Akte X - Jenseits der Wahrheit

Fantasy | USA/Kanada 2008 | 104 (DVD: 100 & 104) Minuten

Regie: Chris Carter

Als ein FBI-Agent verschwindet, kontaktiert die Bundesbehörde die nicht mehr im Dienst befindlichen Mitarbeiter der Sektion für übersinnliche Phänomene. Ein wegen Pädophilie geächteter Priester hat mysteriöse Visionen, die auf die Täter und weitere Opfer hindeuten. Spannender Thriller, der die gleichnamige Fernsehserie im Kinoformat auferstehen lässt. Zwar krankt der Film in der ersten Hälfte an dramaturgischen Längen, überzeugt schließlich aber doch als reizvolle Reminiszenz, die ihre Wirkung vor allem aus dem alltäglichen irdischen Wahnsinn bezieht.
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Filmdaten

Originaltitel
THE X-FILES: I WANT TO BELIEVE
Produktionsland
USA/Kanada
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Crying Box Prod./Ten Thirteen Prod./Twentieth Century-Fox
Regie
Chris Carter
Buch
Frank Spotnitz · Chris Carter
Kamera
Bill Roe
Musik
Mark Snow
Schnitt
Richard A. Harris
Darsteller
David Duchovny (Fox Mulder) · Gillian Anderson (Dana Scully) · Amanda Peet (Dakota Whitney) · Billy Connolly (Father Joe) · Alvin "Xzibit" Joiner (Agent Mosley Drummy)
Länge
104 (DVD: 100 & 104) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Genre
Fantasy | Thriller
Externe Links
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Heimkino

Die Kinofassung (100 Min.) enthält keine bemerkenswerten Extras. Der Director's Cut (104 Min.) enthält u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Drehbuchautors. Die BD vereint beide DVD-Fassungen.

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 2.35:1, dts-HD5.1 engl., dts dt.)
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Diskussion
Eigentlich war es Agentin Dana Scully, die sich als rationales Element im „Geisterjäger“-Team Scully/Mulder eher skeptisch gegenüber den X-Akten verhielt. Sie, die Ärztin, die Wissenschaftlerin, arbeitet inzwischen in einem katholischen Krankenhaus. Die Zeit beim FBI hat sie ebenso hinter sich gelassen wie ihren Partner, Agent Fox Mulder. Er war der „Gläubige“, für den jenseits der Wissenschaft ein weit komplexeres Universum der Unvernunft existierte. „I want to believe“ steht auf seinem UFO-Plakat, das früher in seinem Büro und nun bei ihm zu Hause hängt. Frustriert und gebrandmarkt vom FBI, lebt Mulder nun ganz ohne seine früheren, leidenschaftlichen Recherchen nach dem Übersinnlichen. Dann aber ist es ausgerechnet Scully, die sich, nach einem kurzen „Besuch“ des FBI, um Mulders Wiedereinstieg ins Ermittler-Dasein kümmert. Es geschieht erstaunlich schnell, dass sie, die eigentlich gerade um das Leben eines von der Krankenhausleitung bereits aufgegebenen Kindes ringt, den Auftrag annimmt. „Es geht um das Leben eines jungen FBI-Agenten“, so das moralische Druckmittel. Auch Mulder lässt sich alsbald von Scully überzeugen, denn immerhin will auch die Bundespolizei ob seiner Vergangenheit am Rande der dienstrechtlichen Legalität nicht länger nachtragend sein. Es gilt, das mysteriöse Verschwinden junger Frauen zu klären. Selbst die „seriöse“ Dependance des FBI unter der Leitung von ASAC Dakota Whitney und Agent Drummy bedient sich bereits eines zweifelhaften Mediums: Der wegen des Missbrauchs von Ministranten „separierte“ Pater Crissman leidet unter bizarren Visionen, die auf die Spur der Täter sowie der Opfer führen könnten. Mulder soll die Ermittlungen mit seiner Erfahrung unterstützen. Man braucht, besonders als eingefleischter „Akte X“-Fan, einiges an Geduld, bis dieser Kinofilm zwischen all dem Vorgeplänkel, dem Beziehungswirrwarr zwischen Scully und Mulder sowie der grundsätzlichen Einführung in das seit mehreren Jahren von der Bildfläche verschwundene Fernsehserienformat an Fahrt gewinnt. Schon im Fernsehen waren gerade jene Fälle die eindrucksvolleren, die nicht von der episoden-übergreifenden Außerirdischen-Fabel, sondern vom irdischen Unerklärlichen motiviert wurden. Auch „Akte X: Jenseits der Wahrheit“, so der aufgeblasene deutsche Titel, handelt vom alltäglichen Wahnsinn. Der Thriller verbindet Reizthemen wie die Pädophilie von Priestern mit grotesken Auswüchsen der Wissenschaft. Als endlich klar wird, dass die Verschwundenen als „Ersatzteillager“ für einen Todkranken herhalten, der, wie einst Frankensteins Monster, von einem russischen Wissenschaftler peu à peu „erneuert“ wird, gewinnt er dann an unheimlicher Faszination. Doch bis dahin hat Regisseur, Co-Autor und Serienerfinder Chris Carter viel umständlichen Leerlauf produziert. Man merkt, dass dem Macher das Doppelfolgenformat von 90 Minuten deutlich mehr liegt als die jetzige Kinolänge: 30 Minuten weniger wären für eine effektivere Spannungskurve sicherlich nützlich gewesen. Die Wiederaufnahme nach sechs Jahren Pause ist in vieler Hinsicht vertrackt. Die Stimmung permanenter Anspannung, die sich einst schon mit dem Augenblick des kurzen „Akte X“-Erkennungsthemas von Mark Snow einstellte, entwickelt sich im Film nur mit Mühe – ein untrügliches Zeichen dafür, das sich das Franchise überlebt hat. Wer die Vorgeschichte der Serie aus neun Staffeln und 202 Folgen nicht kennt, dem bleibt Mulders chronisches Trauma aufgrund des Verschwindens seiner Schwester verborgen, dem erscheint die seltsame Liebes-/Arbeits-Beziehung zwischen Mulder und Scully rätselhaft, und auch die sentimentalen Cameos verpuffen. Vertan ist die Kinozeit trotzdem nicht, denn man erlebt zumindest einen veritablen Thriller mit einigen stimmungsvollen Schockmomenten und christlich-übersinnlichem Überbau, der auch schon in Klassikern wie „Der Exorzist“ (fd 18 987) und „Das Omen“ (fd 19 960) seine Wirkung nicht verfehlte. Für Fans der Serie ist das erneute Zusammenspiel des vor der letzten Fernsehstaffel getrennten Duos zudem eine schöne Reminiszenz an die „alten Tage“, die mit diesem Kinofilm aber wohl endgültig zu den Akten gelegt werden.
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