Zu Fuß nach Santiago de Compostela

Dokumentarfilm | Schweiz/Polen 2007 | 95 Minuten

Regie: Bruno Moll

Dokumentarfilm über die Reise des Schweizers Roman Weishaupt von seinem Bündner Heimatdorf nach Santiago di Compostela. Er unternimmt die Pilgerfahrt nicht als gläubiger Christ, sondern als ein von Religion faszinierter Beobachter, wobei sich sein Blickwinkel, der die Glücksgefühle wie auch die Unannehmlichkeiten der Reise tagebuchartig erfasst, angenehm von jenen Zeugnissen abhebt, die aus dem traditionsreichen Pilgerweg eine Mischung aus Wellness- und Esoterik-Trip machen. Freilich vermittelt sich die innere Erfahrung des Pilgerns im Rahmen des filmisch konventionellen Dokuments nur bedingt nachhaltig. - Ab 12 möglich.
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Filmdaten

Originaltitel
ZU FUSS NACH SANTIAGO DE COMPOSTELA
Produktionsland
Schweiz/Polen
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
PS Film/Federico Film/Polish Film Institute/SF
Regie
Bruno Moll
Buch
Bruno Moll
Kamera
Bruno Moll · Roman Weishaupt
Musik
Wädi Gysi
Schnitt
Anja Bombelli
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12 möglich.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Wenn man auf all die Pilgerberichte in Buchform sowie die Selbsterfahrungsprotokolle im Internet blickt, möchte man meinen, auf dem Jakobswegs müsste es heute zugehen wie in städtischen Fußgängerzonen während des Sommerschlussverkaufs. Schließlich ist Pilgern „in“, auch wenn der aktuelle Boom mit den christlichen Motiven nicht mehr viel gemein hat, sondern viele Wanderer den Trip als Wellness-Urlaub mit einem Schuss Esoterik in Angriff nehmen. Von derlei modischen Anwandlungen ist der Schweizer Roman Weishaupt erfreulicherweise wenig infiziert. Auf der anderen Seite ist er zwar, wie er zu Beginn des Dokumentarfilms erklärt, „von Religion fasziniert“, aber auch kein bekennender Christ. Weishaupt ist auf der Suche. Konkret weiß er nicht, welchen (Berufs-)Weg er nach Abschluss seiner Ausbildung zum Theaterpädagogen einschlagen soll, und eine richtig weite Wanderung wollte er nach einigem Bekunden schon immer einmal machen. Also begibt er sich aus seinem Heimatdorf in Bünden auf den 2.200 Kilometer langen Fußmarsch nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens. Ausgestattet mit Rucksack und langem Wanderstab, in den er jeden Tag eine Kerbe ritzt, stapft er über verschneite Alpenpässe, durchmisst den Süden Frankreichs, überquert die Pyrenäen und landet schließlich erschöpft, aber glücklich am Ziel. Der Film folgt dem Weg seines Protagonisten chronologisch, hält Beschwernisse (erste Blasen) und Unwirtlichkeiten (mieses Wetter) fest, zeigt sein allabendliches Bangen, in irgendeiner Herberge noch ein freies Bett oder auch nur den richtigen Weg zu finden. Da der Jakobsweg zumindest in Frankreich doch nicht so überlaufen ist wie man angenommen hatte, ist Roman Weishaupt meist allein unterwegs. So sinniert er in seiner Heimatsprache Rätoromanisch (die deutschen Untertitel sind dabei unabdingbar) über Gott und die Welt, wozu er für eine Art Video-Tagebuch eine Digitalkamera mit sich führt, der er seine Gedanken, seine Euphorie, aber auch seinen Frust anvertraut. Die Kamera des Filmemachers Bruno Moll wechselt zu sparsam eingesetzter Musik zwischen Totalen, die den Protagonisten als einsamen Wanderer in der (nicht immer spektakulären) Landschaft und Naheinstellungen, in denen die Schweißperlen auf der Stirn des Geplagten sichtbar werden. Ansonsten sieht man Weishaupt immer wieder mal von rechts nach links, mal von links nach rechts an der fixen Kamera vorbeigehen, wobei sich die Schnittfrequenz der Fortbewegungsart des Wanderns anpasst und mehrmals symbolschwanger eine Schnecke ins Bild gesetzt wird. Wer sich darauf nicht einlässt, wird relativ schnell gelangweilt sein und erschreckt zusammenzucken, wenn der Protagonist Mitte des Films erklärt, nun habe er endlich die Hälfte der Reise geschafft. So erfreulich es ist, dass Weißhaupt hier nicht esoterischen Pseudo-Weisheiten absondert, so wenig vermag er aber auch seinen persönlichen Erkenntnis- und Erfahrungsgewinn dieser Pilgerreise dem Zuschauer nachhaltig zu vermitteln. Manch einer wird sich fragen, ob er die Zeit nicht besser für eine stramme Wanderung genutzt hätte.
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