El baño del Papa

- | Uruguay/Brasilien/Frankreich 2005 | 90 Minuten

Regie: César Charlone

Die Nachricht, dass der Papst ein uruguayisches Grenzstädtchen besuchen will, versetzt dessen Bewohner nicht nur in religiöse Verzückung, sondern weckt auch geschäftliche Interessen. Ebenso amüsante wie bittere Satire über Menschen in Armut, die gerne auch einmal zu den Nutznießern einer globalisierten Welt gehören möchten. Dabei bringt die humorvolle Geschichte viel Verständnis für die Protagonisten und ihre menschlichen Schwächen auf. - Sehenswert ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
EL BAÑO DEL PAPA
Produktionsland
Uruguay/Brasilien/Frankreich
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Laroux-Ciné/O2 Filmes/Chaya Films
Regie
César Charlone · Enrique Fernández
Buch
César Charlone · Enrique Fernández
Kamera
César Charlone
Musik
Gabriel Casacuberta · Luciano Supervielle
Schnitt
Gustavo Giani
Darsteller
César Troncoso (Beto) · Virginia Méndez (Carmen) · Mario Silva (Valvulina) · Vigirnia Ruíz (Silvia) · Nelson Lence (Meleyo)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Mai 1988. Die Menschen in Melo, einer Stadt in Uruguay im Grenzgebiet zu Brasilien, besitzen nicht viel, aber sie überleben irgendwie. Einige durch karge Landwirtschaft, andere durch Schmuggel; wie Beto, der mit seinem Fahrrad heimlich Waren über die brasilianische Grenze schafft und so sein Einkommen findet. Während Beto schmuggelt und seine Frau Carmen die Familie über Wasser zu halten versucht, träumt Tochter Silvia von einem besseren Leben, davon, in Montevideo Journalismus zu studieren. Auch um die Armut und den Vater hinter sich zu lassen, der sich immer wieder dem Alkohol zuwendet, aggressiv und gewalttätig wird, was er im nüchternen Zustand später immer wieder bitter bereut. Da bringt das Fernsehen die große Nachricht und alles scheint sich zu ändern: Johannes Paul II. will Uruguay besuchen und auch die Kleinstadt Melo. Mehr als 50.000 Besucher werden angekündigt; die Einwohner hoffen auf Wohlstand und machen eine einfache Rechnung auf: Lebensmittel und Getränke preiswert eingekauft und an die Pilgern mit saftigem Aufschlag veräußerst, soll den eigenen Geldbeutel füllen; im Angebot sind natürlich auch Devotionalien, Rosenkränze, Papst- und Heiligenbilder. Die Bewohner von Melo sind schrullige Menschen, mit Ticks, Hoffnungen und vielen Absonderlichkeiten; wunderlich im positiven Sinne. Aber mit der Ankündigung des Papstbesuchs breitet sich im Städtchen eine kollektive Hysterie aus. „El baño del Papa“ lebt von einem skurrilen Humor, einer mitunter galligen Fröhlichkeit und der neorealistischen Darstellung der Verhältnisse, bei der professionelle Schauspieler wunderbar die exzellenten Laienschauspieler ergänzen. Während alle Häuser sich mit Bergen von verderblichen Lebensmitteln füllen, denkt Beto einen Schritt weiter. Er baut vor seinem Haus eine Miettoilette und holt sich die Einzelteile und das Baumaterial Stück für Stück über die Grenze. Mit den Einnahmen möchte er später sein altes Fahrrad durch ein Motorrad ersetzen, und natürlich soll die Tochter studieren. Doch als der Papst fast schon vor den Türen steht, kommt alles ganz anders. Statt 50.000 kommen nicht einmal 8.000 Besucher, und am Ende hat nur eine einzige Frau Betos Toilette in Anspruch genommen. Das Dorf ist ruiniert, ein Motorrad wird sich Beto nicht kaufen, und sein Fahrrad hat er gegen die Toilettenschüssel eingetauscht. „El baño del papa“, von Fernando Meirelles mitproduziert, ist der erste abendfüllende Spielfilm von César Charlone und Enrique Fernández. Er bietet ein traurig-kauziges Schelmenstück über den Traum kleiner Leute vom bescheidenen Reichtum, von ferngesteuerten Sehnsüchten, die die Medien in die Hütten und Häuser tragen, Wünsche, die in enttäuschten Hoffnungen enden. Dabei hält der Film die Balance zwischen Satire und sozialem Drama, ist menschlich und mit schwarzem Humor gewürzt; entwickelt einen eigenen, langsamen Rhythmus in Schnitt und Bildgestaltung. Bei aller grotesken Übersteigerung bleiben die beiden Regisseure dicht an ihren Helden: Die Einwohner von Melo sind weder Dorftrottel noch Märtyrer, sondern eher wie Don Quijote auf der Jagd nach dem Glück, ausgestattet mit Bauernschläue und Volksfrömmigkeit. Wie in vielen anderen Filmen aus Uruguay, etwa „Whisky“ (fd 37 034) oder „El viaje hacia el mar“ (2003) liegt die Stärke von „El baño del Papa“ in der ebenso natürlichen wie grotesken Darstellung und dem liebevoll-skurrilen Humor. Ein bittersüßer und zugleich rauer Film ohne wirkliche Helden und ohne die Verklärung der Armut. Aber trotzdem stellt er die Menschen und ihren aussichtslosen Kampf um ein besseres Leben überzeugend dar. Die Armut bleibt, und der Papst fährt weiter, nur im Fernsehen kann man ihn noch bewundern. Dabei entlässt der Film den Zuschauer mit der augenzwinkernden Botschaft, dass der Weg wichtiger ist als das Ziel und enttäuschte Hoffnungen immer noch besser als gar keine sind.
Kommentar verfassen

Kommentieren