- | Deutschland 2009 | 90 Minuten

Regie: Susanne Müller (als SMAC)

Bereits zur Bundestagswahl 2005 setzte "Die PARTEI" des Satiremagazins "Titanic", die gegründet wurde, um die DDR als autonome Sonderbewirtschaftungszone wiederauferstehen zu lassen, mit Getöse ihren Anspruch auf einen populistischen Schmierenwahlkampf um. Eine Legislaturperiode später tritt sie 2009 erneut zum Wahlkampf an. Satirischer Mummenschanz als Pseudo-Dokumentation, die durchaus auf Tuchfühlung mit der Wirklichkeit ist. Einige amüsante Beispiele für dreisten Populismus und politische Schmutzkampagnen, allerdings auch manche komödiantische Aussetzer verbinden sich zu einem hintergründigen Unsinn, der deutscher Mediendemokratie den Spiegel vorhält. - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
SMAC Film
Regie
Susanne Müller (als SMAC) · Andreas Coerper (als SMAC)
Buch
Andreas Coerper
Kamera
Andreas Coerper
Musik
Achim Treu
Schnitt
Tim Boehme
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Diskussion
Im Kino gönnt sich der Wahlkampf keine Sommerpause. Zwei Parteien wetteifern um die Gunst des Publikums, wobei die eine mit dem Unikum Horst Schlämmer identisch ist und sich die andere mit der Bezeichnung Die PARTEI der Tautologie verschreibt. Im Grunde stehen damit auch zwei gegensätzliche Politikstrategien zur Wahl: Hier schillerndes Charisma, dort das graue Funktionärswesen einer Partei, die ihre Wahlkampfhärte immerhin schon bewiesen hat. Zur letzten Bundestagswahl trat die PARTEI des Satiremagazins „Titanic“ mit dem Versprechen an, im Falle ihres Wahlsiegs die innerdeutsche Mauer wieder aufzubauen, und setzte ihren Anspruch, einen populistischen Schmierenwahlkampf zu führen, mit einigem Getöse um. Medien und Publikum nahmen es damals dankbar zur Kenntnis. Eine Legislaturperiode später stellt sich allerdings die Frage: Was steht Neues im Programm, und will man den satirischen Mummenschanz wirklich auf der großen Leinwand sehen? Die von einem gewissen Smac inszenierte Pseudo-Dokumentation beginnt verheißungsvoll: Im Jahr 2013 fährt der PARTEI-Vorsitzende Martin Sonneborn in einer schweren Limousine durchs Regierungsviertel und sinniert über seinen offenbar überwältigenden Erfolg. Genaues erfährt man nicht, aber die Leutseligkeit, mit der sich Sonneborn als Hausherr des Berliner Reichstags aufspielt, hat etwas Gerhard-Schröderhaftes. Nach diesem Prolog richtet sich der Blick zurück auf die Geschichte der PARTEI: Hervorgegangen aus einem an der ehemaligen Zonengrenze operierenden Schlägertrupp, gründet sich die PARTEI, um die DDR als autonome Sonderbewirtschaftungszone wiederauferstehen zu lassen und die Bundesrepublik Deutschland im Schatten der Mauer zu alter Größe zu führen. Die „Titanic“-Mannschaft marschiert betont seriös durch die Institutionen, kleidet sich durchweg in Hinterbänkler-Grau und parodiert bei ihren Auftritten mal Honeckers Politbüro, mal das Neonazi-Biedermeier, in erster Linie aber das deutsche Parteiensystem als solches. Die Rahmenhandlung folgt dabei den Regeln des seriösen Fernsehjournalismus, während sich die rekonstruierte PARTEI-Geschichte im geruhsamen Guerilla-Stil präsentiert. Sehr hübsch ist etwa ein Besuch im Bundestag, bei dem die dreiköpfige PARTEI-Führung schon einmal ihre mutmaßlich neuen Arbeitsräume inspiziert und probeweise im Büro eines FDP-Abgeordneten Maß nimmt. „Borat“ (fd 37 863) machen die „Titanic“-Leute damit zwar keine Konkurrenz, aber wie sich zeigt, können auch Ostdeutsche recht giftig werden, wenn man ihnen den Antifaschistischen Schutzwall auf einer Länge von drei Metern vor die Nase stellt. Aus gutem Grund bleibt der innerdeutsche Ost-West-Konflikt das Generalthema der PARTEI. Eine ältere Meinungsumfrage zum Solidaritätszuschlag, durchgeführt in einer schäbigen nordrhein-westfälischen Innenstadt, dürfte wohl auch heute ähnliche Ergebnisse bringen. Natürlich wollen die Passanten nicht die Mauer wiederhaben, dafür aber ihr Geld zurück, und dass notleidende westdeutsche Kommunen Kredite aufnehmen müssen, um ihren Solidaritätsbeitrag zu leisten, verdeutlicht, dass die Satire durchaus auf Tuchfühlung mit der Wirklichkeit ist. Nach dem ähnlich gelagerten Dokumentarfilm „Heimatkunde“ (fd 38 916) bieten Smac/Sonneborn in „Die PARTEI“ einige amüsante Beispiele für dreisten Populismus und politische Schmutzkampagnen, allerdings auch einige komödiantische Aussetzer wie die lahme außenpolitische Mission, bei der Sonneborn Kontakte mit einer georgischen Splitterpartei knüpft und sich freut, endlich einmal für voll genommen zu werden. Insgesamt muss man ihn jedoch dazu beglückwünschen, dass er bei dem ganzen Unsinn, den er verzapft, nicht einmal das Gesicht verzieht, und der deutschen Mediendemokratie ein ums andere Mal den Spiegel vorhält.
Kommentar verfassen

Kommentieren