Das Festmahl im August

Komödie | Italien 2008 | 75 Minuten

Regie: Gianni di Gregorio

Ein arbeitsloser Römer sieht seine Lebensaufgabe darin, seine alte Mutter zu versorgen. Aufgrund diverser Verwicklungen findet er sich am "Ferragosto"-Feiertag in der Situation wieder, neben der Mutter noch drei andere Seniorinnen beherbergen, verpflegen und unterhalten zu müssen. Die gelassen-heitere Komödie um die Lebenswelt alter Menschen überzeugt durch Authentizität, die auch dem Spiel der vier Laiendarstellerinnen zu danken ist, denen der Regisseur und Hauptdarsteller viel Raum zur Entfaltung lässt. Der zärtliche Humor des Films entfaltet sich vor dem Hintergrund der Melancholie, die mit dem Einlassen auf Themen wie Alter, Einsamkeit und Gebrechen einhergeht. (Fortsetzung: "Gianni und die Frauen", 2011) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
PRANZO DI FERRAGOSTO
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Archimede
Regie
Gianni di Gregorio
Buch
Gianni di Gregorio
Kamera
Gian Enrico Bianchi
Musik
Ratchev & Carratello
Schnitt
Marco Spoletini
Darsteller
Gianni di Gregorio (Giovanni) · Valeria De Franciscis (Giovannis Mutter) · Marina Cacciotti (Luigis Mutter) · Maria Calì (Tante Maria) · Granzia Cesarini Sforza (Grazia)
Länge
75 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie
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Heimkino

Verleih DVD
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Diskussion
Der „Ferragosto“ – der 15. August, hierzulande Mariä Himmelfahrt – ist in Italien ein wichtiger kirchlicher, aber auch familiärer Feiertag. In den heißen Großstädten ist es, bis auf die Touristen, um diese Zeit weitgehend ruhig, weil diejenigen, die nicht schon im Sommerurlaub sind, den Ferragosto gerne für Ausflüge aufs Land nutzen. Gianni, der stoische Held dieses wunderbaren, unprätentiösen Films, bleibt allerdings im sonnig-trägen Rom zurück. Das hängt damit zusammen, dass er wohl schlicht zu wenig Mittel zum Verreisen hat, vor allem aber liegt es daran, dass er seine betagte Mutter nicht alleine lassen will. Denn für die anspruchsvolle Dame zu sorgen, ist so etwas wie die Lebensaufgabe des selbst auch schon um die 50-Jährigen, der keine andere Arbeit hat und mit seiner Mutter zusammen wohnt. Die Aussicht auf einen beschaulichen Feiertag, für den er sich in der Osteria um die Ecke auf Pump mit einem großzügigen Vorrat an Weißwein eindeckt, wird ihm allerdings vom Hausverwalter vergällt: Dieser bittet (oder vielmehr erpresst) Gianni, gegen den Erlass eines Teils seiner beträchtlichen Mietschulden eine weitere Seniorin bei sich aufzunehmen, da ihm seine eigene Mutter beim „Ferragosto“-Ausflug im Wege ist. Daraus werden dann gleich zwei Hausgäste, denn neben der Mutter lädt der Verwalter auch noch seine Tante bei Gianni ab. Als schließlich Giannis Hausarzt ebenfalls seine Mutter einquartiert, weil er eine Schicht im Krankenhaus übernehmen muss und die gebrechliche Frau nicht alleine lassen will, hat Gianni gleich ein ganzes Quartett alter Damen zu versorgen. Und die erweisen sich als durchaus eigenwillig und nicht ganz pflegeleicht. Das Konzept dieser kleinen Komödie hätte leicht nach hinten losgehen können, wenn die Regie auf wohlfeile Lacher auf Kosten des späten „Mamma“-Sohnes Gianni und der diversen Marotten der Seniorinnen gesetzt hätte. Unter der souveränen Hand des Regiedebütanten Gianni di Gregorio, der hier auch als Hauptdarsteller und Drehbuchautor fungiert, wird daraus jedoch ein bezauberndes, ebenso gemächliches wie gelassenes Eintauchen in die Lebenswelt von Figuren, die abseits aller Klischees mit ihren sympathischen wie nervigen Seiten höchst authentisch wirken – wohl deshalb, weil di Gregorio die Rollen mit Laiendarstellerinnen besetzt und ihnen in der Gestaltung viele Freiheiten gelassen hat. Vielleicht aber auch, weil sich die Geschichte aus autobiografischen Erfahrungen des gebürtigen Römers speist, der sich lange Jahre um seine verwitwete Mutter gekümmert hat. Der Humor ist nie laut, sondern zärtlich; er setzt nicht auf konstruiert wirkende Gags, sondern auf die genaue Beobachtung von Eigenarten und zwischenmenschlichen Reibungen und bringt das Heitere und Skurrile gerade vor dem Hintergrund der Melancholie zur Geltung, die mit dem ungeschönten Blick aufs Leben von Menschen am Ende ihres Lebensweges einhergeht, wo eben auch Einsamkeit, das Verhaftetsein in Erinnerungen und körperliche Gebrechen eine Rolle spielen. So sehr sich „Das Festmahl im August“ von „Gomorrha – Reise ins Land der Camorra“ (fd 38 892) auch unterscheidet, zu dem di Gregorio das Drehbuch schrieb, zeigt der Film doch einmal mehr dessen großes Talent, sich jenseits dramaturgischer Schemata unmittelbar, fast dokumentarisch in pointierten Szenen auf italienische Lebenswirklichkeiten einzulassen. Diese sind hier freilich trotz des hohen Alters der weiblichen Hauptfiguren wesentlich weniger morbide als in dem demythisierenden Mafia-Film. Nicht umsonst steht das „Festmahl“ schon im Titel, wird das Essen doch einmal mehr mit ausführlicher Sinnlichkeit als kulinarisches wie auch soziales Ereignis zelebriert – als pars pro toto für eine Lebensfreude, die kein Privileg der Jungen, Reichen und Schönen ist.
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