Talk To Me (2007)

Drama | USA 2007 | 119 Minuten

Regie: Kasi Lemmons

Porträt des afroamerikanischen Radio-Moderators Petey Greene, dessen Talent im Gefängnis entdeckt wird und der beim Washingtoner Sender WOL Karriere macht. Als im Jahr 1968 der Bürgerrechtler Martin Luther King erschossen wird und aufgebrachte Schwarze ihrer Wut freien Lauf lassen, wird Greene zum Sprachrohr der Gewaltlosigkeit. Ein einfühlsames, wenngleich gelegentlich etwas zu gefälliges Porträt, das gleichwohl eindrucksvoll Aufstieg und Fall eines Wegbereiters zeigt und überzeugend die Atmosphäre der 1960er-Jahre auferstehen lässt. Das Thema Rassismus bleibt dabei freilich Hintergrundrauschen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
TALK TO ME
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Sidney Kimmel Ent./Mark Gordon Prod./Pelaguis Films/The Mark Gordon Co.
Regie
Kasi Lemmons
Buch
Michael Genet · Rick Famuyiwa
Kamera
Stéphane Fontaine
Musik
Terence Blanchard
Schnitt
Terilyn A. Shropshire
Darsteller
Don Cheadle (Ralph Waldo "Petey" Greene) · Chiwetel Ejiofor (Dewey Hughes) · Taraji P. Henson (Vernell Watson) · Martin Sheen (E.G. Sonderling) · Cedric The Entertainer ("Nighthawk" Bob Terry)
Länge
119 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Petey Greene hatte große Talente: Sprachwitz, zeitgemäßen Musikgeschmack und ein schonungslos ehrliches Mundwerk. Mit diesen Talenten erfreute der Afroamerikaner, der früher auch einmal Zuhälter gewesen sein wollte, als Radiomoderator die Insassen seines Gefängnisses – wo er wegen Diebstahls einsaß. Die Lebensgeschichte dieser für die USA bedeutenden Persönlichkeit beginnt im Gefängnis; auf diese Zeit verweist Petey, wenn er mit anderen über sich spricht. Es ist das Amerika zu Beginn der 1960er-Jahre; die Bosse der Radiostationen sind weiß, doch wissen sie um ihre schwarze Klientel. Der Washingtoner Radiosender WOL hat mit Dewey Hughes einen schwarzen Programmdirektor, der seinen Bruder im Gefängnis besucht und dabei auf Peteys Radioshow aufmerksam wird. Er verspricht ihm halbherzig, sich um sein Talent zu kümmern, wenn er entlassen wird. Schließlich ist es soweit: Petey kommt raus – oder redet sich vielmehr raus, denn er beruhigt einen aufgebrachten Insassen mit wenigen Sätzen, wofür ihn der Direktor im Gegenzug früher entlässt; dass Petey selbst den Insassen anstachelte und dies zu seinem Plan gehörte, verschweigt er selbstverständlich. Wieder frei, erscheint er mit seiner Freundin im Arm im Sender und verlangt nach dem ihm angeblich versprochenen Job. Es kommt zunächst zum Eklat, doch schließlich erhält Petey seine Chance. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten, auch wenn er dem weißen Boss anfangs zu wild ist, weil er seine Meinung ungefiltert kundtut und auch vor seinen Anrufern kein Blatt vor den Mund nimmt. Am 4. April 1968 wird dann der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King erschossen, und Petey wird zusammen mit Hughes Augenzeuge des Mobs: Fensterscheiben werden eingeschmissen, Autos in Brand gesteckt, weiße Bürger werden wahllos niedergeschlagen. Es ist wohl einer der bedeutendsten Momente im Leben des Moderators und gewiss der Höhepunkt des Films: Der sonst so clowneske, gutlaunige Habitus Peteys weicht einer tief empfundenen Trauer. Anstatt den Menschen zu diktieren, wie sie zu handeln haben, nimmt er Anteil, ruft den aufgebrachten Menschen die von King propagierte Gewaltlosigkeit ins Gedächtnis und wird so für einen kurzen Moment zum Sprachrohr der schwarzen Minderheit. Die Regisseurin Kasi Lemmons hat mit „Talk To Me“ ein sorgfältiges Porträt des hierzulande wohl nur Kennern bekannten Petey Greene gedreht. Mit exzellenten Darstellern, sorgsam ausgewählter Musik und einem genauen Blick für szenische Details lässt sie die Atmosphäre der 1960er-Jahre wieder aufleben, und insbesondere Don Cheadle überrascht nach „Hotel Ruanda“ mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht. Doch ist dieses Porträt auch sehr, ja allzu versöhnlich in seinem Blick auf die US-Gesellschaft. Der Film schildert Petey Greene als einenden Mann von der Straße, auf den die schwarze Bevölkerung wartete. Das Thema Rassismus wird dabei eher als Hintergrundrauschen wahrgenommen, ohne dass es, abseits des historischen Ereignisses der Ermordung Kings, jemals explizit Teil der Handlung würde. So ist z.B. der weiße WOL-Senderchef – Martin Sheen in einer dankbaren Nebenrolle – derjenige, der als einziger offen weint, als King ermordet wird. Greene selbst scheitert schließlich an seiner Vermarktung: Hughes will das Talent des Moderators ausschlachten – mit dessen Einverständnis. Doch die Auftritte in Talkshows und Serien machen den Mann kaputt, er wird zum Alkoholiker, und es kommt zum Bruch der beiden Männer. „Talk To Me“ ist ein Exempel für ein einfühlsames, wenngleich etwas gefälliges Porträt eines Wegbereiters, von dem auch heute noch Radiomoderatoren in aller Welt profitieren – auch jene ohne kriminellen Hintergrund.
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