Ich habe Euch nicht vergessen

Dokumentarfilm | USA 2007 | 105 Minuten

Regie: Richard Trank

Erinnerungen an den österreichischen Architekten, Publizisten und Schriftsteller jüdischer Herkunft Simon Wiesenthal, der das Überleben des Holocaust als Schuld empfand, die er als engagierter "Nazi-Jäger" gegenüber den Toten abzutragen versuchte. Der konventionelle Dokumentarfilm findet in seiner Mischung aus aufgezeichneten Erinnerungen und historischen Dokumenten keine formale Entsprechung zur Lebensleistung des Porträtierten, vermittelt jedoch sachlich Fakten und überzeugt vor allem, wo Wiesenthal selbst zu Wort kommt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
I HAVE NEVER FORGOTTEN YOU: THE LIFE & LEGACY OF SIMON WIESENTHAL
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Moriah Films
Regie
Richard Trank
Buch
Marvin Hier · Richard Trank
Kamera
Jeff Victor
Musik
Lee Holdridge
Schnitt
Inbal B. Lessner
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Sie sei nicht mit einem Mann verheiratet, zitierte Simon Wiesenthal gerne seine Ehefrau, sondern mit sechs Millionen Toten. Auch so lässt sich das Lebenswerk des berühmten „Nazi-Jägers“ charakterisieren, dem die Verpflichtung gegenüber den Opfern des Holocaust über sein eigenes Leben ging. Mehr als tausend Fälle untergetauchter Kriegsverbrecher recherchierte Wiesenthals Jüdisches Dokumentationszentrum im Lauf der Jahrzehnte, und ohne sein persönliches Mitwirken wären wohl weder Franz Stangl, der Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka, noch die berüchtigte Majdanek-Aufseherin Hermine Braunsteiner jemals vor ein ordentliches Gericht gekommen. Naturgemäß machte sich Wiesenthal damit nicht nur Freunde – vor allem in seiner österreichischen Wahlheimat war er zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt. Richard Trank rekonstruiert in seinem Dokumentarfilm die bewegende Lebensgeschichte Simon Wiesenthals, um dessen Vermächtnis besser zu verstehen. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt entging der im ukrainischen Lvov arbeitende Architekt nur knapp der russischen Deportierung und kam nach dem Einmarsch der Wehrmacht in deutsche Gefangenschaft. Es gelang ihm, seine „arisch“ aussehende Frau nach Warschau zu schmuggeln, er selbst wurde auf eine Odyssee durch verschiedene Arbeits- und Vernichtungslager geschickt. Die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen erlebte Wiesenthal mehr tot als lebendig, aber es dauerte nicht lange, bis er begann, die von ihm empfundene Schuld des Überlebenden an den Toten abzutragen. Einen spektakulären Erfolg zeitigte seine unermüdliche Recherche im Fall Adolf Eichmanns, des Architekten der „Endlösung der Judenfrage“. Eichmanns Ergreifung durch den israelischen Geheimdienst war zwar nur in zweiter Linie Wiesenthals Verdienst, sie verschaffte ihm gleichwohl einen Bekanntheitsgrad, den er fortan geschickt für seine Sache einzusetzen wusste. Immer wieder mobilisierte Wiesenthal die Weltöffentlichkeit und bewegte neben lateinamerikanischen Diktaturen auch die USA dazu, gesuchte Nazis auszuliefern. Freilich findet sich in dieser ebenso gefälligen wie anspruchslosen Dokumentation keine ästhetische Entsprechung für Wiesenthals eindrucksvolle Lebensleistung. Trank arbeitet die Stationen seines Wegs im wenig inspirierten Wechsel von aufgezeichneten Erinnerungen und historischen Dokumenten ab, ohne dass ein persönliches Anliegen oder eine individuelle Handschrift sichtbar würde. Immerhin sind keine geschmacklichen Entgleisungen zu beklagen, und die Fakten werden sachlich, mitunter übervorsichtig dargelegt. In der durch den österreichischen Kanzler Bruno Kreisky ausgelösten Verleumdungskampagne gegen Wiesenthal ergreift Trank keine Partei und lässt den Zuschauer selbst zu Schlüssen gelangen. Seiner erzieherischen Aufgabe kommt der Film am besten nach, wenn der Porträtierte selbst spricht. Wiesenthal suchte nicht Rache, sondern Gerechtigkeit und erfüllt diese Botschaft auch nach seinem Tod mit Leben.
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