Camilo - Der lange Weg zum Ungehorsam

Dokumentarfilm | Belgien/Deutschland 2007 | 85 Minuten

Regie: Peter Lilienthal

Ein junger Nicaraguaner, der in der US-Armee im Irak-Krieg diente, weil er sich eine schnelle Einbürgerung in die USA erhoffte, tourt mit dem Vater eines im Kampf getöteten Kameraden durch die USA, um auf die Menschenverachtung dieses Aspekts amerikanischer Einwanderungspolitik aufmerksam zu machen. Der aufrüttelnde Dokumentarfilm beschreibt eine kaum bekannte Seite US-amerikanischer "Kolonialpolitik", wobei er sich auf zwei Männer konzentriert, die überzeugend gegen die Einwanderungsgesetze der USA argumentieren. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Belgien/Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Steelecht/Filmwerkstatt Münster/Triangle 7/WDR/arte
Regie
Peter Lilienthal
Buch
Peter Lilienthal
Kamera
Carlos Aparicio
Musik
Seraphin
Schnitt
Julian Isfort
Länge
85 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Sie nahmen das Angebot der amerikanischen Rekrutierungstrupps nur allzu gern an. Ein paar Jahre Militärdienst und quasi als Dank die Greencard und ein Studium an einer US-Universität. Schließlich träumen viele Jungen und Männer in Süd- und Mittelamerika von einer solchen Gelegenheit. Und der junge Mexikaner Jesus Suarez und sein nicaraguanischer Altersgenosse Camilo Mejia waren stolz und voller Hoffnung, als sich ihnen die vermeintliche Chance ihres Lebens eröffnete. Und sie waren unbedingt willens, gute Amerikaner zu werden. Doch aus dem amerikanischen Traum wurde für sie im fernen Irak bald ein Albtraum. Jesus starb durch eine Mine, die, wie es aussieht, als so genanntes „Friendly Fire“ aus den eigenen Reihen stammte. Camilo überlebte den Einsatz im Irak. Womöglich aber auch nur, weil er nach sechs Monaten während eines Heimaturlaubs beschloss, nicht zur Truppe zurückzukehren, sondern den Kriegsdienst zu verweigern. Er bezahlte sein Umdenken mit einem Jahr Haft, brachte es durch seine Aktion mit Hilfe der Medien aber auch zu einer gewissen Popularität, die er sich auf seiner Mission als Friedensaktivist zunutze macht. Jesus’ Vater Fernando ist hingegen nur die, wie er sagt, zweifelhafte Ehre geblieben, Vater des ersten GIs mexikanischer Abstammung zu sein, der im Irak sein Leben verlor. In der Überzeugung, es seinem Sohn schuldig zu sein, zieht Fernando nun durch amerikanische Schulen, um patriotischen Jugendlichen die Illusion zu nehmen, Militärdienst und Kriegseinsätze seien erstrebenswerte Berufsperspektiven. Camilo und Fernando stehen im Zentrum von Peter Lilienthals Dokumentarfilm, der bereits mit seinem Untertitel „Der lange Weg zum Ungehorsam“ die programmatische Ausrichtung vorgibt. Der Film folgt seinen beiden Protagonisten bei ihren öffentlichen Auftritten, aber auch in privaten, familiären Situationen. Auch wenn er immer wieder TV-Bilder aus dem Irak einschneidet und Fernando an den Ort begleitet, an dem sein Sohn tödlich getroffen wurde, geht es Lilienthal weniger um die Diskussion der (Un-)Rechtmäßigkeit dieses Kriegs, denn um ein generelles Plädoyer für Pazifismus. Sein besonderes Augenmerk wirft er dabei auf die fragwürdigen Methoden, mit denen US-Militärs gerade in Lateinamerika Jugendliche für die Armee anzuwerben versuchen. In diesem Fokus offenbart sich nicht zuletzt eine Kontinuität zu Lilienthals filmischem Schaffen, in dem er sich, mit seinen Eltern einst selbst vor den Nazis nach Uruguay geflohen, immer wieder mit lateinamerikanischen Sujets („Es herrscht Ruhe im Land“, fd 19 661) beschäftigt hat. In „Camilo“ dokumentiert er nun nicht nur das Schicksal von US-Soldaten mit Migrationshintergrund, sondern schildert auf der Suche nach den Ursachen auch noch die dramatische Situation an der mexikanisch-amerikanischen Grenze und begibt sich schließlich nach Nicaragua, um nachzusehen, was aus der glorreichen Revolution geworden ist. Dabei kommen u.a. ein Betreiber einer Suppenküche sowie ein ehemaliger Sandinist zu Wort, der im Kampf gegen die von den USA unterstützten Contras ein Auge verlor. So redlich das Bemühen ist, die Hintergründe des Phänomens der südamerikanischen GIs deutlich zu machen, leidet der Film mit zunehmender Dauer unter einer gewissen Überfrachtung. So bleiben die bemerkenswertesten, nicht zuletzt von ruhigen Einstellungen und starken Emotionen getragenen Szenen dieses durchaus bewegenden Films, der ohne Off-Kommentar auskommt, jene mit seinen beiden Protagonisten in den USA.
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