Drama | USA 2007 | 133 Minuten

Regie: Julie Taymor

Ausgehend von mehr als 30 klassischen Titeln der Beatles, entwirft "Across the Universe" die Liebesgeschichte zwischen einem Hafenarbeiter aus Liverpool und einem Upper-Class-Mädchen aus Massachusetts. In den Strudeln der späten 1960er-Jahre machen beide erste politische Erfahrungen, geraten in Studentenstreiks und Antikriegsdemonstrationen, tauchen in die ambivalente Zauberwelt der Hippies und der Gegenkultur ein. Eine szenisch opulente, nostalgische Zeitreise mit mitreißenden Musiknummern und Auftritten von Stars wie Joe Cocker und Bono, in der das zeitgeschichtlich grundierte Sujet freilich weitgehend entpolitisiert wird. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ACROSS THE UNIVERSE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Revolution Studios/Team Todd
Regie
Julie Taymor
Buch
Julie Taymor
Kamera
Bruno Delbonnel
Musik
Elliot Goldenthal
Schnitt
Françoise Bonnot
Darsteller
Evan Rachel Wood (Lucy) · Jim Sturgess (Jude) · Joe Anderson (Max) · Dana Fuchs (Sadie) · Martin Luther McCoy (Jo-Jo)
Länge
133 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Musical
Externe Links
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Heimkino

Die Extras der Standard-Edition umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar der Regisseurin und des Komponisten. Bemerkenswert ist zudem ein Kurzfeature über die Filmmusik des Musicals (15 Min.). Eine ebenfalls erhältliche, indes nur unzureichend kenntlich gemachte Special Edition (2 DVDs) enthält eine entfallene Filmszene (1 Min.) und zudem noch weitere Ergänzungen zum "Making of" in Form von Schauspielerportraits sowie ein Booklet (30 Seiten) mit den Songtexten. Die Blu-ray ist in punkto Extras identisch mit der Special Edition, indes ohne das Booklet.

Verleih DVD
Sony (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Sony (16:9, 2.35:1, DTrueHD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Warum die Helden von Julie Taymors neuem Film die Vornamen Jude und Lucy tragen, liegt auf der Hand: So konnten zwei der berühmtesten Beatles-Songs, „Hey Jude“ und „Lucy in the Sky with Diamonds“, in die Handlung einbezogen werden. Daneben sind in „Across the Universe“ noch weitere rund dreißig Beatles-Titel zu hören, wenn auch nicht in den originalen Aufnahmen, sondern neu und durchaus mitreißend interpretiert. Um diese Songs herum wurde eine Story gebaut, die direkt auf die Entstehungszeit der Musik zugeschnitten ist und jene gesellschaftlichen Eruptionen, Träume und rauschhaften Zustände zitiert, die in den späten 1960er-Jahren mit und ohne LSD zum Erfahrungsschatz der US-amerikanischen Gesellschaft gehörten. „Across the Universe“ erinnert an die Aufbrüche und Niederlagen, die Feuerstürme und Aschehaufen von damals – und macht augenfällig, was davon übrig blieb. Die Geschichte ist schnell erzählt: Der Hafenarbeiter Jude bricht aus Liverpool in die USA auf und freundet sich dort mit Max an, dem Sohn einer reichen, bürgerlichen Familie. Max muss in den Vietnamkrieg. Währenddessen wird Lucy, seine Schwester, für Jude zur großen Liebe. Gemeinsam machen sie politische Erfahrungen, begegnen diversen Exponenten der Gegenkultur, geraten in Studentenstreiks und Antikriegsdemonstrationen, tauchen in die ambivalente Zauberwelt der Hippies und Blumenkinder ein. Der von Bono dargestellte Doctor Robert intoniert „I Am The Walrus“, Joe Cocker macht „Come Together“ zu einem Erlebnis, und Jude, der sich an surrealistischen Malereien versucht, entwirft zu den Klängen von „Strawberry Fields Forever“ ein Bildmotiv blutender Erdbeeren, in dem das Ende der privaten wie gesellschaftlichen Hoffnungen schon mehr als nur aufscheint. Der Aufbruch mündet in Verzweiflung, die Liebe wird gewaltsam getrennt, und erst in der traumhaften Schlussapotheose finden Jude und Lucy wieder zueinander: „All You Need Is Love“. Regisseurin Julie Taymor, die dem Broadway mit „König der Löwen“ eine der erfolgreichsten Musical-Inszenierungen der letzten Jahre beschert hatte, lässt auch in „Across the Universe“ ihrer Fantasie freien Lauf. Der Film besteht zu weiten Teilen aus farbenprächtigen Tableaus, wobei eine Reihe von Szenen Zitatcharakter tragen. Die Sequenz der Einberufung junger Soldaten assoziiert „Hair“ (fd 22 062) und „The Wall“(fd 23 678); der Polizeiangriff auf Studenten und die Trennung der Liebenden ähnelt bis hin zu den Einstellungsgrößen der Schlusssequenz von „Blutige Erdbeeren“ (fd 17 067). Der Zeichentrickfilm „Yellow Submarine“ (fd 33 861) stand, nicht zuletzt mit seiner Farbgestaltung, sichtlich Pate für einige psychedelische Momente. Was „Across the Universe“ allerdings fehlt, ist die Subversion der frühen Beatles-Spielfilme. Deren freche, slapstickhafte Lakonik muss hier einem pompös durchgestylten Kitschuniversum weichen. Was am meisten negativ ins Gewicht fällt: „Across the Universe“, der angesichts der Bush-Politik und eines damit verbundenen weltpolitischen Desasters, das die US-Niederlage in Vietnam noch weit in den Schatten zu stellen droht, ein prononciert gleichnishafter Film hätte werden können, verfehlt dieses Ziel komplett. Julie Taymor, der es schon in ihrem Frida-Kahlo-Biopic „Frida“ (fd 35 833) gelungen war, die revolutionäre Malerin zur Protagonistin eines Liebesmelodrams zu verkleinern, hat es erneut geschafft, ihr zeitgeschichtlich grundiertes Sujet weitgehend zu entpolitisieren. „Across the Universe“ bringt zwar Kriegsbilder explodierender Granaten und Trauerfeiern auf Soldatenfriedhöfen, zeigt die sich emanzipierenden Afroamerikaner und lässt Polizeiknüppel auf Studenten niedersausen. Doch jeder Ansatz von Gesellschafts- und Politikkritik wird von der Beschwörung erstickt, sich dann doch lieber auf nichts anderes einzulassen als auf Liebe, Familie, Gefühl. Zum signifikanten Bild für diese menschelnde Sentimentalität, die nahezu komplette Weichspülung aller zeitkritischen Bezüge, gerät jene Szene, in der Motive splitternder Granaten und blutender Erdbeeren in die Großaufnahme der sich drehenden Trommel einer Waschmaschine münden. So setzt „Across the Universe“ letztlich keinerlei Stachel, die irgendwem wehtun könnten, sondern badet sich in opulenter, tränenseliger Nostalgie.
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