Drama | USA 2007 | 91 Minuten

Regie: Ira Sachs

Ein verheirateter Mann verliebt sich und plant, seine Ehefrau zu ermorden, weil er davon ausgeht, dass eine Scheidung im Drama enden würde. Dabei hat er ebenso wenig mit der Aufgeschlossenheit seiner Frau gerechnet wie mit der Schwerenöterei seines besten Freundes, dem er seine Geliebte gelegentlich anvertraut. Zwischen Hitchcock-Spannung, Farce und Melodram angesiedelte Romanverfilmung, die die Engstirnigkeit gutbürgerlicher Kreise der 1950er-Jahre persifliert. Dabei wird die Mischung von Erzähltonfällen vor allem den weiblichen Figuren nicht immer gerecht. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MARRIED LIFE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Sidney Kimmel Ent./Anonymous Content/Firm Films
Regie
Ira Sachs
Buch
Ira Sachs · Oren Moverman
Kamera
Peter Deming
Musik
Dickon Hinchliffe
Schnitt
Affonso Gonçalves
Darsteller
Pierce Brosnan (Richard Langley) · Chris Cooper (Harry Allen) · Patricia Clarkson (Pat Allen) · Rachel McAdams (Kay) · David Wenham (John O'Brien)
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Komödie | Literaturverfilmung
Externe Links
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Diskussion
John Binghams Roman „Five Roundabouts to Heaven“ (auch „The Tender Poisoner“, 1953), die Vorlage zu „Married Life“, wurde bereits 1962 als Episode der Fernsehserie „The Alfred Hitchcock Hour“ verfilmt, weshalb nicht verwundert, dass auch diese zweite Adaption gelegentlich an den Meister des Suspense-Kinos erinnert. So weckt eine junge Frau mit platinblondem Haar und tannengrünem Kleid gleich bei ihrem ersten Auftritt Assoziationen an Kim Novak in „Vertigo – Aus dem Reich der Toten“ (fd 7 835), bevor Regisseur Ira Sachs im letzten Akt schließlich Hitchcocks Kardinalregel ausreizt, der zufolge die Spannung am größten sei, wenn der Zuschauer um eine Gefahr weiß, von der das potenzielle Opfer nichts ahnt. Doch obwohl ein Dialogsatz, der im englischen Original mit den Worten „The trouble with Harry ...“ beginnt, sogar explizit einen weiteren Film von Alfred Hitchcock zitiert, hat dieser ganz offenkundig nicht Pate für den ungewöhnlich schwankenden Erzählton des Films gestanden. Nachdem der animierte Vorspann Magazin-Illustrationen der Nachkriegszeit parodiert hat, ahmen Ausstattung und Kostümdesign sorgfältig den „Look“ jener Jahre nach. Während das Geschehen zeitlich klar verankert ist, findet es in einer Art Vakuum statt; obwohl sich zu Beginn die Skyline einer US-Metropole in einem Bürofenster spiegelt, bekommt man kaum Außenaufnahmen zu sehen, und wenn doch, dann sind sie zumeist zwischen Haustür und Bordsteinkante angesiedelt. So entsteht der Eindruck eines klaustrophobischen Mikrokosmos, dessen Milieu und Personal an Todd Haynes „Dem Himmel so fern“ (fd 35 836) denken lässt, zumal auch „Married Life“ die brüchige konservative Engstirnigkeit jener Epoche karikiert. Solche zeitgenössische Borniertheit ist wohl der Grund dafür, warum sich der steife Angestellte Harry einfach nicht vorstellen kann, dass seine Frau Pat eine Scheidung überstehen könnte – weshalb es ihm, als er eine Affäre mit der attraktiven Kriegswitwe Kay beginnt, als einzige Lösung erscheint, Pat zu ermorden. Dass er seine aufgeschlossene Frau völlig falsch einschätzt, ist freilich gleich zu erahnen, als deren erstes Wort im Film „Sex“ lautet: Sex stellt nach Pats Ansicht die Basis jeder gelungenen Beziehung dar. Dem könnte wohl auch Harrys langjähriger Freund zustimmen, der heitere Lebemann Rich, der sich prompt auch in Kay verliebt und dessen ironischer Off-Kommentar die Erzählperspektive prägt. Das ist der Stoff für eine Farce, und als solche legt Sachs seinen dritten Spielfilm auch über weite Strecken an. Dabei kontrastiert er Richs hinterhältigen Charme wirkungsvoll mit Harrys verstockter Naivität, der seinen heimlichen Kontrahenten ahnungslos darum bittet, sich freundschaftlich um seine Geliebte zu kümmern. Doch die morbide Ironie, die durchaus zu Hitchcock passen würde, wird durch die Zeichnung von Kay unterlaufen, die entgegen den Erwartungen keine dubiosen Hintergedanken offenbart. Man rechnet mit einer „Femme Fatale“ und lernt doch eher eine melancholische Realistin kennen, deren Zuneigung zu Harry pragmatisch begründet, aber nicht unaufrichtig ist. Vor allem widersetzt sich die Figur von Pat hartnäckig den Kriterien einer Farce, weil sie von Patricia Clarkson mit einem Ernst gespielt wird, der vorbehaltlose Zuneigung verlangt. Da Pat nicht spöttisch überzeichnet ist, fällt auf, wie selten solchen Frauenfiguren mittleren Alters im Kino sonst ohne ironische Relativierung etwas Selbstverständliches zugestanden wird: nämlich Lebenslust und Libido. Das Resultat ist freilich, dass mehrere Szenen mit Pat den Charakter eines entwaffnend ernsten Ehedramas annehmen – was eine weitere Konsequenz nach sich ziehen kann: Während man die Sorgfalt goutiert, mit der diese bescheiden budgetierte Independent-Produktion den „Look“ eines 1950er-Jahre-Melodrams nachahmt, und während einen das gegensätzlich angelegte Spiel der männlichen Hauptdarsteller amüsiert, mag man sich wünschen, dass der Hauptakzent doch auf jenem dramatischen Ernst läge, den die weiblichen Hauptfiguren verdient hätten.
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