Drama | Brasilien/Italien 2008 | 108 Minuten

Regie: Marco Bechis

Eine Gruppe brasilianischer Indianer beschließt, ihr Reservat zu verlassen und wieder auf dem alten Stammesgebiet zu siedeln, das durch Rodung zum Brachland verkommen ist. Ein weißer Plantagenbesitzer macht ihnen das Leben schwer, zwingt die heterogene Gruppe aber zur Solidarität und ermöglicht zumindest einen moralischen Sieg. Ein bildgewaltiger, ethnologisch korrekter Spielfilm, der die Bedürfnisse der brasilianischen Ureinwohner ernst nimmt und über das Einzelbeispiel hinaus die Kluft zwischen Traditionen und aktuellen Bedürfnissen spiegelt. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BIRDWATCHERS - LA TERRA DEGLI UOMINI ROSSI | TERRA VERMELHA
Produktionsland
Brasilien/Italien
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Gullane/Classic
Regie
Marco Bechis
Buch
Marco Bechis · Luiz Bolognesi
Kamera
Hélcio Alemão Nagamine
Musik
Andrea Guerra
Schnitt
Jacopo Quadri
Darsteller
Abrisio da Silva Pedro (Osvaldo) · Ademilson Conzianza Verga (Ireneu) · Ambrósio Vilhalva (Nádio) · Alicélia Batista Cabreira (Lia) · Inéia Arce Goncalves (Neo)
Länge
108 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f (DVD CH: ab 0)
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Trigon (16:9, 2.35:1, DD5.1 port.)
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Diskussion
Eine kleine Gruppe brasilianischer Guarani-Kaiowá-Indianer beschließt, ihr armselige Reservat zu verlassen und wieder auf dem ehemaligen Stammesgebiet zu siedeln. Doch der einstige Urwald ist jetzt Brachland, das keine Nahrung und keinen Unterschlupf bietet, weil es in die Planungen des Plantagenbesitzers Moreira einbezogen ist, der Weidegründe für seine Rinder und Pflanzraum für (Soja-)Monokulturen braucht. Moreira hat zwar keine rechtliche Handhabe, um die Indianer zu vertreiben, setzt aber alles daran, ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Dazu gehört auch ein Pistoliero, der die Indianer durch seine bloße Anwesenheit einschüchtern soll. Doch der Auftragskiller scheitert, wird gedemütigt und vertrieben. Moreira hat die schlechteren Karten, auch wenn die Indianer untereinander nicht solidarisch agieren. Da der spärliche Urwald nicht mehr viel hergibt, ist man auf Geld und Lebensmittel angewiesen und muss sich auf die eine oder andere Art prostituieren. Viele arbeiten im Geschäft eines weißen Händlers, sehr zum Unwillen des Stammesführers Nadio, dessen eigener Sohn Ireneu dem Ruf des Geldes folgt, am Ende aber mit fast leeren Händen da steht. Den größten Teil seines Lohns teilt er nicht mit den anderen, sondern kauft sich sündhaft teure Turnschuhe, die ihm später zum Verhängnis werden. Sein Freund Osvaldo, der als Nachfolger des Schamanen auserkoren ist, versucht zwar, seine Pflichten zu erfüllen, erliegt jedoch den Reizen der Tochter des Plantagenbesitzers. Erst nach der Ermordung Nadios kommen die verunsicherten Indianer zur Besinnung und erringt einen zumindest moralischen Sieg. Marco Bechis’ streckenweise bildgewaltiger Spielfilm glorifiziert nicht die Tugenden des einfachen indianischen Lebens, sondern führt die Schwierigkeiten vor Augen, die „eine Rückkehr zur Natur“ – fernab einer romantischen Prägung – mit sich bringt, wenn diese nicht mehr vorhandenen ist. Es zeigt scheinbar unlösbare Abhängigkeiten auf, die alte Traditionen und (neue) Bedürfnisse aufeinander prallen lassen, deutet aber auch an, dass Hunger und Not Menschen korrumpieren können. Der Film beschreibt nicht nur ein zentrales Problem Brasiliens, sondern trifft mit seinem Thema fast alle Entwicklungsländer: die Kluft, die zwischen alten Traditionen und aktuellen Bedürfnissen klafft und die die Wunden durch die Kolonisation spiegelt, die vor Hunderten von Jahren geschlagen wurden. In Bechis’ Film ist die „Landnahme“ der Indianer im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul zwar ein Akt, der die historischen Ereignisse umkehrt, der aber letztlich nicht mehr bewirkt als ein wenig Aufsehen zu erregen. Das deutet die letzte Einstellung des Films an: Die Kamera schwelgt über einem üppigen Regenwald, dann fliegt der Hubschrauber weiter und zeigt endloses Brachland, eine Steppe, auf der nur noch ein, zwei Bäume stehen. Eine der eindrucksvollsten Szenen des Films unterstreicht die unvereinbaren Positionen der verfeindeten Parteien: Der Plantagenbesitzer Moreira greift eine Hand voll Erde auf, lässt sie durch die Finger rinnen und versucht, Nadio zu erklären, dass seine Familie schon seit drei Generationen dieses Land erfolgreich bearbeitet. Nadio schweigt, nimmt dann ebenfalls eine Hand voll Erde, und isst sie wortlos auf. Besser kann man die Verbundenheit mit dem Land – jenseits aller indianischen Castaneda-Herrlichkeit – kaum ausdrücken.
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