Das Fischkind

Krimi | Argentinien/Spanien/Frankreich 2008 | 96 Minuten

Regie: Lucía Puenzo

Eine junge Argentinierin aus großbürgerlichem Haus verliebt sich in ein indigenes Dienstmädchen, das aus Paraguay stammt. Beide träumen davon, das Land zu verlassen und zum Großvater der Angestellten zu ziehen. Doch als diese vom Hausherrn sexuell belästigt wird, nehmen die Ereignisse eine tödliche Wendung. Atmosphärisch düsterer Krimi im Stil eines Claude-Chabrol-Thrillers, reizvoll versetzt mit den Elementen eines magischen Realismus, der den dunklen Geheimnissen und verdrängten Leidenschaften des korrupten Großbürgertums nachspürt. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
EL NIÑO PEZ
Produktionsland
Argentinien/Spanien/Frankreich
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Historias Cinematograficas Cinemania/MK2/Wanda Vision
Regie
Lucía Puenzo
Buch
Lucía Puenzo
Kamera
Rolo Pulpeiro
Musik
Andrés Goldstein · Daniel Tarrab · Laura Zisman
Schnitt
Hugo Primero
Darsteller
Inés Efron (Lala) · Mariela Vitale (Ailín, das Dienstmädchen) · Carlos Bardem (Pulido) · Arnaldo André (Socrates) · Sandra Guida (Felicitas)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Krimi
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Salzgeber (16:9, 1.85:1, DD2.0 span.)
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Diskussion
Eine junge Frau wird von ihrem Hund geweckt. Sie schaut verstört auf ein leeres Glas an ihrem Bett und steht schnell auf. Dann schlägt sie die schwere Tür in der efeubewachsenen Hausmauer hinter sich zu und macht sich auf den Weg Richtung Grenze, nach Paraguay. Sie will weg, weit weg. Immer wieder werden die kurzen Szenen von surreal anmutenden Unterwasserszenen unterbrochen; am Ende sieht man die Silhouette eines seltsamen Wesens, eines Menschleins mit Flossen. Zur gleichen Zeit spült das indigene Dienstmädchen mit bedrücktem Gesicht das Glas. Dann führt sie einen Polizisten nach oben. Dort liegt der Hausbesitzer; tot, zusammengebrochen über seinem Schreibtisch. Von Anfang an liegt ein Hauch von Verhängnis in der Luft; schnelle Rückblenden schaffen eine verwirrende Spannung. Doch „Das Fischkind“ ist in erster Linie die Geschichte einer großen Leidenschaft: Es geht um die Liebe von Lala, einer Tochter aus großbürgerlich-liberalem Haus, zu einem Dienstmädchen, das illegal aus Paraguay nach Argentinien eingewandert ist und seiner indigenen Herkunft wegen nur „die Guayi“ genannt wird. Lala und die Guayi träumen davon, fortzugehen, nach Paraguay, zu dem großen blauen See und dem kleinen Haus von Guayis Großvater. Doch dann will Lalas Vater mehr von dem Dienstmädchen; jemand schüttet ihm eine Überdosis Schlafmittel in seine Milch. Guayi wird verdächtigt und muss ins Gefängnis. Die 34-jährige Lucía Puenzo ist die Tochter des bekannten argentinischen Regisseurs und Produzenten Luis Puenzo, der 1985 mit „Die offizielle Geschichte“ (fd 25 892) den ersten argentinischen Film über die Zwangsadoptionen während der Militärdiktatur drehte. Er hat auch beide Filme seiner Tochter produziert: „Das Fischkind“ und zuvor „XXY“ (fd 38 775), ein brillant inszeniertes und psychologisch komplexes Adoleszenz-Drama über ein hermaphroditisches Mädchen auf der Suche nach sexueller Identität. Puenzos zweiter Film arbeitet mit derselben Schauspielerin, Inés Efron, deren schmales, fast sprödes Gesicht mit seinen ausdrucksstarken, großen Augen sich ins Gedächtnis brennt. Interessant ist der Unterschied zwischen der Romanvorlage, die von der Regisseurin selbst stammt, und der Erzählung im Film: Im Buch werden die Ereignisse chronologisch von Serafin, Lalas großem schwarzen Hund, erzählt. Im Film wird diese märchenhafte Tier-Perspektive aufgegeben, aber auch die lineare Erzählstruktur aufgebrochen. Das Buch ist humorvoll, skurril und überschäumend, der Film eher düster, fast ein „cine noir“-Krimi über die argentinische Oberschicht im Stil von Claude Chabrol. So ist Lalas Vater, der im Roman als Künstler erscheint, im Film ein wohlhabender, korrupter Richter. Sein Haus steckt voller Geheimnisse; hinter der Fassade großbürgerlicher Wohlanständigkeit verbirgt sich Dunkles, seltsame Spiele voller Sex, Macht und Verrat. Lucía Puenzo zeichnet eindrucksvoll das dunkle Porträt eines Milieus, dessen Gegenwart von Schweigen und Verdrängen bestimmt wird, vom hastigen Kampf um Pfründe und die Quellen neuen Reichtums. Aber sie zeigt auch den Kampf einer jungen Frau, die ebenso zäh wie mutig um eine bessere Zukunft kämpft.
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