Die zehn Gebote - Mose und das Geheimnis der steinernen Tafeln

Animation | USA 2009 | 85 Minuten

Regie: Bill Boyce

Eine computeranimierte Adaption der biblischen Moses-Geschichte vom ägyptischen Exil bis kurz vor Einzug ins Gelobte Land. Der durch pointierte Knappheit auffallende Trickfilm ist um literarische Treue bemüht, vernachlässigt aber zentrale inhaltliche Aspekte. Die in die Jahre gekommene, an ältere Computerspiele erinnernde Animation sowie zahllose bildästhetische Anleihen beim Fantasy- und Science-Fiction-Genre unterstreichen den "naiven", unreflektierten Charakter der Anverwandlung, die keine Sensibilität für die theologischen Dimensionen des Stoffs hat. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
THE TEN COMMANDMENTS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Promenade Pic./Ten Chimneys Ent.
Regie
Bill Boyce · John Stronach
Buch
Ed Naha
Musik
Reg Powell
Länge
85 Minuten
Kinostart
25.02.2010
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Animation | Bibelfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Der Titel deutet die Nähe zu Cecil B. DeMilles monumentaler Exodus-Paraphrase „Die Zehn Gebote“ (fd 6690) an, auch wenn die Leinwand jetzt nicht mehr in Technicolor, sondern in synthetischen CGI-Tönen leuchtet und die neuerliche Adaption der biblischen Moses-Geschichte zwei Stunden weniger braucht, um vom ägyptischen Exil bis an den Rand des Gelobten Landes zu gelangen. Statt epischer Breite dominiert in dem dreidimensionalen Animationsfilm pointierte Knappheit, zumal sich die Produktion um bemerkenswerte literarische Treue bemüht: Die zehn Plagen, die über Ägypten hereinbrechen, werden Katastrophe für Katastrophe ausgemalt, beim Zug durch den Sinai folgen auf Wasser und Manna tatsächlich auch noch die Wachteln, und selbst Stiftshütte und Bundeslade sind dem Film einige illustrative Bilder wert. Nur die zeitliche Dimension des Geschehens schnurrt auf pittoreske Andeutungen zusammen: die 40 Jahre, die das abtrünnige Bundesvolk nach dem Tanz ums Goldene Kalb durch die Wüste irrte, werden am Ende nur durch einige graue Haare angedeutet. Wer nach dem Film zur Bibel greift, um sich der Originalgeschichte im Buch Exodus zu versichern, wird schnell die Differenzen erkennen, die sich zwischen dem aus vielen Überarbeitungen in Jahrhunderten gewachsenen Text und einer filmischen Dramatisierung à la Hollywood auftun, insbesondere in der Tradition von DeMille, bei dem Mose zum Bruder des künftigen Pharaos Ramses avanciert. Was dort im Ringen um die väterliche Gunst angelegt war, kehrt nun als vergiftete Eifersucht zweier Rivalen wieder, die sich zum Macht- und Gotteskampf mausert. Der „Vermittlungsversuch“, den etwa „Der Prinz von Ägypten“ (fd 33 444) unternahm, in dem sich Mose und Ramses in Freundschaft zugeneigt sind und in dem das Band selbst nach der Vernichtung des ägyptischen Heeres am Schilfmeer nicht ganz aufgekündigt wird, ist einer bis in die Physiognomie eingeschriebenen Feindschaft gewichen, die das Trennende forciert und auf simplifizierende Gegensätze setzt. Das gilt insbesondere für die lausige Animation, die weit hinter dem „State of the Art“ zurückbleibt. Optisch erinnert der Film an Videospiele der ersten Generation, in denen die Bewegungen der Figuren noch ähnlich unbeholfen wirkten und es kaum eine Interaktion mit der Umwelt gab. Ein solcher Erzählstil ist primär eine Folge des Budgets, denn die gigantischen Rechnerleistungen, mit denen ein täuschend „echter“ CGI-Look von Haaren oder Wasseroberflächen erzeugt wird, schlagen finanziell erheblich zu Buche. Doch die gar nicht so uninteressante Playmobil-Ästhetik, die den literarisch-theologischen Charakter des Stoffs betont und damit einer Verwechslung mit der Historie vorbauen könnte, erzwingt keineswegs das konfrontative Figurendesign, das die Ägypter feist oder das murrende Volk der Israeliten verschlagen erscheinen lässt, wenn es sich auf der Flucht an die Fleischtöpfe am Nil zurücksehnt. Wie wenig in eine eigenständige Ästhetik investiert wurde, offenbaren am deutlichsten die visuellen Anleihen, die von „Shrek“ (fd 34 929) bis „Das fünfte Element“ (fd 32 718) ungeniert das Bilderreservoir von Fantasy und Science Fiction plündern, ohne sich über die damit verbundenen Implikationen Rechenschaft zu geben. Der dezidiert fiktionale Charakter dieser Genres überträgt sich durch Bildästhetik und Erzähldramaturgie ungebrochen aufs biblische Sujet, dessen religiös-theologische Eigenheit gänzlich unreflektiert bleibt. Da war man in den 1950er-Jahren schon weiter: DeMille selbst trat im Vorspann seines Films vors Publikum, um auf dessen spezifischen Charakter einzustimmen. Inzwischen scheint Naivität im Umgang mit Religion(en) wieder im Kommen zu sein. „Die Zehn Gebote“ bilden lediglich den Auftakt einer Serie von „Epic Stories from the Bible“, denen als nächstes „Noahs Arche: Der neue Anfang“ folgen soll und die von einer Flut ähnlich eindimensionaler Begleitmaterialien sekundiert werden, hinter denen unschwer fromme Kreise auszumachen sind. Dagegen ist wenig zu sagen; umso deutlicher aber muss auf den damit verbundenen Verlust an Differenzierungen hingewiesen werden; von den für die Exodus-Geschichte nicht unwichtigen Ideen wie jener, dass Gott selbst die Ursache für die Hartherzigkeit des Pharaos ist, bis hin zum Bundesschluss am Sinai hätte eine weniger am Handlungsstrang orientierte „Adaption“ entscheidende Dimensionen nachzutragen.
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