Liebesfilm | USA/Kanada 2009 | 109 Minuten

Regie: Brandon Camp

Tragisch eingefärbte Romanze um einen Coach und Buchautor, der anderen predigt, wie sie mit Verlusterfahrungen fertig werden, während er sich selbst nach dem Tod seiner Frau ins emotionale Schneckenhaus zurückgezogen hat - bis er einer seltsamen jungen Frau begegnet. Ungewöhnlich ausführlich behandelt der Film die inneren Verletzungen seiner Figuren und verquickt das romantische Genremuster einer Suche nach dem Leben und der Liebe mit einer Beschäftigung mit dem Tod, die sentimental-pathetische Ausrutscher abfedert und berührt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LOVE HAPPENS
Produktionsland
USA/Kanada
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Focus Features/Relativity Media/Stuber Prod./Camp-Thompson Pic.
Regie
Brandon Camp
Buch
Brandon Camp · Mike Thompson
Kamera
Eric Edwards
Musik
Christopher Young
Schnitt
Dana E. Glauberman
Darsteller
Aaron Eckhart (Burke) · Jennifer Aniston (Eloise) · Dan Fogler (Lane) · John Carroll Lynch (Walter) · Martin Sheen (Burkes Schwiegervater)
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Liebesfilm
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Heimkino

Verleih DVD
Universum
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Diskussion
Strahlend gibt Burke Ryan ein „A-Okay!“ von sich und formt Daumen und Zeigefinger zu einem kleinen optimistischen Kreis. Burke ist auf den Bühnen amerikanischer Tagungshotels der charismatische Verkäufer einer Bewältigungsstrategie, für die man ansonsten den Therapeuten aufsucht. Es geht um den Umgang mit dem Tod eines geliebten Angehörigen, um das Weiterleben nach einem tragischen Unglück. Vor jedem Auftritt muss sich Burke dafür erstmal den Optimismus und das Lächeln aufs eigene Gesicht peitschen. Der Mann, der auf dem Podest die Menschen mitreißt, ihnen mit seinem Selbsthilfe-Buch „A-Okay!“, seinen Seminaren und Exkursionen einen Ausweg aus der Trauer aufzeigen möchte, ist innerlich schon lange gestorben. Denn er hat den Tod seiner Frau und seine vermeintliche Schuld daran nie verarbeitet. Bis ihm auf einem Hotelflur in Seattle eine Frau begegnet, die undefinierbare Fremdwörter wie „quidnunc“ hinter die geschmackvollen Gemälde kritzelt, in der Lobby das Blumengesteck arrangiert und ihm mit ihrer Taubstummheit einen wortwörtlichen Korb gibt. Doch die Floristin Eloise kann sprechen und zuhören, nur hilft ihr das zunächst auch nicht weiter angesichts Burkes verhärteter Einsamkeit, in die er sich verzweifelt, aber irgendwie auch bequem eingenistet hat. Wenn Dir das Leben Zitronen gibt, kannst Du entweder das Gesicht verziehen oder Limonade machen: So beginnt Brandon Camps Film wie auch das erste Buchkapitel seiner Hauptfigur. Ähnlich wie Regisseur Camp eher auf Drama denn auf Komik setzt, besteht allerdings Burkes Limonaden-Zusatz nicht aus Zucker, sondern aus Wodka. Dabei spielt „Love Happens“ durchaus mit den Ingredienzien einer romantischen Komödie: Jennifer Aniston und Aaron Eckhart sind die attraktiven Darsteller einer von humorvollen Sidekicks flankierten Pärchen-Konstellation, die sich mit ihrer Verschrobenheit ausreichend selbst sabotiert. Kurz: Diese im Entstehen begriffene Liebe erwärmt das Romantik suchende Zuschauerherz nach einem recht simplen Grundschema. Was allerdings irritiert, ist der ungewöhnlich tiefgründige Unterton einer Geschichte, die nicht vom Gewinn, sondern vom Verlust einer geliebten Person erzählt. Es ist ein psychischer Abgrund, an dem dieser Beziehungsanfang zu knabbern hat und über den andere Vertreter des Genres, wenn sie ihn denn überhaupt aufreißen, wie etwa beim Witwer in „Schlaflos in Seattle“ (fd 30395), gerne leichtfüßig hinweg tänzeln. Camp hätte Burkes tief vergrabenes Trauma in seinem Filmdebüt lediglich als Kulisse nutzen können, vor der sich das übliche Dating-Desaster abspielt. Dass er das nicht getan hat, rettet „Love Happens“ zwar nicht vor einigen Sentimentalitäten und den gegen Ende immer pathetischer werdenden Ausrutschern, federt diese aber ab. Fast scheint es, als hätte das Drehbuch den Versuch unternommen, ein Gegengewicht zu den Komödien eines Judd Apatow zu kreieren. Dieser hatte in den letzten Jahren das „RomCom“-Genre ummodelliert, indem er in seinen Filmen um schmuddelige Nerds, sexy Frauen und jede Menge peinliche Fettnäpfchen den Klamauk-Faktor in die Höhe getrieben hat. In „Love Happens“ wird auf die entgegengesetzte Karte gesetzt: Auf perfekt durchgestylte Karrieremenschen in ebenso beschaffenen Hotelzimmern und Bars, die nicht an äußeren, sondern an inneren Ansprüchen zu zerbrechen drohen. Erstaunlich unprätentiös gelingt es Aaron Eckhart, den oberflächlichen Glanz seiner Figur als allzu dünn aufgetragenen Lack über seelischen Untiefen sichtbar zu machen – was implizit den gesamten Film widerspiegelt. Die Liebe ereignet sich hier nicht in einer romantischen Komödie, sondern in einer tragischen Romanze. Eine Mauer aus Trauerarbeit und Loslassen, dringlicher Aktion statt destruktiver Reflexion schiebt sich zwischen Burke und Eloise in einem metaphorisch farbenfrohen Setting, das geradezu nach (Er-)Leben schreit. Auch wenn sich die Inszenierung bis zum wohlgefälligen Ende nicht vom Kitsch Hollywoodesker Erzähl-Traditionen lösen kann: Diese Suche nach dem Leben in der Beschäftigung mit dem Tod, das mühsame Greifen nach einem selbst vergewissernden „A-Okay!“ berührt dennoch.
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