- | Kroatien/Deutschland/Bosnien-Herzegowina 2007 | 82 Minuten

Regie: Ognjen Svilicic

Während des Castings zu einem Spielfilm über die Jugoslawien-Kriege erfahren ein bosnischer Vater und sein Sohn den "Culture Clash" zwischen neuem Europa und "Balkan" als paternalistische Variation politischer Korrektheit. Mit detailgenauer Beobachtung, vorwiegend nonverbaler Kommunikation und ironischem Understatement wächst der Film zur universellen Vater-Sohn-Geschichte, die von einem bemerkenswerten Schauspieler-Duo getragen wird, das sich eindrucksvoll auf kleine Gesten versteht. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ARMIN
Produktionsland
Kroatien/Deutschland/Bosnien-Herzegowina
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Busse & Halberschmidt Prod./HRT/Maxima/Refresh
Regie
Ognjen Svilicic
Buch
Ognjen Svilicic
Kamera
Stanko Herceg · Vedran Samanovic
Musik
Michael Bauer
Schnitt
Vjeran Pavlinic
Darsteller
Armin Omerovic (Armin) · Emir Hadzihafizbegovic (Ibro) · Jens Münchow (Ulrich) · Marie Bäumer (Gudrun) · Barbara Prpic (Martina)
Länge
82 Minuten
Kinostart
28.10.2010
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
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Heimkino

Verleih DVD
absolut (16:9, 1.78:1, DD2.0 korat.)
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Diskussion
Manchmal kommt der „Culture Clash“ auf leisen Sohlen: Ibro und sein 13-jähriger Sohn Armin begeben sich aus ihrem bosnischen Heimatstädtchen auf die Reise ins wenige hundert Kilometer entfernte Zagreb. Dort lädt eine deutsche Filmproduktion zum Casting, es soll um Krieg gehen, um Einzelschicksale, um Traumata, den ganzen dramaturgischen Existenzialismus. Die beiden Bosnier erhoffen sich weniger Kunst als ein Zubrot, mit dem die Familie ein paar Monate über Wasser gehalten werden kann. Am Ende kommt kein Vertrag zustande, aber Ibro und Armin haben ihre Würde behalten. In seinem dritten Langspielfilm widmet sich der kroatische Drehbuchautor und Regisseur Ognjen Svilicic dem neuen Ost-West-Verhältnis. Da tanzen die Protagonisten aus dem kriegsversehrten Land an und werden nicht heimisch in der Hauptstadt eines Landes, mit dem sie vor noch wenigen Jahren einen Staatsverband bildeten. Die Welten, die zwischen den Ruinen Bosniens und dem Fünfsternehotel in Zagreb liegen, trennen auch Vater Ibro vom leicht paternalistischen Dauerlächeln des neuen Europas: Mit seiner tapsigen Kumpelhaftigkeit blitzt er zunächst bei der Assistentin des Filmteams, dann beim servilen Kellner und schließlich auch noch in der Hotelbar ab. Beim Casting hat Armin keine Chance, doch der deutsche Regisseur findet Gefallen am Schicksal von Vater und Sohn und will beide als Protagonisten eines Dokumentarfilms über den Krieg engagieren. Voyeurismus? Für Ibro und Armin schon; die beiden jedenfalls lehnen das Angebot des politisch korrekten Filmemachers ab – als sie nach Bosnien zurückkehren, haben sie zwar nichts verdient, aber den aufrechten Gang behalten. Svilicic erzählt in ruhigen Einstellungen und mit bemerkenswertem Understatement, in dessen trockener Ironie man ab und an einen Schuss herbe Melancholie spürt. Im Vordergrund stehen grantelnde Figuren, wie sie auch schon aus seinem zweiten Spielfilm „Sorry for Kung Fu“ (fd 37 667) bekannt sind: verhaltene Charaktere, die sich ihrem Gegenüber mit scheuem Zweifel stellen und ihre Zwischenmenschlichkeiten zögerlich entwickeln. Getragen wird von einem organisch arbeitenden Schauspielerduo, das sich auf kleine Gesten versteht, sowie einer Bildsprache, die sich auf nonverbale Kommunikation stützt, werden Details passgenau in die Dramaturgie einarbeitet, sodass sich nie der Blick aufs Ganze verliert. Am Ende bleibt ein politisch korrekter Filmemacher ohne Geschichte zurück, und Vater und Sohn sind nicht nur um eine gemeinsame Erfahrung reicher geworden, sondern sich wieder näher gekommen. Mit „Armin“ formuliert Svilicic punktgenau das Unwohlsein zwischen „Balkan“ und „Europa“, liefert aber zugleich eine universelle Vater-Sohn-Geschichte – ohne Pathos und mit viel Wärme auf den zweiten Blick.
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