1 Mord für 2

Krimi | USA 2007 | 86 Minuten

Regie: Kenneth Branagh

Ein reicher Krimiautor lädt den jungen, mittellosen Liebhaber seiner Frau in seine Villa und macht ihm ein Angebot, das sich als Falle entpuppt. Doch auch der Jüngere hat manche Finte auf Lager. Das Remake des Filmklassikers "Mord mit kleinen Fehlern" (1972) hat ähnliche inszenatorische Stärken wie das Original: brillante Darsteller, messerscharfe Dialoge und einen raffinierten Umgang mit dem auf einen einzigen Schauplatz begrenzten filmischen Raum. Obendrein gelingt es dem Film, in der Konturierung des männlichen Machtkampfs klug eigene Akzente zu setzen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SLEUTH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Sony Pic. Classics/Castle Rock Ent./Riff Raff Film Prod./Timnick Films/Media Rights Capital/Midnight Transfer
Regie
Kenneth Branagh
Buch
Harold Pinter
Kamera
Haris Zambarloukos
Musik
Patrick Doyle
Schnitt
Neil Farrell
Darsteller
Michael Caine (Andrew Wyke) · Jude Law (Milo Tindle) · Harold Pinter (Mann im Fernsehen)
Länge
86 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Krimi
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Euro Video (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt., dts dt.)
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Diskussion
Zwei Männer, eine Frau – außer in Lubitschs „Serenade zu dritt“ (fd 25 606) ist das im Kino nur selten gut gegangen. Auch in „1 Mord für 2“, einem Remake von „Mord mit kleinen Fehlern“ (fd 18 458), wird die Rivalität eines gehörnten, aber reichen und berühmten Ehemanns mit dem jungen und schönen, aber beruflich erfolglosen Liebhaber seiner Frau zum gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel, bei dem indes wechselt, wer die Katze und wer die Maus ist. Der Ehemann, ein berühmter Krimi-Schriftsteller, lädt einen Schauspieler, der eine Affäre mit seiner Frau hat und von dem Älteren die Scheidung verlangt, in sein vornehmes Anwesen ein und macht ihm einen Vorschlag, der sich als raffinierte Falle entpuppt. Anstatt diese Demütigung hinzunehmen, erweist sich der junge Mann jedoch als würdiger Gegner. Die Frau als umkämpfte Helena tritt dabei in persona gar nicht in Erscheinung; vielmehr entfaltet das sinistre intellektuelle und handgreifliche Duell der ungleichen Männer eine ganz eigene Erotik. Warum man von einem Film wie „Mord mit kleinen Fehlern“ ein Remake machen muss, ist auf den ersten Blick nicht einsichtig, war das von Joseph Mankiewicz inszenierte Original aus dem Jahr 1972 doch eine mustergültige Adaption von Anthony Shaffers Theaterstück, die bis heute nichts an Reiz verloren hat. Es besser zu machen, war denn auch schwerlich möglich. Die inszenatorischen Parameter dieser bitterbösen und tragikomischen Kriminalgeschichte sind in der Neuverfilmung dieselben wie im Original: eine Dramaturgie, die sich eng an die Drei-Akte-Struktur der Bühnenvorlage hält und sich auf einen einzigen Schauplatz konzentriert, hervorragende Darsteller (früher Laurence Olivier und Michael Caine, nun Caine und Jude Law), messerscharfe Dialoge (im alten Film von Shaffer selbst, im neuen Film von Harold Pinter), die eine hinreißende Lust am Spiel mit der Sprache vermitteln, und ein versierter Umgang mit dem filmischen Raum, der zur dritten Hauptfigur wird. Nichtsdestotrotz ist Kenneth Branaghs Film absolut nicht überflüssig, macht er es doch auch anders als Mankiewicz – und vor allem ebenfalls sehr, sehr gut. Ein bisschen erinnert „1 Mord für 2“ an die seltsam unwirkliche Stimmung des Helsingörs in Branaghs „Hamlet“ (fd 32 575), in dem es wie hier um einen Konflikt zwischen Männern unterschiedlicher Generationen, entfacht durch eine Frau, und um todernste Machtspiele ging: „The play‘s the thing...“. Branaghs Adaption ist kälter und in ihrer kühlen, scharfkantigen Perfektion spröder als der frühere Film, gleichzeitig aber auch heißer, weil im Machtkampf der Männer neue sexuelle Aspekte an die Oberfläche dringen: Das Motiv des Klassenkampfs, das einst in der Konfrontation zwischen proletarischem Liebhaber und Oberschichts-Ehemann verhandelt wurde, ist hier weitgehend zurückgedrängt; stattdessen geht es unter der dünnen kulturellen Firnis um die Konstruktion von Männlichkeit an sich, um Revier- und Konkurrenzkämpfe auf einer absolut archaischen Ebene. Das reflektiert auch das Setting, das stark von dem des älteren Films abweicht: Schuf damals Ken Adams in Form eines mit mechanischen Puppen und Spielzeug vollgestopften neogotischen Anwesens das schrullige Xanadu eines britischen Aristokraten, ist der Schauplatz des neuen Films, der sich noch konsequenter bzw. klaustrophobischer auf die Innenräume konzentriert, geradezu lebensfeindlich: ein kahles, von Betonflächen dominiertes, mit Neonlicht beleuchtetes Unding von einem Haus, in dem ein käfigartiger Fahrstuhl Erd- und Obergeschoss verbindet und Überwachungskameras jeden Winkel erfassen. Zwar visualisierte auch das Ambiente im älteren Film eindrücklich die Spleenigkeit seines Besitzers, doch hatte diese noch über weite Strecken makaber-spielerische Züge, während nun der Kontrollzwang früh sichtbar wird. Die Männer begegnen sich in einem Hochsicherheitstrakt, in dem es trotz edlen Whiskys und teurer Designermöbel zur Sache geht wie in einem Gefängnisfilm: Raubtiere im Maskulinitätskäfig, die mit allen ihnen zu Gebote stehenden Waffen – Ruhm und Geld, Schönheit und Potenz, körperlicher Gewalt und geistiger Überlegenheit – um die Position des Leitwolfs streiten. Die auffällige Kameraarbeit, die extreme Blickwinkel und geometrische Bildarrangements sucht, gibt dem Film ein irritierend artifizielles Ansehen, das zugleich auf Distanz hält und in Bann schlägt. Während die Plot-Twists für jene, die das Original kennen, in den Hintergrund treten (bis auf die Wendungen im dritten Akt, die vom Original am stärksten abweichen), ist es vor allem das Wie, das die Aufmerksamkeit fesselt: die vielen Nuancen, in denen die ungleichen Pfauen ihre Räder schillern lassen, um ihr Gegenüber einzuschüchtern und zu unterwerfen. Das Vergnügen, Michael Caine und Jude Law in dieser schön-grausamen Laboranordnung zuzusehen und zuzuhören, ist die Mühe einer Neuverfilmung allemal wert.
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