden. Weil Hallenhandball zwar populär, aber längst nicht so omnipräsent und vermarktet ist wie der Profi-Fußball, gibt es in „Projekt Gold“ tatsächlich noch sympathische Typen zu entdecken. Früh gibt einer der Spieler zu Protokoll, dass er mit dem Handballspielen angefangen habe, weil ihm Fußball „zu prollig“ gewesen sei. Tatsächlich scheinen die Handballer im Nationaltrikot ungleich nachdenklicher als ihre kickenden Sportskameraden. Einsichten wie jene, dass professioneller Mannschaftssport auch eine Chance zur Verlängerung der eigenen Jugend sei, würde man im „Sommermärchen“ vergeblich suchen. Ein Mentalitätsunterschied existiert auch zwischen dem ruhigen Nationaltrainer Heiner Brand aus dem Bergischen Land und der schwäbelnden Motivationsmaschine Klinsmann. Obwohl beide Trainer dazu aufzurufen, „die Polen wegzuhauen“, klingt dies bei Brand weit weniger martialisch. Oelsner ist näher an den Menschen als Wortmann, dessen Film über weite Strecken lediglich populäre Medien-Images verdoppelte und so quasi dokumentarisch „authentifizierte“. Andererseits hat der Verlauf der Handball-Weltmeisterschaft Oelsner auch die bessere Geschichte und die besseren Geschichten geliefert. Von einem „Projekt Gold“ konnte nämlich zu Beginn des Turniers nicht die Rede sein: die deutsche Mannschaft startete als Außenseiter in den Wettbewerb, begann zudem mit schlechten Spielen, steigerte sich dann aber von Spiel zu Spiel und brauchte zumindest gegen Frankreich viel Glück, um schlussendlich ins Finale einzuziehen. Eine alte, oft erzählte Sportgeschichte: ein Außenseiter findet über den Kampf zum Spiel – und triumphiert schließlich als Team über eigentlich stärkere Mannschaften. Daneben aber gibt es die kleinen privaten Geschichten: etwa über den Torhüter Henning Fritz, der bei seinem Bundesligaverein THW Kiel nur dritte Wahl ist und eine regelrechte Formkrise durchmacht – im Turnierverlauf aber zum „Helden“ wird – und sich im Finale dann auch noch verletzt. Eine filmreife Geschichte! Oder über den charmanten Publikumsliebling Mimi Kraus, der 2000 „Bravo Boy“ war und der durch sein erfrischend unbekümmertes Spiel zum Star avanciert. Da sind der aus Personalnot ins Team zurückgeholte „Pensionär“ und wackere Recke Christian Schwarzer oder der wurfgewaltige Hamburger Pascal „Pommes“ Hens mit seiner Vorliebe für seltsame Frisuren. Außerdem ist Hallenhandball – deutliches Plus gegenüber dem Fußball – klar der athletischere, dynamischere Sport, bei dem die Top-Mannschaften auf vergleichbarem Niveau spielen, wodurch Spielverläufe in der Regel äußerst dramatisch sind. Die Spieler berichten von ihrer Leidenschaft für das Spiel und von den häufigen Verletzungen; ferner erhält man in „Projekt Gold“, wenn auch nur oberflächlich, Einblicke in bestimmte Spielzüge und Taktiken. Doch – und dies ist die große Schwäche des Films – vertraut Oelsner nicht auf den Reiz des Blicks hinter die Kulissen. Im Gegensatz zu Wortmann rekapituliert er ausführlichst den Turnierverlauf, präsentiert lange, ärgerlich konventionelle Spielzusammenfassungen, und das auch noch mit den Original-Fernsehkommentatoren, weshalb „Projekt Gold“ letztlich doch nicht mehr geworden ist als ein Film, der sich vorzüglich als Beitrag für einen Jahresrückblick im Fernsehen eignet.
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