Ein Kind von Traurigkeit

- | Großbritannien 2002 | 93 Minuten

Regie: Gillies MacKinnon

Drogen-Drama, erzählt aus ungewohnter, beklemmender Perspektive: aus der Sicht eines zehnjährigen Jungen, dessen Mutter Heroin spritzt und zunehmend in ihre Sucht abdriftet. Als ein Entzugsversuch scheitert, bricht die Familie auseinander. Nichtsdestotrotz gibt sich der Junge nicht geschlagen und ringt verbissen darum, seine Familie wieder zusammenzuführen. Der Blick auf die britische Unterschicht und auf ein Kind, das auf schmerzhafte Weise eine Verantwortung aufgebürdet bekommt, lebt durch die unmittelbare, unsentimentale Teilnahme an seinem Erleben. Geadelt wird der Film durch ein Drehbuch und durch Darsteller, die Sozialklischees sorgfältig vermeiden, sondern überzeugende Charakterstudien gestalten. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
PURE
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2002
Produktionsfirma
A Bad Way/Kudos/Little Wing
Regie
Gillies MacKinnon
Buch
Alison Hume
Kamera
John de Borman
Musik
Nitin Sawhney
Schnitt
Pia di Ciaula
Darsteller
Harry Eden (Paul) · Vinnie Hunter (Lee) · Molly Parker (Mel) · David Wenham (Lenny) · Nitin Ganatra (Abu)
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12 (DVD)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Galileo (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Drogen-Dramen gibt es viele; der Film von Gillies MacKinnon zeigt das Sujet jedoch aus einer ungewohnten, äußerst beklemmenden Perspektive: aus der Sicht eines Jungen, dessen Mutter Heroin spritzt und zunehmend in ihre Sucht abdriftet, während ihre Kinder sich selbst überlassen sind. Der Film begleitet den zehnjährigen Paul durch seinen Alltag, dem der feste Rahmen verloren geht: Die Schule sieht er bald nur noch von außen, stattdessen kümmert er sich um den kleinen Bruder und Mel, die trotz ihrer Sucht innig geliebte Mutter, die von der Droge ebenso wenig loskommt wie von ihrem Dealer Lenny, mit dem sie liiert ist. Der Tod ihrer besten Freundin an einer Überdosis scheint sie kaum zu berühren; dem Jungen wird es jedoch immer schwerer, vor sich selbst und anderen zu leugnen, was mit Mel nicht stimmt und was ihr Schicksal sein könnte. Er steht mit seinen Bemühungen, die marode kleine Gemeinschaft – trotz Mels Abhängigkeit – gegen ihren Dealer als auch gegen die Intervention von Polizei und Sozialfürsorge zusammenzuhalten, allerdings auf verlorenem Posten. Als ein Entzugsversuch, bei dem sich Mutter und Sohn zusammen in ihrem Haus verbarrikadieren, kläglich scheitert, bricht die Familie auseinander. Paul sucht Halt bei der jungen Kellnerin Louise, doch statt der erhofften Gefährtin findet er in ihr nur eine weitere Frau, die das triste Leben im Osten Londons noch weniger ertragen kann als er. Nichtsdestotrotz gibt sich der Junge nicht geschlagen und ringt verbissen und mit ebensoviel Mut wie Hartnäckigkeit darum, seine Mutter dazu zu bringen, von den Drogen loszukommen und seine Familie wieder zusammenzuführen. Dieser Blick auf die britische Unterschicht und auf ein Kind, das auf schmerzhafte Weise eine Verantwortung aufgebürdet bekommt, die selbst für einen Erwachsenen schwer zu tragen ist, lebt vor allem durch die unmittelbare, unsentimentale Teilnahme an seinem Erleben: Die Kamera weicht kaum von Pauls Seite, wenn er auf seinem Fahrrad oder zu Fuß durch die grauen Straßen oder die Markthallen läuft oder zu Hause um so etwas wie familiäre Normalität ringt; die anderen Figuren lernt der Zuschauer nur soweit kennen, wie auch Paul sie kennenlernt. So erfährt man sein hilfloses Leiden an den Verhaltensweisen der Erwachsenen, die er nicht verstehen kann und gegen die seine Kraftanstrengungen und Wutausbrüche zunächst wirkungslos zu verpuffen scheinen, teilt die Hoffnung, die jedes Mal aufblitzt, wenn sich die Mutter liebevoll und einsichtig zeigt, und den störrischen Lebenswillen, der den Jungen antreibt und ihn trotz aller Rückschläge und Nöte immer wieder kleine Lichtblicke entdecken lässt. Geadelt wird der Film dabei durch ein Drehbuch und durch Darsteller, die Sozialklischees sorgfältig vermeiden, sondern überzeugende Charakterstudien gestalten.
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