Der Pfad des Kriegers

Dokumentarfilm | Schweiz/Deutschland/Italien 2007 | 91 (gek. 52) Minuten

Regie: Andreas Pichler

Ein junger Mann aus dem Südtiroler Mittelstand geht nach seinem Theologiestudium 1982 nach Bolivien und wird Novize in einem Orden. Angesichts des sozialen Elends und des brutalen Militärs radikalisiert er sich zunehmend und schließt sich den Guerilleros an. Er beteiligt sich an einer Geiselnahme und wird 1990 bei der Befreiung mit zwei Gefährten und der Geisel erschossen. Der Regisseur rekonstruiert den Lebensweg seines Jugendfreundes und versucht, dessen Motivation auf die Spur zu kommen. Ein spannendes Dokument, das einfühlsam an der Zeitgeist der 1980er-Jahre erinnert. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DER PFAD DES KRIEGERS
Produktionsland
Schweiz/Deutschland/Italien
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Filmtank/Dschoint Ventschr/Miramonte/ZDF/arte/DRS/RAI Bozen
Regie
Andreas Pichler
Buch
Andreas Pichler
Kamera
Susanne Schüle
Musik
Paul Lemp
Schnitt
Marzia Mete · Andreas Zitzmann
Länge
91 (gek. 52) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Der Film beginnt mit Fernsehbildern aus Bolivien im Jahre 1990; in den Nachrichten wird das blutige Ende einer Geiselnahme gemeldet. Unter den getöteten Kidnappern des örtlichen Coca Cola-Managers befindet sich, so hört man den Sprecher, auch ein Deutsch-Italiener namens Miguel Nothdurfter. Wenig später sieht man in verwackelten Amateuraufnahmen einen kleinen Jungen, der auf einem Schlitten lachend in halsbrecherischem Tempo eine Piste hinunterjagt. Zwischen den beiden Sequenzen liegen gut 20 Jahre. Damals hieß Miguel noch Michael und nichts deutete in seiner beschaulichen Südtiroler Heimat darauf hin, dass er einmal als christlich motivierter Revolutionär in Südamerika einen frühen Tod finden sollte. In seinem Dokumentarfilm versucht Andreas Pichler, ein Schulfreund Michaels, zu ergründen, was in jenen 20 Jahren geschah. Er beginnt seine filmischen Recherchen in Bozen, lässt Michaels Mutter und dessen Bruder zu Wort kommen und aus dessen Briefen aus Südamerika vorlesen. Daraus ergibt sich der unauffällige Lebenslauf eines Jugendlichen zwischen Bergtouren und geselligen Abenden bei der christlichen Jungschar. Doch irgendwann reichte es Michael offenbar nicht mehr, seine Umgebung mit geistlichen Liedern zur Gitarre zu erfreuen. Mit 18 Jahren beschloss er, Missionar zu werden, und ging nach London, um Theologie zu studieren. Von dort zog es ihn, fasziniert von der Theologie der Befreiung, schon bald in der Überzeugung nach Bolivien, dass gelebtes Christentum den Entrechteten der Welt beizustehen hat. Nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Der Film folgt den Spuren von Michael, der sich bald Miguel nennt, in die Minen von Potosi und schließlich nach Bogota. In Gesprächen mit ehemaligen Gefährten und Zitaten aus Briefen an die Mutter, die immer wieder eingeschnitten werden, zeichnet sich eine zunehmende Radikalisierung in Michaels Denken ab, die ihn schließlich dazu bringt, sich dem bewaffneten Widerstand anzuschließen. In Interviews mit ehemaligen Kampfgefährten wird jedoch nicht nur der politische Aktivist, sondern auch der zunehmend unglückliche Mensch Miguel erkennbar, der bei allem Engagement ein Fremder unter Freunden blieb. Obwohl der Film von merklicher Sympathie für seinen Protagonisten geprägt ist, wird Michael/Miguel nicht zum Märtyrer stilisiert, da sich Andreas Pichler mit Wertungen zurückhält, sondern nur hie und da persönliche Erinnerungen an seinen Jugendfreund einfließen lässt. Stattdessen verwendet er einige Mühe darauf, dass Zeitkolorit der 1980er-Jahre in Europa nachzuzeichnen, als die politisch Engagierten nicht nur gegen Atomkraftwerke und die Nachrüstung protestierten, sondern auch großes Interesse für den lateinamerikanischen Kontinent zeigten. Zwischen Ponchos aus Umweltläden und dem Dreier-Album „Sandinista“, mit dem The Clash ihre Sympathie für die Revolution in Nicaragua bekundeten, wird hier eine Zeit lebendig, in der Michaels Werdegang gar nicht so exotisch war, wie es heute vielleicht erscheinen mag. Ein Element am Rande, das nach Bekunden des Regisseurs gleichwohl den Anstoß zu diesem Film gab, bleiben die Attentate islamischer Gotteskrieger, deren Taten ebenso aus ihrer Religion abgeleitet sind wie einst die des Theologiestudenten Michael Nothdurfter.
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