Federicos Kirschen - Cenizas del cielo

- | Spanien 2008 | 86 Minuten

Regie: José Antonio Quirós

Ein spanischer Bauer in einem landschaftlich schönen Tal in Asturien kämpft gegen ein nahe gelegenes Kraftwerk, das die Luft verpestet. Damit stößt er in seinem Heimatdorf, das wirtschaftlich von der Industrieanlage abhängig ist, nicht nur auf Gegenliebe. Mit einem dynamischen Schauspielerensemble überzeugender "Heimatfilm" um erwachendes ökologisches Bewusstsein. Auch wenn es ihm an einer gewissen Bissigkeit mangelt, unterhält der Film als das Porträt einer sich wandelnden Region. (O.m.d.U.) - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
CENIZAS DEL CIELO
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Bausan Film/El Nacedón Films
Regie
José Antonio Quirós
Buch
Dionisio Pérez · José Antonio Quirós · Ignacio del Moral
Kamera
Álvaro Gutiérrez
Musik
Ramón Prada
Schnitt
Fernando Pardo
Darsteller
Celso Bugallo (Federico) · Gary Piquer (Pol Ferguson) · Clara Segura (Cristina) · Beatriz Rico (Tati) · Fran Sariego (Mario)
Länge
86 Minuten
Kinostart
06.05.2010
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
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Diskussion
Dunkle Wolken ziehen auf, Regen kündigt sich an, saurer Regen. Ein älterer, bäuerlich gekleideter Mann deckt mit einer eigenartigen Vorrichtung aus Planen und Holzstangen schnell einen Kirschbaum ab. Die grüne Wiese mit dem Baum bildet einen beeindruckenden Kontrast zu dem großen, grauen Kohlekraftwerk im Hintergrund, das auch schon bessere Tage gesehen hat. Seit mehr als 30 Jahren kämpft Federico mit List und Humor gegen das Kraftwerk, gegen den sauren Regen und den Klimawandel im allgemeinen. Asturien, im Norden Spaniens gelegen, ist eigentlich für seine Naturschönheiten bekannt: hohe schroffe Berge, grüne Wälder und Wiesen, eine felsige Atlantikküste. Aber Asturien ist auch das Land der Minen und des Bergbaus. So wird auch das Leben im idyllischen „Valle de Negrón“ vom Kohlekraftwerk geprägt, das die Luft verpestet, aber Energie und Arbeitsplätze schafft. Allerdings hat das ökologische Bewusstsein inzwischen selbst in Astruien Einkehr gehalten; im Fernsehen wird viel über den Klimaschutz und die Verringerung des CO2-Ausstoßes geredet und über die Konferenz von Kyoto, die Abhilfe schaffen soll. Federico sieht sich durch die Medienberichte in seinem Kampf bestätigt und benennt ein neugeborenes Kälbchen nach der japanischen Stadt. Als ein schottischer Reiseschriftsteller, Pol Ferguson, nach einer Autopanne mit seinem Wohnmobil in dem Dorf hängen bleibt, freundet er sich mit dem schrulligen Alten an. Bald sieht sich der Mann, der für einen Reiseführer auf der Suche nach den Naturschönheiten der Region ist, mit der gebrochenen Dorfidylle und einem eigenartigen Mikrokosmos konfrontiert. Denn nicht alle unterstützen Federicos ökologischen Kampf; für viele ist es ein sinnloser Kreuzzug gegen den Fortschritt. Federicos Neffe Mario arbeitet beispielsweise im Kraftwerk und betreibt gemeinsam mit seiner Frau die Dorfkneipe. Doch dem Paar bleiben Kinder verwehrt. Ob das am Kohlekraftwerk liegt? Eine allein stehende Bauersfrau beginnt heimlich ein Verhältnis mit Ferguson, weil niemand etwa merken soll. Mit liebevollem Sarkasmus zeigt der Film den Strukturwandel der Region. Ein ehemaliger Bergmann ist besessen vom Golfspiel, die Bäuerin versucht, ihre Kühe zu verkaufen, für ihre Tochter ist das Internet längst die eigentliche soziale Realität. Und was passiert, wenn der Strom plötzlich abgeschaltet wird? Auch damit müssen sich die Dorfbewohner auseinander setzten. „Cenizas del cielo“, so der spanische Originaltitel des Films, heißt „Asche vom Himmel“, aber das erschien dem deutschen Verleiher wohl zu düster. Regisseur José Antonio Quirós stammt selbst aus Asturien. Sein Spielfilmdebüt war ein großen Erfolg: „Pidele cuentas al Rey“ („Fordere Rechenschaft vom König“) erzählte ebenfalls vom Strukturwandel der einstigen Bergbauregion, in der unterschiedliche Formen skurrilen Ungehorsams zu Hause sind. Federico, der zornige Einzelkämpfer, knüpft mit seinem Widerstand an alte Traditionen an, wenn er mit einer Krawatte in den Farben der Republik die Audienz des spanischen Thronfolgers besucht, um der königlichen Familie die verseuchten Früchte des „Valle de Negrón“ zu überreichen. Oder wenn er sich in schwindelnder Höhe an den Kühlturm des Kraftwerks ankettet. Der Film zeigt aber auch die neue Protestgeneration, die ihren Widerstand über das Internet organisiert. Bei möglichen Lösungsansätzen bleibt der Film angenehm zurückhaltend. Wenn am Ende das ganze Tal zum Naturpark erklärt wird, ist das für Federico ein Pyrrhussieg: wird er doch beim Einsammeln von Brennholz von der Parkpolizei verhaftet. Bislang hatte Ökologie keinen hohen Stellenwert im spanischen Film; „Federicos Kirschen“ betritt hier interessantes Neuland. Auch in den skurrilsten Situationen bewahrt der Film Respekt gegenüber seinen Protagonisten. An machen Stellen wünscht man sich allerdings weniger Verbindlichkeit und mehr Schärfe, ein Eindruck, der durch die äußerst simple Filmmusik noch unterstrichen wird. Trotzdem überzeugt das dynamische Ensemble der Schauspieler. So wird „Federicos Kirschen“ zu einer Art europäischem Heimatfilm, zur Geschichte eines modernen Don Quijote.
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